El Abbas El Amri startet bei der E-Darts-EM in Italien

Darts. Den Weg kennt El Abbas El Amri mittlerweile bestens. Schon zum dritten Mal ist der deutsche Dartsspieler mit marokkanischen Wurzeln kürzlich von Kilianstädten in die italienische Stadt Caorle gereist, die sich in der Nähe von Venedig befindet.
Von David Lindenfeld
Der kürzeste Weg führt über die A3 an München und später an Salzburg vorbei, von Norden nach Süden durch Österreich, ehe das Ziel an der Adria erreicht ist.
Dort steigt vom 8. bis 14. Juni zum dritten Mal hintereinander die Europameisterschaft der Europäischen Dart Union im Pfeilewerfen auf die elektronische Dartscheibe. 2018 wurde er dort Vizeeuropameister im Einzel bei den Herren. 2017 holte El Amri mit der Mannschaft den Europameistertitel, weil er und sein Team die rund 16 bis 26 Gramm schweren Pfeile am präzisesten auf die 2,37 Meter entfernte Scheibe geworfen hatten.
Das große Preisgeld gibt es nicht
Eine Teilnahme bei der Europameisterschaft? Klingt nicht nur prestigeträchtig, sondern auch lukrativ – ist es aber nicht. Darts boomt zwar in Europa, die großen Preisgelder gibt es jedoch nur bei den Steeldart-Turnieren der Professional Darts Cooperation (PDC) und in deutlich abgespeckter Form zum Beispiel bei der Weltmeisterschaft des Konkurrenzverbandes British Darts Organisation (BDO) zu gewinnen.
Der Traum von der großen Bühne lebt bei El Amri, der neben dem Elektrodart auch Steeldart spielt, immer noch. „Ich bin ja erst 35. Das ist ja noch kein Alter für einen Dartsspieler“, sagt der Deutschmarokkaner, der in diesem Jahr mit seiner Mannschaft, dem DC Dartmoor Darmstadt, Deutscher Bundesligameister im Steeldart wurde. Der Österreicher Mensur Suljovic hat es zum Beispiel auch erst mit 36 Jahren zur PDC geschafft.
Seitdem spielt der derzeitige Weltranglistenachte regelmäßig bei großen Turnieren um hohe Preisgelder mit.Der Weg zum Profi ist jedoch steinig. „Um bei den großen Turnieren mitspielen zu können, fehlen einem die Sponsoren“, sagt El Amri. Wer bei allen acht deutschlandweit verstreut stattfindenden PDC-Turnieren der Europa-Tour in der Qualifikation antreten will, muss rund 600 Euro Teilnahmegebühr plus Geld für die Reisen und die Hotelkosten berappen.
Die Qualifikation beginnt meistens donnerstags. Preisgeld gibt es nur dann, wenn man sich über die Qualifikation ins Hauptfeld spielt, wo man in der ersten Runde dann meist auf einen starken Gegner trifft.
"Kleine Brötchen backen"
El Amri versucht aktuell „kleine Brötchen zu backen“ und sich über die E-Dart-EM oder den World Cup in Las Vegas, den er vor kurzem mit der Nationalmannschaft und im Doppel gewann, „auf mich auf-merksam zu machen.“ Beim World Cup in Las Vegas vertritt Deutschland stets der Deutsche Mannschaftsmeister der vorangegangenen Bundesligasaison: 2018 gelang El Amri der Gewinn mit seiner E-Dart-Mannschaft, deshalb durften er und seine Teamkollegen in diesem Jahr dabei sein. Die Reise nach Vegas wurde ihm vom Deutschen Sportautomatenbund finanziert.
In den kommenden Jahren will El Amri versuchen, in der Dartsszene weiter „Fuß zu fassen und mehr Qualifikations-turniere der BDO und PDC zu spielen.“ Bei Wettbewerben tritt der 35-Jährige seit 2016 an. Darts spielt er schon seit seiner Jugendzeit. „Ich bin im Dorf aufgewachsen, da gab es nicht so viel“, sagt er lachend mit Blick auf seine Anfangszeit. 1991 kam er mit seinem Vater aus Marokko nach Schöneck. Später zog die Familie nach Mittelbuchen, wo er im Billiard-Bistro „Zwilling“ die Liebe zum Konzentrationssport entdeckte.
In der deutschen Dartsszene ist er mittlerweile gut vernetzt. Trainiert wird in der Regel zwei bis dreimal pro Woche rund zwei bis vier Stunden im eigenen Keller – dann spielt El Amri gegen Kollegen über eine Webcam. Der Verwaltungsangestellte bei der Stadt Schöneck, der für die Asylbewerberbetreuung zuständig ist, hat zudem im Büdesheimer Gemeinschaftshaus eine Darts-Begegnungsstätte für Jugendliche und Asylanten ins Leben gerufen.
Auch im Fußballkreis ist El Amri bei weitem kein Unbekannter. Der leidenschaftliche Kicker lief jahrelang für den FC Büdesheim auf, im Sommer wechselt er zum Schönecker Nachbarn SV Kilianstädten.
Keine Gegner auf Augenhöhe
Auch dort dürfte er wohl vergeblich nach Darts-Gegnern auf Augenhöhe suchen. Mit seinen drei Darts, die er pro Aufnahme zur Verfügung hat, wirft er im Schnitt zwischen 72 und 79 Punkten. Um einen sogenannten „Drei-Darts-Average“ jenseits der 50 oder 60 Punkte zu erreichen, brauchen Dartseinsteiger meist ein Jahr. Die Topprofis bewegen sich im Schnitt um die 10 Punkte. Der Rekord bei einer Weltmeisterschaft liegt bei rund 114 Punkten und wurde 2017 von Michael van Gerwen aufgestellt.
Um ein sogenanntes Leg der gängigsten Spielvariante „501-Double-Out“ zu beenden, muss ein Spieler 501 Punkte auswerfen und mit dem letzten Wurf in eines der acht Millimeter breiten Doppelfelder, die den äußeren Ring der Dartscheibe bilden, treffen. Dafür braucht man mindestens neun Würfe. Ein „Neun-Darter“, wie das perfekte Spiel genannt wird, ist El Amri bisher noch nicht gelungen. „Ich war schon drei, vier mal kurz davor, aber da haben die Nerven dann meistens versagt. Da muss alles passen“, sagt der 35-Jährige, dessen bestes Ergebnis bisher 11 Darts sind.
Spielt er so weiter, ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis ihm auch ein Neun-Darter gelingt. Vielleicht ja schon bei der Europameisterschaft in Italien – am liebsten wohl aber bei einem Turnier der PDC in einem Hauptrundenmatch.