Maintaler Volksbühne begeistert mit „Spatz und Engel“

Edith Piaf und Marlene Dietrich gemeinsam auf einer Bühne: Zwei Frauen, wie sie unterschiedlicher nicht sein können. Beide Stars und Stilikonen des 20. Jahrhunderts. Die Künstlerinnen verband eine langjährige Freundschaft, weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit. Diese außergewöhnliche langjährige Beziehung, die vermutlich eine Liebesaffäre einschließt, bringen Daniel Große Boymann und Thomas Kahry in einem Theaterstück mit Live-Musik auf die Bühne.
Maintal - 2013 wurde „Spatz und Engel“ am Wiener Burgtheater uraufgeführt und feiert seither in Deutschland und auch international Erfolge. Das musikalische Schauspiel, das einen Blick „durch das Schlüsselloch“ auf den „Spatz von Paris“ und den „blauen Engel“ wirft, fügt zugleich die weltbekannten Chansons der beiden Künstlerinnen dramaturgisch geschickt ein. Damit wird das Stück zu einer musikalischen Zeitreise und einem einzigartigen Hörgenuss.
Zu den stärksten und emotionalsten Momenten des Schauspiels zählt das „Non, je ne regrette rien“, das die todkranke Edith Piaf, wunderbar gespielt von Heleen Joor, am Krankenbett anstimmt und leidenschaftlich mit rauer Stimme beinahe hinausschreit. Wenn die Dietrich auf einer „Heimattournee“ 1960 „Sag mir, wo die Blumen sind“ singt, verdichtet sich das keineswegs unbelastete Verhältnis zwischen der Diva und dem deutschen Publikum symbolisch.
Ursprung im New York der 1940er Jahre
Der Ausgangspunkt des Schauspiels „Spatz und Engel“ ist das New York Ende der 1940er Jahre. Marlene Dietrich ist bereits ein Star in den USA, Piaf versucht dort Fuß zu fassen, kommt aber zunächst beim Publikum nicht an. In Amerika begegnen sich die stilbewusste, immer elegant gekleidete, große und kühl wirkende Marlene und die quirlige, sehr direkte, kleine Edith, deren dröhnendes, fast dreckiges Lachen immer ein wenig zu laut wirkt und die sich gerne ordinär ausdrückt.
Edith Giovanna Gassion, die nur 1,47 Meter groß war und deshalb als „Piaf“ (Spatz) bekannt wurde, wächst bei ihrer Großmutter in einem Bordell in der Normandie auf. Ihre Eltern sind Straßenkünstler, das Kind ist früh sich selbst überlassen, singt auf der Straße. Marie Magdalene Dietrich hingegen wird in eine preußische Offiziersfamilie hineingeboren, sie genießt eine hohe Schul- und musikalische Ausbildung und steht früh auf der Bühne.
Piaf und Dietrich: eine Freundschaft der Gegensätze
Bei allen Gegensätzlichkeiten fühlen sich die Frauen magnetisch voneinander angezogen. Es entwickelt sich eine innige Freundschaft (und Affäre). Gleichzeitig feiert jede der Frauen künstlerische Erfolge. Beide sind sie auf der Suche nach der großen Liebe, beide erleben sie Höhen und Schicksalsschläge. Dramatisch ist der Tod des geliebten Freundes Marcel Cerdan. Die viel ältere Marlene Dietrich (1901 bis 1992) sorgt sich mütterlich, sie kann jedoch den Absturz in Alkohol- und Drogensucht nicht verhindern. Edith Piaf (1915 bis 1963) stirbt mit nur 47 Jahren.
Über die Beziehung der beiden Frauen ist wenig an die Öffentlichkeit gelangt. Marlene Dietrich war Trauzeugin bei Edith Piafs Hochzeit mit dem Sänger Jacques Pills. Von diesem und anderen Ereignissen werden vergrößerte Schwarz-Weiß-Fotografien der beiden Frauen auf die Bühnenleinwand geworfen. In Verbindung mit bekannten Chansons wie „Milord“, „Just a Gigolo“ oder „La Vie en rose“ ist das Theaterstück eine Hommage für zwei besondere Frauen und Ausnahmekünstlerinnen.
Maintaler feiern Fritz-Rémond-Theater
Im fast ausverkauften Bürgerhaus wurde die Inszenierung des Fritz-Rémond-Theaters aus Frankfurt – unterwegs mit dem Tourneetheater Thespiskarren – mit großer Begeisterung und lange anhaltendem Applaus aufgenommen. Im dritten Anlauf, nach verschobenen Aufführungen 2020 und 2021, freuten sich Ulrich und Katharina Lüer, die Vorsitzenden der Volksbühne, „ein so tolles Ensemble bei uns zu haben“. Sie habe das Stück bereits zweimal gesehen, sagte Katharina Lüer, und sie freue sich riesig. „Ich könnte es noch zweimal sehen.“
Kurzentschlossene Theaterbesucher können für die kommenden Veranstaltungen „Hexenschuss oder der Bandscheibenvorfall“ und „Lord Arthurs Verbrechen“ noch Tickets kaufen. Mit der Farce von John Graham am 19. April und der Kriminalkomödie von Oscar Wilde stehen zwei unterhaltsame Stücke auf dem Programm. „Lord Arthurs Verbrechen“ bringt das Amateurtheater Wachenbücher Weltenbühnchen in einer Inszenierung von Chris Goy zur Aufführung. Die Vorstellungen in Wachenbuchen sind ausverkauft, für die Vorstellung im Bürgerhaus Bischofsheim am Samstag, 6. Mai, gibt es noch Karten zu kaufen.
Infos im Internet: volksbuehne-maintal.de
Von Ulrike Pongratz