Von Spielerin zur Co-Trainerin: Kein leichter Seitenwechsel für SG Bruchköbels Chiara Strohl

Es hat nicht den einen Moment gegeben, in dem Chiara Strohl das Ende ihrer aktiven Handball-Karriere beschlossen hat. Vielmehr ist der Gedanke während der langen Reha nach dem zweiten Kreuzbandriss über mehrere Wochen gereift. Komplett verabschiedet hat sich die 24-Jährige vom Handball bei der SG Bruchköbel aber nicht, dafür ist die Linkshänderin viel zu eng mit der ersten Frauenmannschaft, dem ganzen Verein und dem Sport im Allgemeinen verbunden.
Bruchköbel – Nun unterstützt sie als Co-Trainerin Coach Benjamin Gast und leitet ihre ehemaligen Mitspielerinnen an. Dass Chiara Strohl dem Bezirksoberligisten als Co-Trainerin erhalten bleibt, ist die Idee von Benjamin Gast gewesen. „Als ich ihm gesagt habe, dass ich aufhöre, hat Benni mich sofort gefragt, ob ich ihn als Co-Trainerin unterstützen will. Das ist für mich die beste Lösung gewesen“, sagt die angehende Förderschullehrerin.
Die erste Frauenmannschaft der Bruchköbeler ist nämlich nicht die erste gemeinsame Trainerstation von Gast und Strohl. Bereits im Winter der Saison 2018/19 ist das Duo spontan als Trainergespann der weiblichen A-Jugend eingesprungen und hat festgestellt, dass die Kombination an der Seitenlinie gut funktioniert. „Dadurch bin ich für ihn auch als Spielerin bei den Damen eine Ansprechpartnerin geworden, weil wir keinen Betreuer hatten“, hat sich das Trainergespann über eine gewisse Zeit entwickelt.
Davor hatte Chiara Strohl schon einige Jugendteams bei der SG Bruchköbel trainiert und nach dem Abitur sogar die C-Trainerlizenz erworben. Dennoch ist der Übergang von Spielerin zur Co-Trainerin nicht so einfach gewesen. „Es war schon ein bisschen komisch, weil ich mit den Spielerinnen ja gut befreundet bin. Es macht es einfacher, dass Benni der Cheftrainer ist und er letztlich die Entscheidungen trifft und sie auch umsetzt“, erzählt die Bruchköbelerin, die seit Beginn ihrer Handball-Karriere in der Dreispitzhalle heimisch ist. Mittlerweile haben sich alle gut mit der Situation arrangiert.
Chiara Strohl: Einen Aufstieg feiern wäre schön
Was auch der Tabellenstand widerspiegelt. Die Bruchköblerinnen stehen auf Platz eins der Bezirksoberliga Gruppe 2 und nehmen sicher an der Aufstiegsrunde teil. Ein Aufstieg, das ist sowieso etwas, dass die Pädagogin, die neben dem Studium Teilzeit an einer Hanauer Förderschule arbeitet, gerne mal erleben würde. „Als Spielerin wird es ja jetzt nichts mehr, aber vielleicht als Trainerin“, sagt die 24-Jährige lachend, wobei sie keinesfalls jetzt sofort meint.
Mit Anfang 20 die sportliche Karriere aufgrund schwerwiegender Verletzungen beenden zu müssen, ist eine bittere Erfahrung gewesen. Aber für Chiara Strohl auch alternativlos. „Die Reha braucht neben Studium und Arbeit viel Zeit. Irgendwann ist einfach der Gedanke gereift, das Risiko noch eines Kreuzbandrisses nicht mehr eingehen zu können“, gibt die ehemalige rechte Rückraumspielerin einen Einblick in ihre damaligen Gedankengänge. Zudem ist die Reha nach dem Riss des vorderen Kreuzbandes im rechten Knie im August 2020 nicht reibungslos verlaufen. Auch heute ist für Chiara Strohl noch nicht an Handballspielen zu denken. Nach dem Riss des vorderen Kreuzbands im linken Knie 2017 kämpfte sich die Linkshänderin noch einmal zurück auf das Spielfeld. Diesmal führt sie der Weg zurück an die Seitenlinie.
Und dort warten auf das Trainerteam Gast/Strohl ganz andere Situationen und Entscheidungen. Grund ist die Corona-Pandemie, von der die Bruchköblerinnen bisher laut Chiara Strohl einigermaßen verschont geblieben sind: „Ich glaube, es gibt Mannschaften, die trifft es viel schlimmer.“ Dennoch kommen die Einschläge besonders bei Mannschaftssportarten immer näher. „Wir haben beschlossen, dass wir alle uns vor jedem Training und Spiel testen, auch wenn wir alle geboostert sind“, hat die Mannschaft Vorkehrungen getroffen. Dennoch gibt es immer wieder Spielerinnen, die Kontakt zu Corona-Positiven hatten. „Wir müssen dann abwägen: Wann war der Kontakt? Wie lange ist der negative Selbsttest her? Wir müssen dann Entscheidungen treffen, die wir eigentlich nicht treffen wollen“, gibt Chiara Strohl einen ehrlichen Einblick in die Trainertätigkeit. (Von Julia Meiss)