Gerhard Kofflers zeitraubendes, aber exotisches Hobby

Maintal. Natürlich kann nur die Weinbergstraße am Rande von Hochstadt zum Weinberg des Winzervereins führen. Dort muss Gerhard Koffler regelmäßig die Weinreben spritzen, um Schädlinge und Schimmel von den wertvollen Reben fernzuhalten.
Von Monica Bielesch
Vorbei an Streuobstwiesen und dem Hofladen des Weinberghofes und an der Hartig geht es hoch auf die Anhöhe am Ende der Weinbergstraße. Am Weinberg „Hoher Rain“ angekommen öffnet sich ein herrlicher Blick auf die Skyline von Bischofsheim und Frankfurt. „Hier ist einer der schönsten Plätze von Hochstadt“, findet auch Gerhard Koffler, der als Präsident des Winzervereins oft hier ist. „Hier macht das Arbeiten Spaß“, lacht er und setzt einen kecken Strohhut auf.
Denn als einer von drei Mitgliedern des Hochstädter Winzervereins hat er den nötigen „Sachkundenachweis Pflanzenschutz“, um Pflanzenschutzmittel zu erwerben und zu spritzen. Die Weinreben auf dem rund 4500 Quadratmeter großen Weinberg gehören sieben Vereinsmitgliedern, gepflegt werden sie alle von Koffler. „In dieser Saison habe ich die Spritzungen alleine gemacht.“ Dazu muss er im Schnitt alle zwei Wochen auf den Weinberg.
In den Reihen blitzen tief violette Weinbeeren zwischen den Blättern hervor. „Das ist der Rote Hochstädter, eine sehr robuste Sorte“, erklärt Koffler. Auch Roter Regent wächst hier und Weißer Gutedel oder Johanniter. Die sanft grün-gelben Weinbeeren an seinen Weinstöcken sind Riesling-Weinbeeren. Die sind besonders empfindlich gegen Druck. Per Hand hat Koffler schon im Frühjahr die Rispen ausgedünnt, damit die einzelne Beere mehr Platz hat.
An diesem Tag spritzt er ein pflanzliches Mittel gegen Schorf und echten Mehltau. Im Kofferraum seines Wagens hat er alle Zutaten dabei: zwei Kanister mit zehn Litern Wasser. „Das ist die Menge für einen Tank.“ Zwei Tütchen mit weißem Pulver holt er noch hervor, insgesamt 80 Gramm Kaliumhydrogencarbonat, und eine Flasche mit einer wachsfarbenen Flüssigkeit. Kaltgepresstes Orangenkernkonzentrat: „Das ist sauteuer“, verrät der gebürtige Österreicher. Es wirke wie Spüli und sorgt dafür, dass sich das gespritzte Mittel gut auf Blätter und Früchte legt. Heute will der 72-Jährige nur die Traubenzone spritzen. „Da bin ich schnell fertig.“ Wenn er auch noch das ganze Blattwerk spritzt, braucht er für einen Durchgang zwei bis drei Stunden.
Sorgfältig mischt er seine Zutaten zusammen und gießt alles in seinen gelben Rückentank. An den Tankschlauch schraubt er eine lange Düse, schnell noch die Windrichtung geprüft und los geht's: Gleichmäßig und langsam benetzt er alle Trauben mit dem Mittel. Jeder Weinstock wird von beiden Seiten bearbeitet. Mit Blick auf die Frankfurter Skyline arbeitet sich Koffler durch die Weinstöcke. Vor 13 Jahren trat er dem Winzerverein bei. Heute schwärmt er für sein Hobby. „Es ist toll zu sehen, wie der Wein, den ich gerne trinke, entsteht“, so Koffler. In diesem Jahr sei das Wetter eigentlich sehr gut für die Weinstöcke gewesen. „Jetzt braucht es nur noch viel Sonne.“ Insbesondere der Riesling als kompakte Sorte sei empfindlich gegen zu viel Regen. „Die Weinbeeren faulen dann oder kriegen schneller falschen Mehltau.“
Über jede seiner Spritzungen führt Koffler genau Buch. Akkurat notiert er Mengen, Datum, Mittel in einem großen Ordner. Denn ein regelmäßiger Turnus ist wichtig und er muss die Wirkzeiten der Pflanzenschutzmittel beachten. Diese Mittel sind heutzutage alle bienenverträglich.
Bei seinem Gang durch die Weinstöcke entdeckt Koffler zwei abgestorbene Stöcke. „Die waren vor zwei Wochen noch in Ordnung.“ Er prüft überall die Blätter, schaut sich vorsichtig die Weinrispen an.
Der Rentner mit dem besonderen Hobby liebt, was er tut. Und in zwei Wochen „darf“ er schon wieder auf den Weinberg, um zu sehen, wie sein Wein entsteht.