Zweite Flüchtlingsunterkunft für Niederdorfelden geplant

„Wir müssen aktiv werden, aussitzen geht nicht“, sagt Bürgermeister Klaus Büttner (SPD). Die kleine Gemeinde ist bereits mitten in den Vorbereitungen für die Errichtung einer zweiten Flüchtlingsunterkunft. 2016 hatte Niederdorfelden an der Berger Straße bereits eine Wohnanlage aus Containern mit Platz für 48 Personen aufgestellt. Die ist auch nach mehr als fünf Jahren voll belegt. „Laut aktuellen Prognosen müssen wir bis Ende des Jahres 24 weitere Neuankömmlinge unterbringen“, erläutert Büttner.
Niederdorfelden – „Es gibt keine Leerstände, wo wir noch weitere Personen unterbringen könnten. Wir sind hier im Speckgürtel von Frankfurt. Da herrscht Wohnungsnot“, erläutert Büttner. Zwei Bürger, die auf dem freien Wohnungsmarkt keine Wohnung finden, habe er bereits in einem Hotel in Hanau unterbringen müssen, da es in seinem Ort keine Möglichkeit für die Obdachlosen gegeben habe.
Alle Wohneinheiten in Containeranlage an der Berger Straße belegt
Bei der Errichtung der Containeranlage vor sechs Jahren hatte die Gemeinde darauf spekuliert, dass mit dem Ende der Flüchtlingsströme die Wohnungen an Studenten vermietet werden oder eben als Ersatzwohnraum für Obdachlose dienen könnten. Aktuell haben zwei Wohnungslose in der Berger Straße ein vorübergehendes Zuhause gefunden. Damit sind alle Wohneinheiten belegt.
„Unter anderem durch die Situation in Afghanistan kommen weiter viele Geflüchtete nach Deutschland. Das ist eine riesige Aufgabe für die Kommunen“, sagt Büttner. In Niederdorfelden leben 3868 Menschen (Stand: 30. Juni 2021), davon seien 578 Staatsangehörige anderer Länder – ein Anteil von fast 15 Prozent.
Büttner ist froh, dass es in seinem Ort die Möglichkeit gibt, eine weitere Unterkunft in Modulbauweise zu errichten. „Den Pachtvertrag mit den Eigentümern des Grundstücks konnten wir um weitere fünf Jahre bis 2026 verlängern“, ist Büttner erleichtert.
Angebote für zweiten Komplex werden eingeholt
Geplant ist die neue Unterkunft direkt gegenüber den beiden jetzigen Gebäudetrakten. Aktuell ist dort ein Hügel angelegt, wahrscheinlich müsste auch ein großer Nadelbaum weichen. Doch Platz wäre vorhanden. „Von unserem Konzept sind wir weiter überzeugt. Wir haben uns von Anfang an gegen eine Gemeinschaftsunterkunft entschieden. Durch die abgetrennten Wohnbereiche gibt es weniger Konflikte. Auch die Lage mitten im Ort ist günstig“, so Büttner. Damals habe man bereits beschlossen, dass eine zweite Unterkunft an dieser Stelle in gleicher Größe errichtet werden kann.
In Niederdorfelden fackelt man nicht lange. Bauamtsleiter Carsten Breitbach ist bereits damit beschäftigt, Angebote einzuholen. Mit 609 000 Euro schlug der Bau der Container damals zu Buche, dazugerechnet werden mussten noch die vorbereitenden Erdarbeiten. Um die 800 000 Euro kamen am Ende zusammen. Kämmerin Ute Klingelhöfer schlägt vor, die neuen Unterkünfte zunächst zu mieten mit der Option, sie später zu kaufen. Das belaste den Haushalt nicht so stark. Sie rechnet erst im Mai mit einem genehmigten Etat für 2022.
Neue Unterkunft könnte im Herbst stehen
„Für nicht geplante Investitionsausgaben ist ein Nachtragshaushalt erforderlich“, sagt sie. Mit den Mieteinnahmen durch die Unterbringung von Geflüchteten ließen sich die laufenden Kosten ganz gut decken. Für den Kauf der Container hatte Niederdorfelden 2016 ein Darlehen aufgenommen.
Bauamtsleiter Breitbach geht davon aus, dass die ersten Baumodule im September oder Oktober stehen könnten. Mit den neuen Bewohnern gibt es auch viel Arbeit für Tarek Elsakir. Der gebürtige Ägypter spricht fließend Arabisch, Deutsch und Englisch, was dem Mitarbeiter der Gemeinde Niederdorfelden bei seiner Aufgabe als Flüchtlings-Betreuer sehr hilfreich ist. Elsakir kümmert sich nicht nur um die Bewohner der Container, er ist auch Ansprechpartner für bereits anerkannte Geflüchtete und betreut in der Verwaltung den Bereich „Soziales“.
Der Wohnheim GmbH, ein Eigenbetrieb der Stadt Frankfurt, gehören Wohnanlagen in der Berliner Straße in Niederdorfelden. Dort werden auch Asylberechtigte untergebracht, die der Mainmetropole zugeordnet sind. „Diese Menschen werden aber Niederdorfelden bei der Verteilung von weiteren Geflüchteten nicht angerechnet – eine große Herausforderung für die kleine Kommune“, sagt Büttner. Mit ihren Fragen kommen die Menschen natürlich ebenfalls zu Tarek Elsakir.

Die meiste Aufmerksamkeit brauchen aber die Neuankömmlinge. „Die Menschen wissen oft noch nicht einmal, in welchem Ort sie gelandet sind. Da gibt es sehr viel zu erklären“, so Elsakir.
Die steigenden Zuweisungen an Geflüchteten stellen auch andere Städte und Gemeinden im Kreis vor große Herausforderungen. Schöneck sucht händeringend nach privaten Wohnungen, Bruchköbel zieht in Betracht, im Flüchtlingscamp neue Container aufzustellen (wir berichteten). In Nidderau macht man sich ebenfalls Gedanken über die Beherbergung von Neuankömmlingen (siehe unten stehenden Artikel). Dort werden es bis zu 150 Menschen sein.
In der Corona-Pandemie findet die Problematik zu wenig Aufmerksamkeit, findet Bürgermeister Büttner. „Ich weiß nicht, wie die Kommunen das auf Dauer stemmen sollen“, gibt er zu bedenken. (Mirjam Fritzsche)