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Aldi: Discounter setzt auf „5D-Regel“ – Preis für Fleisch vervierfacht sich

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Von: Marten Kopf

Der im vergangenen Jahr begonnene Einsatz für mehr Tierwohl beim Discounter-Riesen wird für Kunden richtig teuer. Wer bisher nichts davon hat, sind die Bauern.

„Wir stellen bis 2030 konsequent 100 Prozent unseres Frischfleisch-Sortiments (Rind, Schwein, Hähnchen, Pute) auf die hohen Haltungsformen 3 und 4 um. Für die Umsetzung unseres Tierwohlversprechens folgen wir einem Stufenplan mit klar definierten Meilensteinen.“ Mit diesen Sätzen bewirbt die Discounterkette Aldi* ihren im vergangenen Sommer gestarteten „Haltungswechsel“. Man wolle noch stärker auf Ware aus Deutschland setzen, so das Unternehmen in einer Pressemitteilung. Ziel sei, ein Zeichen für mehr Tierwohl zu setzen und gleichzeitig die deutsche Landwirtschaft zu stärken, hieß es da. Bis zum vierten Quartal 2022 wolle man bei konventionellem Schweinefrischfleisch konsequent auf „5D“ umstellen*.

DiscounterAldi
HauptsitzEssen (Aldi Nord)/Mühlheim an der Ruhr (Aldi Süd)
GründerKarl & Theo Albrecht
Filialen weltweit11.235 (2019)
Jahresumsatz81,8 Milliarden Euro (2019)

Heißt, alle Schritte der Wertschöpfungskette sollen in Deutschland stattfinden. 5 Schritte sind das, bis das Schweinefleisch bei Aldi landet: Geburt, Aufzucht, Mast, Schlachtung und Zerlegung/Verarbeitung – daher „5D“. Was an und für sich gut klingt, sorgt aber trotzdem prompt für heftige Kritik. Und das gleich von zwei Seiten.

Zum einen befürchten Kunden eine mit dem Haltungswechsel einhergehende deutliche Preissteigerung, womit sie zweifellos richtig liegen dürften. Zum anderen beklagen Bauernverbände eine aggressive Niedrigpreisstrategie beim Lebensmittelriesen. Und das nicht nur beim Frischfleisch, auch bei Milchprodukten*. Die Vertreter der Landwirtschaft müssten um jeden Zehntelcent an Kostenausgleich für die Umsetzung von mehr Tierwohl auf den Betrieben erbittert kämpfen*, so die Bauernvertreter.

„5D-Regel“ bei Aldi: Preis für Frischfleisch vervierfacht

Was der Umstieg aufs Bio-Fleisch für Kunden bedeutet, zeigt ein einfaches Beispiel, das ein HEIDELBERG24*-Leser kürzlich in einem Werbeprospekt entdeckt. Hähnchenbrust-Filet bietet Aldi dort an. Eigentlich nicht weiter ungewöhnlich. Aber man findet es in zweierlei „Ausführung“: Auf Seite 4 nämlich zu einem Kilopreis von 5,98 Euro – direkt „gegenüber“, auf Seite 5, dann die Bio-Variante der Haltungsstufe 4. 24,99 Euro müssen Kunden dafür pro Kilo auf den Tisch legen. Das ist mehr als das Vierfache fürs selbe Produkt.

Selbstverständlich sollte Kunden das Tierwohl diesen Preis wert sein, gar keine Frage. Doch die Rechnung geht nur dann dauerhaft auf, wenn die „Erzeuger“, wie es so schön heißt, in diesem Fall also die Bauern, so an der Preissteigerung beteiligt werden, dass sie besagtes Tierwohl auch wirklich sicherstellen können. Nur ist das eben häufig nicht der Fall. Die Vertreter des Lebensmitteleinzelhandels verhinderten einen umfangreicheren Katalog an Tierwohlkriterien für das Programm, da sie den Kostenausgleich für die Landwirte nicht bezahlen könnten oder wollten, mahnen die Bauernverbände. Und nennen Aldis Preispolitik einen „Schlag ins Gesicht der kleineren Betriebsstrukturen“.

Preise bei Aldi: „Tierwohl“ nur beim Frischfleisch

Für Kunden gibt es zumindest, was die gestiegenen Preise angeht, übrigens weiterhin Alternativen, denn beim Tierwohl hat sich Aldi ein Hintertürchen offen gelassen. Vom Haltungswechsel ausgenommen nämlich sind (internationale) Spezialitäten – und Tiefkühlartikel. Die werden weiterhin ohne Ansicht der Haltungsform angeboten. Die vom Discounter angekündigte „Konsequenz“ bei der Umstellung bezieht sich ausschließlich auf Frischfleisch. Warum, das weiß wohl nur Aldi selbst. (mko) *HEIDELBERG24 ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA

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