Selbstversuch im Floorball: Schon nach dem Aufwärmen platt

Floorball. Die Neugierde hat unseren Mitarbeiter Oliver Kraus zur TSG Erlensee getrieben, denn er möchte herausfinden, was sich hinter der Sportart Floorball verbirgt. Was er im Training bei den Erlenseer Floorballern erlebt und wer ihm regelrecht einen Knoten in die Beine gespielt hat, erzählt er selbst.
Von Oliver Kraus
„Floorball ist ein laufintensives, schnelles und rasantes Spiel, das immer hin und her geht.“ Diese umschreibenden Worte von Patrick Trageser, die mir der Floorball-Pressewart der TSG Erlensee kurz vor Trainingsbeginn in der Umkleidekabine in mein Aufnahmegerät diktiert hat, schwingen nach, obwohl das eigentliche Training noch gar nicht begonnen hat.
Keine Zeit zum Verschnaufen
Schon während der Aufwärmrunde wird meine Zunge ob der Intensität der Einheiten länger und länger. Das mag vor allem daran liegen, dass ich mit Mitte 40 nicht mehr ganz so fit bin wie vor 20 Jahren. Aber Trageser hat mit dem Eingangssatz recht: Ruhepausen, wie sie sich Stefan Effenberg auf dem Fußballplatz nehmen konnte, gibt es im Floorball – andernorts Unihockey oder Innebandy genannt – nicht. Weder im Training noch im Spiel selbst. Floorball stammt vom Eishockey ab und ist ebenfalls eine reine Hallensportart, allerdings weitaus ungefährlicher als sein Pendant auf dem Eis, da mit einer sehr leichten Ball-Schlägerkombination und weit weniger körperbetont gespielt wird.
Trotzdem erreichen die Bälle bei Schlagschüssen zumindest im Herrenbereich nicht selten eine Geschwindigkeit von 150 bis 200 Stundenkilometern. Die Königsdisziplin des Floorballs ist die Großfeldvariante, bei der auf Handballfeldgröße, eingerahmt von einer 50 Zentimeter hohen Bande, mit je fünf Feldspielern und einem Torhüter gespielt wird. Außerdem gibt es die Kleinfeldvariante mit drei Feldspielern und einem Schlussmann, in der die Erlenseer kürzlich Vizehessenmeister geworden sind, sich jetzt bei der westdeutschen Meisterschaft erneut ihren Startplatz für die Achterrunde um die deutsche Meisterschaft erspielen wollen – und die ich an einem Mittwochabend ausprobieren darf.
Schnell erste Erfolge
Damit man Spaß an der Sache hat und es rund läuft, ist es laut Trageser wichtig, eine gewisse Grundschnelligkeit sowie technische Versiertheit mitzubringen. Außerdem sei eine Ballsportaffinität hilfreich. Da ich zumindest letzteres für mich bestätigen würde, finde ich mich nach den Aufwärm- und Einführungsrunden mit dem mir ungewohnten Spielgerät immer besser zurecht und kann mich mit fortdauernder Spieldauer – trotz schlechter Kondition – auf meine Mitspieler konzentrieren und Pässe zielgenau anbringen.
Und es macht Spaß! Obwohl nicht alles auf Anhieb gelingen mag, obwohl ich im Vergleich zu einigen Cracks erwartungsgemäß kein Land sehe. So bin ich beispielsweise froh, dass der trickreiche ehemalige Kaderspieler der U17-Westauswahl Dominik Rudin in meinem Team spielt, denn so schnell wie der mehrfach zu Sichtungsgängen der verschiedenen Junioren-Nationalkader eingeladene quirlige Jugendliche den Hartgummiball von links nach rechts und retour dribbelt, würde es mir eher die Beine verknoten, als dass ich eine gelungene Abwehraktion hinbekäme.
Abteilung wächst nach Gründung schnell
Da aber das Miteinander im Mittelpunkt steht, merkt man auch, warum die recht kleine Floorball-Abteilung der TSG so schnell wachsen konnte. Entstanden aus der Idee, sich nicht nur einmal im Jahr im Rahmen des lokalen, seit 1996 ausgetragenen Erlenseer Mitternachts-Hockeyturniers mit anderen zu messen, hatten sich 2005 mehrere Freunde dazu entschieden, einen eigenen Verein ins Leben zu rufen. Eines der Gründungsmitglieder ist Sven Berg, der in der Folge nicht nur früh damit begonnen hatte, als Jugendtrainer eine Nachwuchsabteilung mit aufzubauen, sondern nach einer einjährigen Pause zuletzt die Trainingsgestaltung für die Kleinfeldvariante übernommen hat.
So erinnert sich der 34-jährige Sozialpädagoge an einer privaten Ganztages-Grundschule in Königsstein noch gut an die Anfangszeit: „Ich wollte damals einfach häufiger spielen. Seitdem macht es mir Spaß, zumal es schön ist, zu sehen, was daraus geworden ist.“ Denn mittlerweile zählen die Floorballer in Erlensee mehr als 100 Mitglieder, die sich in mehreren Jugendstufen und im Seniorenbereich aktiv einbringen. Zudem hat Berg mit seinen Teamkollegen bereits einmal eine Saison in der 2. Liga verbracht, was für die nahe Zukunft aber nicht realistisch erscheint und auch nicht Ziel der Vereinsführung ist.
Aufstieg finanziell nicht zu stemmen
So erklärt Trageser, wie Berg ein ehemaliger Fußballer, dass es vom spielerischen Niveau zwar durchaus reichen würde. Doch die mit einem Aufstieg aus der Großfeld-Regionalliga verbundene Kostenexplosion schiebt ambitionierten Spielern einen natürlichen Riegel vor. „Das ist für uns als kleiner Verein einfach nicht mehr zu leisten. Zum einen ist die Lizenz deutlich teurer, zum anderen würden die Distanzen einfach zu groß werden“, so der 31-jährige Arbeitsvermittler bei der Agentur für Arbeit. Da die Reisekosten privat getragen werden, mache es eben einen deutlichen Unterschied, ob man nur zu Begegnungen nach Mainz, Frankfurt oder Butzbach fahre oder eben eine weite Strecke bis nach Bremen oder Hamburg in Kauf nehmen muss.
Dass man sich trotzdem noch mit der Cremé de la Cremé des Sports, die von Vereinen aus dem Osten wie Weißenfels, Chemnitz oder Leipzig maßgeblich gestellt wird, messen kann, ist dem Deutschland-Pokal zu verdanken. In der diesjährigen Runde konnten die Erlenseer bis in die dritte Runde vorstoßen. Doch im Achtelfinale war dann gegen den Bundesligisten aus Wernigerode im Dezember mit 1:19 Schluss. „Da hat man dann einen deutlichen Unterschied gemerkt. Aber es war eine tolle Erfahrung, die Halle war voll“, erinnert sich Trageser.
Einstiegskosten gering
Voll ist die Halle bei meinem Gastspiel zwar nicht, und auch das Trainingsspiel ist eher eine enge Angelegenheit, doch auch ich bin nach meinem Erstkontakt mit dem äußerst laufintensiven Sport, bei dem mir sogar ein Schlenzer ins Kreuzeck gelingt, um eine Erfahrung reicher: Floorball bietet bei geringen Anschaffungskosten – der Preis für einen Schläger liegt zwischen 50 und 200 Euro – jede Menge Spielspaß. Wer es selbst einmal ausprobieren möchte, ist dazu in Erlensee eingeladen. Je nach Altersklasse trifft man sich entweder in der Erlenseer Großsporthalle, der Erlenhalle oder der Ballsporthalle.