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Wachenbuchener Jubiläums-Kerb findet 2021 statt - Kontaktarme Zeit trifft die Maintaler Vereine

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Die Kerb in Wachenbuchen hat Strahlkraft in der ganzen Region. Doch aufgrund der Corona-Pandemie findet die Veranstaltung in diesem Jahr nicht statt. © Hans-Jürgen Stumpf

Die Kerb in Wachenbuchen fällt aus. Solange sich die Stefan Schmidt und Rolf Koch vom Blasorchester Wachenbuchen (BOW) zurück erinnern können, war dies noch nie der Fall.

„Der Kerbmontag ist der höchste Feiertag in Wachenbuchen“, erläutern die beiden Vorstandsmitglieder des BOW. Jedoch mit dem Beschluss der Bundesregierung, alle Großveranstaltungen bis 31. August auszusetzen, ist auch das Aus für das größte Fest im kleinsten Stadtteil Maintals besiegelt worden. Für das Blasorchester Wachenbuchen, das zu seinem 60-jährigen Jubiläum die Kerb gerne organisiert und durchgeführt hätte, eine weitere herbe Enttäuschung in einem „Jubiläumsjahr mit viralem Fehler“. 

Noch am 7. April – Vorstand und Kerbausschuss tagen an diesem Abend zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte per Videokonferenz – war man zuversichtlich. Das Jubiläumsprogramm stand, alle Musiker hatten zugesagt, der Festplatz war angemietet. Schließlich hatte Stefan Schmidt, Ressortleiter Kultur des Vereins, noch einen Erfolg zu verkünden: Er hatte nach 40 vergeblichen Anfragen endlich einen neuen Verleiher für ein passendes Festzelt gefunden. Dennoch stand am Ende die bange Frage im Raum, ob die Kerb überhaupt stattfinden könne. 

Vorbereitungen laufen seit September 2019

Bereits eine Woche später, am 15. April, wird den Organisatoren die Entscheidung abgenommen: Bis 31. August finden bundesweit keine Großveranstaltungen statt. Einerseits würden sie die Kerb schmerzlich vermissen, andererseits sei es auch gut, dass die Diskussionen damit beendet seien, so Timo Stein, Vorstandsmitglied der Freien Turnerschaft Wachenbuchen (FTW), Gründungsmitglied von „HometownLove Wa-chenbuchen“, einer offenen Gruppe „Von Wachebüscher für Alle & Jeden“ in den sozialen Medien. „Die Kerb ist das Kulturfest nicht nur in Wachenbuchen; sie ist überregional bekannt. An vier Tagen kommen zwischen acht- und zehntausend Besucher in den kleinen Maintaler Stadtteil,“ sagt Stein. Die Kerb besitze Strahlkraft nach außen und nach innen; alle Vereine, auch die kleinen, zögen an einem Strang und machten mit. Das Fest ausrichten und or-ganisieren übernehmen zu-meist die größeren Vereine, wie die Freiwillige Feuer-wehr, die FTW, die Kewa oder eben das BOW. 

Seit Ende September 2019 sind Stefan Schmidt und der Kerbausschuss mit der Vorbereitung beschäftigt. „Nach der Kerb ist vor der Kerb“, heißt es in Wachenbuchen. Die Planung abzubrechen bedeutet für den Ressortleiter Kultur des BOW weiterhin Arbeit: „50 Absagen habe ich geschrieben“, so Schmidt. „Nur vier Verträge waren bislang unterschrieben, doch selbst die Künstler haben kein Ausfallhonorar erhoben. Alle zeigten sich sehr solidarisch.“ Finanzielle Probleme bereiten den Vereinsvorsitzenden derzeit die geringsten Sorgen, vielmehr fragen sich alle, wie es weitergehen soll. „Das Konzert in Mittelbuchen, das wir im Oktober gemeinsam mit der Feuerwehrkapelle Bruchköbel geben wollen, steht auf der Kippe“, sagt Wolf-Günther Koch, der erste Vorsitzende. Das Stammorchester habe seit März nicht mehr gemeinsam geprobt. 

