Pachtvertrag für Mehrzweckhalle in Erbstadt geplatzt

Nidderau. Die Erbstädter sind gebeutelt. Im Dezember 2018 schloss der Lebensmittelladen Rupp. Zum Ende des Jahres 2019 machte dann die Metzgerei Kullmann zu. Auch die Allgemeinmedizinerin Ursula Ronner-Gockert gab ihre Praxis auf. Zeitgleich legte die Pächterin der Mehrzweckhalle Marijana Kocunic-Kling den Kochlöffel nieder.
Von Jan-Otto Weber
Immerhin in diesem Punkt konnte Bürgermeister Gerhard Schultheiß (SPD) Anfang Dezember Hoffnung für den kleinsten Nidderauer Stadtteil machen: „Nachdem zwischenzeitlich ein anderer Interessent abgesprungen war, ist nun ein neuer Pächter für die Gaststätte gefunden“, verkündete er. „Der Übergang wird dann zum neuen Jahr stattfinden.“
Stadt zieht Auflösungsoption
Doch auch im Verlauf des Januars tat sich in der Wirtschaft der Mehrzweckhalle nichts. Keine Renovierungsarbeiten, keine Umzugsaktivitäten. Nun stellt sich heraus, dass die Erbstädter auf die Wiedereröffnung der Gaststätte im Bürgerhaus doch noch länger warten müssen, denn diese Woche haben die designierten neuen Pächter der Stadt definitiv abgesagt.
Sie wollten, zusätzlich zu einem Restaurant an der Frankfurter Straße in Kilianstädten, die Bürgerhausgaststätte eigentlich Ende des Monats wiedereröffnen. Doch die vertraglichen Voraussetzungen konnten offenbar nicht in Gänze erfüllt werden, sodass die Stadt die Option des Auflösungsvertrags zog.
Zwei Bewerber haben Interesse
Inzwischen ist der Magistrat jedoch mit zwei weiteren Bewerbern im Gespräch, wie Bürgermeister Schultheiß auf Nachfrage unserer Zeitung mitteilt. Ob, wann und für wen der beiden Interessenten eine positive Entscheidung fallen wird, konnte der Rathauschef zeitlich nicht abschätzen. Erster Stadtrat Rainer Vogel (Grüne) sagte am Donnerstag dazu: „Wir werden uns erst wieder zu diesem Thema äußern, wenn wirklich alles in trockenen Tüchern ist.“
Ortsvorsteher Peter Hens (SPD) drückt sein tiefes Bedauern über die derzeitige Entwicklung in Erbstadt aus. „Im Ort gibt es nur noch die Themen Metzger, Hausarzt und Mehrzweckhalle. Für die neuen Pächter wäre es jetzt zur Faschingszeit eine Möglichkeit gewesen, die Leute im Ort kennenzulernen und sich zu etablieren“, sagt er mit Blick auf die Faschingssitzungen der Erschter Noachteule. „Da war sonst auch die Wirtschaft immer voll. Momentan sind wir hier wirklich auf dem Mond.“
Wenigstens scheinen die Faschingssitzungen durch die geschlossene Gaststätte nicht beeinträchtigt zu sein. Die Noachteule organisieren die Bewirtung selbst über die Saaltheke und die Sektbar neben der Bühne. „Wir machen das alles in Eigenregie“, bestätigt Sebastian Schlötter, zweiter Vorsitzender des Karnevalvereins. „Aber natürlich ist die Dorfsituation auch bei unseren Sitzungen Thema.“
Sanierung im Pfaffenhof weiteres Thema
Ein anderer Erbstädter Dauerbrenner steht derweil auf der Tagesordnung der Stadtverordnetenversammlung. Es geht um die Sanierung des Belags im Pfaffenhof, dem historischen Wahrzeichen Erbstadts. Der ehemalige Wirtschaftshof des Klosters Ilbenstadt wurde im Lauf der Jahrhunderte als Rathaus, Standesamt, Volksschule und als Flüchtlingsunterkunft genutzt. 2008 wurde das Gebäude saniert. Mehrere Vereine nutzen die Räumlichkeiten.
Die Stadt will dort die neue Arztpraxis einrichten, falls sich noch ein Interessent findet. Auch das Feuerwehrgerätehaus steht auf dem Areal. Zudem feiern die Erbstädter dort jeden Sommer ihr zweitägiges Dorffest. Die Remise hat ein Privatmann gekauft.
Innenhof soll attraktiver werden
Bereits im Oktober 2019 hat die SPD Eichen–Erbstadt einen Antrag an die Stadtverordnetenversammlung initiiert, die Erneuerung des Hofbelages im Pfaffenhof zu prüfen. Auch der Ortsbeirat und die Vereinsgemeinschaft Erbstadt fordern dies seit langem. Für die Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag hat nun auch die CDU-Fraktion einen eigenen Antrag eingereicht.
Der vierseitig umschlossene Platz im Pfaffenhof hat derzeit nur im Mittelbereich ein kleines Wiesenstück mit einem Laubbaum, die Restfläche ist ein Asphaltbelag mit mehrfachen Aufbrüchen und deutlich sichtbaren Schadensstellen. „Die Attraktivität und Nutzung des Innenhofes könnte durch die Umgestaltung und Entsiegelung des derzeitigen Asphalt-Hofbelages deutlich erhöht werden“, argumentiert Markus Maier, stellvertretender SPD-Ortsbezirksvorsitzender.
„Dabei dürfen aber die Belange der Nutzer wie zum Beispiel die freiwillige Feuerwehr nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Das Wiesenstück, aktuell vor allem in Nutzung als Hundetoilette, wäre ebenso zu überplanen.“
Brunnen soll wieder in Betrieb genommen werden
Zudem soll auf Antrag von SPD und Grünen die Wiederinbetriebnahme des Brunnens in der Wetterauer Straße auf Höhe der Mündung Erbsengasse/Linsengasse geprüft werden, gegebenenfalls als Trinkwasserbrunnen. Angesichts der aktuellen Dorfentwicklung wäre dies aber wohl nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.