22-Jährige macht reinen Tisch, gesteht die zweifache Urkundenfälschung, die ihm Amtsanwältin Pia Schulmeyer in der Anklageschrift vorwirft. „Das war mit einem Computerprogramm ganz einfach“, sagt er. Ein volles Geständnis, das der Wahrheit entspricht.
Doch dann kommen die ersten Ausflüchte, als Richterin Santi Bhanja nachhakt, was denn der Grund für die Fälschungen des Angeklagten gewesen sei. „Probleme beim Pinkeln“, lautet die erste Version. Dann sind es finanzielle Probleme. „Ich hatte kein Geld, jeder dieser Tests kostet 25 Euro.“ Die beiden Juristinnen stutzen. Sollen sie sich jetzt ein Motiv aussuchen? Doch das Geständnis reicht völlig.
Also versucht die Amtsrichterin, sich mit der Zukunft des jungen Mannes zu beschäftigen. „Haben Sie denn eine Beschäftigung?“ Nein, die hat er derzeit nicht. „Aber ich habe ab 1. September einen Ausbildungsplatz bei einem Nidderauer Unternehmen“, sagt er. Ja, und außerdem habe er sich noch bei einer bundesweiten Transportfirma beworben.
Das hört sich doch gut an, das könnte eine gute Prognose sein. Doch der junge Mann hat seine Rechnung ohne die pfiffige Richterin gemacht. Denn sie greift mitten in der Verhandlung zum Telefon, ruft in Nidderau an und stellt auf Lautsprecher, damit es jeder im Saal hört. „. . . stellen Sie zum 1. September einen Auszubildenden ein?“, fragt Bhanja. „Ja, das machen wir, wir stellen einen Azubi ein“, heißt es aus der Personalabteilung. „Und der Azubi heißt K?“, hakt Bhanja nach. „Nein, der heißt anders. Herrn K. haben wir bereits schriftlich abgesagt, und ich habe ja mit ihm bereits telefoniert.“ Aua! Jetzt wird es richtig ungemütlich auf der Anklagebank, denn von Richterin Bhanja kommt postwendend eine klar formulierte Standpauke: „Mit der Wahrheit nehmen Sie es nicht so genau. Sie punkten hier eher, wenn sie ehrlich sind.“ Das sitzt.
Doch der 22-Jährige scheint sich seit der Fälschung deutlich gebessert zu haben. Das bestätigt ausgerechnet die clevere Bewährungshelferin, die er hinters Licht führen wollte. Sie lobt ihn: „Ich weiß immer noch nicht, warum er das mit den gefälschten Befunden gemacht hat. Aber der Bewährungsverlauf ist gut, Herr K. kommt zu allen vereinbarten Terminen und er macht regelmäßig Drogenscreenings beim Kreisgesundheitsamt.“
„Und die sind aber wirklich echt?“, will die Richterin wissen und kann sich ein süffisantes Lächeln nicht verkneifen. „Ja.“ Für Amtsanwältin Schulmeyer ist der Fall eindeutig. Zwei Fälle von Urkundenfälschung. Das macht zusammen neun Monate Haft – auf Bewährung. „Er hat uns hier vorgegaukelt, er habe eine Anstellung“, so die Anklägerin, die die Aussage sehr diplomatisch als „unglücklich“ bezeichnet und sich schließlich persönlich an den Nidderauer wendet: „Es wäre sehr wichtig für Sie, dass Sie sich eine Ausbildung suchen. Wenn Sie so weitermachen, dann wird Ihre Bewährungshelferin Ihnen bestimmt helfen können.“
Das Schlusswort hat Amtsrichterin Bhanja mit ihrem Urteil. Sie verhängt neun Monate auf Bewährung gegen den 22-Jährigen und fügt als Auflage noch 150 Stunden gemeinnützige Arbeit hinzu: „Sie sollen schon spüren, dass das hier nicht in Ordnung gewesen ist. Außerdem sind sie, was die Beschäftigung angeht, unterversorgt.“ (Von Thorsten Becker)
Bei einer Polizeikontrolle auf der A5 bei Weiterstadt versuchte ein 46 Jahre alter Autofahrer die Polizisten mit einer gefälschten Urinprobe reinzulegen. Vergeblich.