Kewa feiert nächstes Jahr 110-jähriges Jubiläum

Zwar laufe der Unterricht an den Instrumenten seit geraumer Zeit über Skype, Facebook und Co., doch an ein gemeinsames Üben sei nicht zu denken. „Es ist auch schwierig, die Motivation zum Wiederholen hochzuhalten, Ansporn und Freude fehlen.“ Etwas gemeinsam auf die Beine zu stellen, das steht nicht nur bei den Musikern im Vordergrund, sondern ebenso bei allen anderen Vereinen. Die Vorsitzenden sorgen sich um das Vereinsleben, weshalb sie über kleine „Solidaritäts-Veranstaltungen“ nachdenken, für das Wohnstift in Hochstadt beispielsweise, wo ein paar Bläser im Innenhof ein kleines Konzert geben, für andere Künstler oder für die kleine Brauerei im Spessart.

Die Planungen und Ideen für die Kerb werden nun an die „Kewa“ weitergereicht. Die Turn- und Spielvereinigung „Kewa“ Wachenbuchen kann nächstes Jahr auf stolze 110 Jahre zurückblicken, gefeiert wird die Jubiläums-Kerb vom 6. bis 9. August 2021.

Dörnigheimer Septemberfest und Bischofsheimer Straßenfest sind auch abgesagt

 Selbst das traditionelle Septemberfest der evangelischen Kirchengemeinde wird dieses Jahr nicht stattfinden. „Aus bekannten Gründen“, sagt Pfarrer Eckhard Sckell. „Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht, aber unter den aktuellen Gegebenheiten funktioniert es nicht. Das Fest lebt von der Begegnung.“ Letzte Woche wurde das Septemberfest einvernehmlich abgesagt, denn auch hier braucht es einen großen Vorlauf. Auch das Straßenfest in Bischofsheim ist auf das kommende Jahr verschoben. 

Am Telefon erzählt Andreas Derflinger, Vorsitzender des Bischofsheimer Vereinsring, dass man innerhalb des Vorstands und selbstverständlich mit den Vereinen, die sich auf dem Straßenfest präsentieren wollten, intensiv und lange diskutiert hätte. Der Vereinsring ist seit Februar mit Vorbereitungen beschäftigt: die Flyer waren fertig zum Druck, das Programm mit aktuellen Schaustellern und Vereinen war ebenfalls fertig. Derflinger und viele ehrenamtliche Helfer haben ihre ganze Urlaubsplanung auf das Straßenfest abgestimmt. 

Schausteller bekräftigen ihr Interesse und wollen 2021 nach Maintal kommen

Auch der Vereinsring musste „in den sauren Apfel beißen“, so Derflinger, doch hätte niemand eine Chance gesehen, unter den aktuellen Gegebenheiten zirka 3000 bis 5000 Besucher auf Abstand zu halten. „Für mich zieht die Absage des Straßenfestes noch einen ganzen Rattenschwanz hinterher“, meint er, „ich muss alles stornieren.“ Schausteller und Vereine haben die Entscheidung respektiert, viele freuen sich auf das Fest im nächsten Jahr: „Streich einfach 2020! Unsere Anmeldung bleibt bestehen, wir kommen gerne nach Maintal,“ war meist die verständnisvolle Antwort. Reaktionen wie diese machen allen Verantwortlichen Mut. 

Vielfach haben sie tatsächlich noch keine Idee, wie es weitergehen kann mit öffentlichen kulturellen Festen und sportlichen Veranstaltungen. Befürchtungen, dass Mitglieder, Förderer und Freunde sich anders orientieren, sind nicht von der Hand zu weisen, vor allem, wenn die Situation auf lange Sicht so bleiben sollte.

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