Saisonrückblick der Kreisoberliga: Erlensee macht früh alles klar

Fußball. Ein Aufstiegskampf der Extraklasse, ein Meister wie aus dem Bilderbuch, Spannung pur im Tabellenkeller – in der Kreisoberliga-Saison 2016/17 kam keine Langeweile auf. Wir blicken auf die abgelaufene Runde zurück.
Von Lukasz Galkowski
SpitzenfeldEin Torverhältnis von 131:19 Toren, elf Zähler Vorsprung auf den Zweiten aus Rodenbach. Wer mit 27 Siegen aus 30 Spielen Meister wird, hat den Titel verdient geholt. Dass der 1. FC Erlensee die Konkurrenz nicht so deklassierte wie der 1. Hanauer FC 1893 vor zwei Jahren, der mit 29 Siegen aus 30 Spielen und 27 Zählern Vorsprung auf Eintracht Oberissigheim Meister wurde, lag auch an der Konkurrenz, die lange mit dem Team von Trainer Tobias Heilmann Schritt hielt. Immerhin hat der ärgste Konkurrent, Germania Niederrodenbach, genauso wie die Erlenseer nur zwei Spiele, gewann sogar das Heimspiel gegen den späteren Meister.
Unter dem Strich war der FCE jedoch konstanter, die Germania erlaubte sich immer wieder Ausrutscher gegen vermeintlich schwächere Teams, so wie die die deutliche Niederlage gegen den TSV Niederissigheim vor heimischem Publikum. Die Vorentscheidung im Titelrennen fiel im Spitzenspiel auf dem ehemaligen Fliegerhorst, das Erlensee nach hartem Kampf mit 3:0 für sich entschied. Bis zur Hinrunde war der Aufstiegskampf noch ein Dreikampf, doch ließ Kewa Wachenbuchen in der zweiten Saisonhälfte Federn, sodass Niederrodenbach frühzeitig mit der Relegation zur Gruppenliga planen konnte – allerdings ohne Erfolg. Die Kewa wurde am Ende fast noch von Eintracht Oberrodenbach abgefangen, die nach den Punktverlusten in der ersten Saisonhälfte nicht mehr ernsthaft in den Aufstiegskampf eingreifen konnte.
MittelfeldDie Mannschaft der Rückrunde war, abgesehen von Erlensee und Niederrodenbach, die Spvgg. Langenselbold, die in der zweiten Saisonhälfte 34 Punkte holte – genauso viel wie die „Spargel-Germanen“ und sogar mehr als Eintracht Oberrodenbach. Als die noch in der Rückrunde verletzten Leistungsträger zurückkehrten, wuchs auch die Spielstärke der Selbolder, die sich von einem Abstiegskandidaten zu einem Anwärter auf einen Platz im vorderen Tabellendrittel entwickelten – und dies mit dem Sieg am letzten Spieltag gegen den Tabellennachbarn Germania Dörnigheim auch verwirklichten.
Die Maintaler verabschiedeten sich nach zwischenzeitlichen Problemen ordentlich aus der Saison, der TSV Niederissigheim und der TSV 1860 Hanau machten nach der Winterpause noch etwas Boden gut. Die Aufsteiger Safakspor Hanau und Hilalspor Hanau hinterließen sportlich einen guten Eindruck. Der größte Verlierer aus dieser Gruppe ist Eintracht Oberissigheim, der vor der Saison zu den Aufstiegskandidaten gezählt wurde, jedoch von diesem Anspruch schon zu Beginn der Runde weit entfernt war. Die SG Bruchköbel II rutschte durch die personellen Probleme nach der Winterpause in der Tabelle ab, ließ am Ende aber nichts anbrennen.
KellerkinderDer SV Wolfgang konnte nach der Winterpause nicht mehr die Wende einleiten und stieg mit zehn Punkten Rückstand auf die Sportfreunde Ostheim in die Kreisliga A ab.
Ganz anders als die Spvgg. Hüttengesäß, die zu Beginn der Rückrunde noch tief im Abstiegssumpf steckte, aber doch noch drei Teams hinter sich lassen konnte. Lange hatten die Sportfreunde Ostheim die besten Karten im Abstiegskampf, rutschten aber noch auf den Relegationsplatz ab und mussten am Ende ebenfalls runter in die A-Liga.
TorjägerNicht etwa der Meister aus Erlensee mit 131 erzielten Treffern, sondern der Vierte Eintracht Oberrodenbach hatte den besten Torjäger der Liga in seinen Reihen. 33-mal traf Rodney Kurz ins gegnerische Netz und lag damit in der Endabrechnung vor Emanuele Giuliana (26 Tore/Germania Dörnigheim) und Alexander Schunck (24 Tore/Erlensee). Damit ging für den Rodenbacher Stürmer ein Wunsch aus dem Jahr 2009 in Erfüllung, als der damals 19-Jährige im Trikot der SG Bruchköbel II einen fantastischen Einstand in der KOL feierte und sich mit sieben Treffern in den ersten drei Saisonspielen an die Spitze der Torjägerliste schob.
Weil Kurz aber nach diesem Traumstart seine Chance in der ersten Mannschaft bekam, musste er bis heute auf den Titel des Torschützenkönigs der KOL warten – das damals selbstgesteckte Ziel von 35 Saisontoren kann er in der kommenden Saison in Angriff nehmen. „Rodney ist absolut bescheiden, extrem beliebt im Verein, weil er sich für keinen Dienst im Verein zu schade ist und läuft selbst rückwärts der halben Liga davon“, schwärmt Eintracht-Trainer Andreas Jäger von seinem Stürmer, der schon als Juniorenspieler einen unglaublichen Torriecher bewies (72 Saisontore für die A-Jugend der TG Hanau!).
