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Soli-Streit auf dem Weg ans Bundesverfassungsgericht nach Karlsruhe

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Von: Thomas Schmidtutz

Der Fiskus kassiert bei Millionen Steuerzahler den Soli - obwohl seine Daseinsberechtigung Ende 2019 eigentlich entfallen ist. Jetzt will der Steuerzahlerbund dem Spuk ein Ende machen.

München – Der Streit um die Zukunft des Solidaritätszuschlags landet am Ende wohl vor dem Bundesverfassungsgericht
in Karlsruhe. Darauf deutet der Verlauf der Verhandlung vor dem Bundesfinanzhof (BFH) am Dienstagmorgen in München hin (Az. IX R15/20).

Zwar ließ der IX. Senat des obersten deutschen Finanzgerichts keine Tendenz erkennen. Allerdings war die Verhandlung mit kaum einer Stunde unerwartet kurz. Zudem hatte der fünfköpfige Senat zur Überraschung von Beobachtern und des Klägervertreters Prof. Roman Seer keine einzige Frage an die Parteien. „Ich hätte mir schon eine Diskussion gewünscht“, sagte Seer am Dienstag gegenüber Merkur.de an die Adresse der Beklagten.

Soli: Ehepaar hält bestehende Regelung für verfassungswidrig

Auslöser des Verfahrens ist die Klage eines Ehepaars gegen den Soli. Die Eheleute waren vor drei Jahren mit Unterstützung des Steuerzahlerbunds vor Gericht gezogen, weil nach ihrer Auffassung der ursprüngliche Zweck – die Finanzierung der deutschen Einheit – mit dem Ende des Solidarpakts II entfallen sei. Zudem sehen die Eheleute in der aktuellen Regelung einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz, weil seit der Gesetzesänderung zum 1. Januar 2020 nur noch wenige Steuerpflichtige die Abgabe zahlen müssen.

Aktuell kassiert der Fiskus den Soli laut Seer noch bei rund 2,5 Millionen Steuerpflichtigen. Neben Angestellten mit Top-Einkommen zahlen vor allem Selbstständige die Abgabe. Dem Charakter nach sei die Solidaritätsabgabe damit eine „Reichensteuer“, erklärte der Leiter des Instituts für Steuerrecht und Steuervollzug an der Ruhr-Uni Bochum in seinem Plädoyer. Nach Schätzungen spült der Soli dem Bund rund elf Milliarden Euro in die Kassen.

Das Verfahren hatte zuletzt auch deshalb für Aufmerksamkeit gesorgt, weil sich das Bundesfinanzministerium auf Anweisung von Finanzminister Christian Lindner (FDP) vergangene Woche kurzfristig aus dem Verfahren zurückgezogen hat – offenbar ohne Rücksprache mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Dabei hatte Scholz die umstrittene Regelung erst auf den Weg gebracht. Beobachter werten Lindners Entscheidung als

Unter Juristen ist der Soli hochumstritten. So hatte etwa der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, mit Blick auf die jüngste Regelung erklärt, der Gesetzgeber sei „offensichtlich nicht willens, den in meinen Augen eindeutigen Verfassungsverstoß zu vermeiden“. Damit laufe der Bund Gefahr, „erhebliche Steuerrückzahlungen leisten zu müssen, ganz ähnlich wie er es bereits bei der für verfassungswidrig erklärten Kernbrennstoffsteuer tun musste“, warnte Papier.

Das Urteil soll laut Senatspräsident Hans-Josef Thesling am 30. Januar verkündet werden.

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