Bundesrechnungshof greift Ampel an: „Sie verschleiert die Lage“
Die Ampel will für das kommende Jahr Milliardenschulden aufnehmen – und trotzdem die Schuldenbremse einhalten. Rechnungshof-Präsident Kay Scheller wirft der Regierung dabei Intransparenz vor.
Berlin – Die Ampelregierung plant angesichts der Energiekrise für das kommende Jahr Rekordinvestitionen und Rekordentlastungen. Laut Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) soll aber gleichzeitig die Schuldenbremse eingehalten werden. Dem widerspricht nun der Bundesrechnungshof vehement.
Bundesrechnungshof wirft Ampel Intransparenz vor
Die Rechnungsprüfer werfen der Bundesregierung eine Verschleierung der wahren Haushaltslage des Bundes vor. „Viele Nebenhaushalte und eine immer kreativere Buchführung sorgen für Intransparenz“, sagte Rechnungshof-Präsident Kay Scheller dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Anders als von Finanzminister Lindner behauptet, werde im kommenden Jahr doch gegen die Schuldenbremse verstoßen.
Nach Berechnungen des Rechnungshofs sei die für 2023 geplante Schuldenaufnahme mit fast 107 Milliarden Euro mehr als doppelt so hoch wie die offiziell ausgewiesene Neuverschuldung von knapp 46 Milliarden Euro, sagte Scheller. Einen so hohen Wert lasse die im Grundgesetz verankerte Schuldenregel nicht zu. Aufgabe der Regierung sei es, die Haushaltslage offen und ehrlich darzustellen, fügte er hinzu. „Stattdessen verschleiert sie die Lage.“
Lindner verteidigt Bundeshaushalt 2023: „Wir bewältigen die Krise“
Lindner hatte erst vergangene Woche seinen Bundeshaushalt für das kommende Jahr verteidigt. Er sehe Rekordentlastungen und Rekordinvestitionen vor, sagte der FDP-Politiker am Freitag, dem 25. November in der Schlussrunde der Haushaltsberatungen im Bundestag. „Wir bewältigen die Krise, aber wir vernachlässigen die Zukunftsaufgaben dieses Landes dabei nicht.“

Unter anderem seien Hilfen für Familien und bedürftige Menschen vorgesehen, betonte Lindner. Soziale Gerechtigkeit bemesse sich aber nicht nur daran, dass diese Menschen nicht allein gelassen würden. Es gehe auch um „Fairness gegenüber denjenigen, die mit ihrer Arbeit dieses Land tragen und hohe Steuern und Abgaben zahlen“. Aus diesem Grund würden die Auswirkungen der hohen Inflation bei der Einkommensteuer ausgeglichen. Im Effekt müssen 48 Millionen Bürger im kommenden Jahr weniger Steuern zahlen.
Die Rückkehr zur Schuldenbremse sei kein Selbstläufer, sagte Lindner. Der Bund dürfe sich auch nicht zu sehr damit rühmen, räumte er ein. Denn gesamtstaatlich gebe es ein enormes Defizit, unter anderem durch das Sonderprogramm mit 200 Milliarden Euro an Krediten zur Finanzierung der Energiepreisbremsen.
Rechnungshof-Präsident für Subventionsabbau und Reform der Sozialversicherungen
Der Rechnungshof-Präsident forderte die Bundesregierung deshalb auf, bei den Ausgaben zu priorisieren und an anderer Stelle zu sparen. So müssten etwa Subventionen abgebaut werden. „Wer die Zukunft gestalten will, muss sich von Finanzhilfen trennen, die einfach nicht mehr in die Zeit passen“, sagte Scheller. Seit Jahren passiere beim Thema Subventionsabbau aber nichts.
Als Beispiel nannte er die Subventionen für den Einsatz von Bussen im Nahverkehr – diese Vergünstigungen würden sich am Dieselverbrauch orientieren. „Je höher der Verbrauch, desto höher die Entlastung. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen“, kritisierte Scheller. „So darf es nicht weitergehen.“ Darüber hinaus dürfe der Bund nicht weiter Steueranteile in Milliardenhöhe an die Länder abgeben.
Auch bei den Sozialversicherungen sieht Scheller Reformbedarf. „Die Lösungen liegen teilweise schon seit Jahren auf dem Tisch: Leistungen kürzen oder höhere Beiträge oder länger arbeiten sind die Stellschrauben“, sagte er. Dies erfordere aber unpopuläre Entscheidungen. „Das Problem lässt sich nicht durch Aussitzen lösen“, sagte der oberste Rechnungsprüfer. (lma/AFP)
Mit Material der dpa