TrainerwechselVon den 16 Trainern, die am ersten Spieltag im Amt waren, haben 13 bis zum letzten Spieltag durchgehalten. Robert Kahlina hat bereits Ende Oktober nach mehr als acht Jahren in Oberissigheim das Handtuch geworfen. Der bis dahin dienstälteste Coach der Liga zog die Konsequenzen aus der unbefriedigenden sportlichen Situation.
Ex-Kickers-Offenbach-Profi Dirk Vollmar gelang als Nachfolger in der abgelaufenen Runde noch nicht die erhoffte sportliche Wende. Kurz vor dem Rückrundenstart folgte der nächste Paukenschlag: In der Endphase der Vorbereitung trennten sich Alberto Agnetelli und die SG Bruchköbel II nach nur etwas mehr als einem halben Jahr. Bei Germania Dörnigheim trat Robert Kirschner Mitte März zurück. Interimscoach Jochen Kostiris brachte die Runde erfolgreich zu Ende.
SünderLaut offizieller DFB-Statistik ist der 1. FC Erlensee, wie schon nach der Hinrunde, das fairste Team der Liga (42-mal Gelb, einmal Rot), gefolgt von Eintracht Oberrodenbach (52-mal Gelb, viermal Gelb-Rot) und Germania Niederrodenbach (65-mal Gelb, dreimal Gelb-Rot).Am wenigsten zu lachen hatte in dieser Kategorie Safakspor Hanau (98-mal Gelb, 14-mal Gelb-Rot, sechsmal Rot).
Zuschauer: Dreistellige Zuschauerzahlen sind nicht nur auf den Sportplätzen der Kreisoberligisten schon längst zur Rarität geworden. Teilweise spielten einige Mannschaften sonntags vor einer fast leeren Kulisse mit 30 bis 40 Fans. Die Topteams hatten allerdings nur selten Grund zum Klagen, bei Spitzenspielen leuchteten die Augen der Kassenwarte der Aufstiegsanwärter. Der diesjährige Rekord fiel beim Gipfeltreffen zwischen Erlensee und Niederrodenbach, das sich rund 600 Fans angeschaut haben. Auch im Rodenbacher Waldstadion steppte gegen die direkten Konkurrenten der Bär: Rund 400 Zuschauer haben das Derby gegen Oberrodenbach am ersten Spieltag gesehen, das Spitzenspiel gegen Erlensee gut 300, den Vergleich mit Kewa Wachenbuchen 250. Auch in Maintal (Hinrundenspiel gegen Erlensee) und in Oberrodenbach (Rückspiel gegen Niederrodenbach) fiel die 200er-Marke.
BesonderheitenZu traurigen Sorte gehört der Spielabbruch in der Partie Eintracht Oberrodenbach gegen Spvgg. Langenselbold – nicht etwa wegen Tumulten auf dem Platz oder einer defekten Flutlichtanlage wie in der Saison zuvor. Der Grund war ein schrecklicher Unfall, der sich am Vereinsheim ereignete: Ein Fan stürzte vom Balkon. Die Spieler auf dem Rasen mussten den Platz wegen der Landung eines Rettungshubschraubers räumen, der Schiedsrichter brach die Partie nach nur knapp zehn Minuten ab. Glück im Unglück, dass der Rodenbacher wie durch ein Wunder nicht lebensgefährlich verletzt wurde.
Das Spiel musste komplett nachgeholt worden und zwar kurioserweise nicht in Rodenbach, sondern in Langenselbold. „Eigentlich wollten beide Mannschaften nicht mehr spielen, dem Klassenleiter waren wohl aber durch die Statuten die Hände gebunden“, erklärte Eintracht-Trainer Andeas Jäger. Der Mittwoch in der Woche vor dem letzten Spieltag war der letzte mögliche Termin, dort war der Platz allerdings wegen eines großen Polterabends bereits belegt, am Tag zuvor konnten die Selbolder nicht. So blieb ein Tausch des Gastgeberrechts die einzige Option.
WahlenTabellarisch war die Begegnung für beide Teams ohnehin praktisch ohne Bedeutung. Ein Spiel ist gar nicht erst zustande gekommen. So war der Kader der SG Bruchköbel II nach der Winterpause so ausgedünnt, dass die Partie beim 1. FC Erlensee Anfang März von der Verbandsligareserve abgesagt werden musste. Weil die erste Mannschaft ebenfalls auswärts spielte, waren Verstärkungen aus der Verbandsliga kaum möglich. Somit gab die SGB II das Spiel kampflos ab.
Über die Grenzen des Fußballkreises Hanau hinaus hat Yannick Wolff seinen Verein TSV Niederissigheim bekannt gemacht. Er schoss das gegen den SV Wolfgang das „Kacktor“ des Jahres – für das er eigentlich gar nicht so viel konnte. Arnd Zeigler vom WDR hat das Tor jedenfalls so gut gefallen, dass er es in seiner Sendung „Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs“ für das „Kacktor des Monats Oktober 2016“ nominierte. Wolff setzte sich bei der Internetwahl ebenso durch wie bei der sich anschließenden Abstimmung zum „Kacktor des Jahres 2016“. Als Belohnung gab es eine nagelneue Klobrille. Genauer genommen zwei – eine für das Tor des Monats und eine für das Tor des Jahres.