Zurück zur Sachpolitik in Nidderau

In einem Kommentar zur Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag, 23. März, setzt sich HA-Redakteur Jan-Otto Weber mit der politischen Kultur in Nidderau auseinander.
Nidderau - Zurecht hatte die rot-grüne Koalition vergangenes Jahr die Flut von standardisierten Anträgen der CDU zum Doppelhaushalt mit jeweils gleichlautender zweizeiliger Begründung kritisiert. Doch wenn die Opposition handfeste Argumente vorbringt, sollten sich auch die Mehrheitsfraktionen ernsthaft damit auseinandersetzen.
So unterstützten die Freien Wähler am Donnerstag in der Stadtverordnetenversammlung grundsätzlich den Koalitionsantrag, die Anforderungen für weitere Güte-Zertifikate für das im Nidderauer Wald geschlagene Bauholz zu erfüllen. Allerdings vermissten die Freien Wähler die sonst üblichen Angaben zu den Kosten und schlugen deshalb vor, den Magistrat zunächst mit einer Erstellung eines Konzepts und der Kostenprüfung zu beauftragen.
Auch die CDU-Fraktion äußerte berechtigte Bedenken und Fragen zu den für die Zertifizierung notwendigen Maßnahmen und Bedingungen. Etwa, ob eine effiziente Waldbewirtschaftung unter Einsatz von Holzerntemaschinen (Harvester) dann in Zukunft noch möglich wäre. Die CDU beantragte deshalb die Überweisung in den Ausschuss.
Doch ohne weiter auf die Redebeiträge, Fragen und Vorschläge der Opposition einzugehen, lehnten SPD und Grüne sowohl eine Überweisung als auch die Änderung in einen Prüfauftrag ab und beschlossen ihren Ursprungsantrag.
Dass es in der Nidderauer Stadtverordnetenversammlung regelmäßig zu verbalen Ausfälligkeiten und Zwischenrufen kommt, kann leider auch Stadtverordnetenvorsteher Jan Jakobi (SPD) in seiner unaufgeregten, humorvollen aber bestimmten Art nicht verhindern. Und natürlich entscheiden am Ende, wenn alle Argumente ausgetauscht sind, Mehrheiten. Doch im Sinne einer konstruktiven Zusammenarbeit zum Wohle der Stadt, zu der sich alle Fraktionen in Sonntagsreden immer wieder bereit erklären, sollte man auch mal die Ideen und Vorschläge des politischen Mitbewerbers gelten lassen.
Wenn es selbst bei Anträgen wie der Holz-Zertifizierung, bei der grundsätzlich Einigkeit besteht, nicht möglich ist, die Hand zu reichen, wird sich an der politischen Kultur absehbar nichts ändern. Ich zitiere an der Stelle erneut Nidderaus SPD-Urgestein Bernd Reuter: „Man muss auch gönnen können.“ Das gilt natürlich für alle. (Von Jan-Otto Weber)