Europa zu Gast - Maintaler Fraktionen werben für die Europawahlen

Maintal. Der vergangene Samstag stand ganz und gar nicht im Zeichen der Eintracht: zumindest nicht sportlich, wohl aber politisch. Doch ursprünglich hätte am Dörnigheimer Mainufer das Bundesliga-„Endspiel“ zwischen den Adlerträgern und dem Rekordmeister aus München eine zentrale Rolle gespielt.
Von Rainer Habermann
Doch auf Höhe der Mainkultur fand kein Public Viewing statt: Die Fernsehrechte eines bekannten TV-Unternehmens verhinderten dies quasi in letzter Minute. Dafür gelang der zweite Teil der Kulturveranstaltung mit sportlichen und politischen Mitteln.
Vier Fraktionsvertreter Maintaler Parteien diskutierten auf einem Podium mit Main-Kultur-Moderatorin Mareike Staufenbiel im Vorfeld der anstehenden Europawahl ihre jeweiligen Vorstellungen vom zukünftigen Europa, nachdem alle Kinder sich beim Bull-Riding oder in der Hüpfburg ausgetobt hatten. Das war ebenso geplant von Ahmet Cetiner, dem Main-Kultur-Pächter.
"Wo war die FDP?"
Doch versammelt das Maintaler Parlament nicht fünf demokratische Parteien? Nun: CDU und SPD saßen mit ihren jeweiligen Fraktionschefs Martin Fischer und Sebastian Maier auf dem Podium, für die Bündnis 90/Die Grünen und WAM waren deren stellvertretende Fraktionsvorsitzenden Friedhelm Duch und Christian Wolf am Start. Entsprechende Pavillons der Parteien luden zum Gespräch vorab ein. Doch wo war die FDP?
Ein Stand der Freidemokraten hatte sich ebenfalls an der Uferpromenade, aber eben neben dem Main-Kultur-Gelände platziert, etwas am Rande, und machte dort Wahlkampf in Sachen Europawahl am kommenden Sonntag.
Nicht genügend Budget
An Prominenz mangelte es bei den Liberalen nicht, sowohl FDP-Ortsverbandsvorsitzender Klaus Gerhard als auch Fraktionschef Thomas Schäfer zeigten Flagge: bloß eben nicht bei der Veranstaltung. Man habe bei den Freidemokraten den örtlichen Etatrahmen für Europa überschritten, schlicht kein ausreichendes Budget mehr gehabt, und deshalb an der Main-Kultur-Veranstaltung nicht teilgenommen, hieß es von Seiten Schäfers und Gerhards.
Cetiner erklärte gegenüber unserer Zeitung: „Wir haben allen Parteien gleiche Konditionen angeboten. Die Veranstaltung war ja auch entsprechend attraktiv, sogar die Wirtschaftsjunioren der IHK Hanau-Gelnhausen-Schlüchtern haben sich mit einem Getränkestand beteiligt. Und für die ausgefallene Live-Übertragung haben wir mit dem Sänger und Gitarristen Erik Dachselt noch am Samstag einen hervorragenden Ersatz gefunden. Dachselt wird am 1. Juni einen ganzen Nachmittag lang die Mainkultur musikalisch bereichern.“
Einig in Sachen Europa
Tatsächlich lieferte der Barde mit gewaltigem Stimmumfang eine ausgesprochen gute Figur ab. Und überhaupt glich die gesamte Veranstaltung einem entspannten Picknick bei Frühlingswetter mit politischem Hintergrund. Sie verdiente den Begriff „Eintracht“ vielleicht mehr als das verpatzte Saisonfinale der Adlerträger. Denn trotz natürlich unterschiedlicher Parteikonzepte im Detail waren sich alle Fraktionen auf dem Podium relativ einig: Europa solle mit einer Stimme sprechen, was Klima-, Außen- und Sicherheitspolitik angehe.
„Europa muss der vernünftige Pol auf diesem Planeten sein“, drückte es beispielsweise Maier aus. Und Duch nannte sogar gleich zwei Sozialdemokraten in nur einem Atemzug als Synonyme für große Europäer: „Wählen Sie am kommenden Sonntag auf jeden Fall überzeugte Europäer im Geiste etwa von Willy Brandt oder Martin Schulz, auch wenn sie nicht bei den Grünen sind.“
Wählen für die Zukunft
Wie sahen das die Gäste? Gehen sie wählen am kommenden Sonntag? Wo machen sie ihr Kreuz? Auf die letzte Frage erhielten wir freilich keine Antwort. Aber die Resonanz auf das Podiumsgespräch war durchaus engagiert; man spürte, dass Menschen heute wesentlich mehr über Europa nachdenken als vielleicht noch vor fünf Jahren. Auch wenn die Atmosphäre am Main eher von Chillen und Relaxen geprägt war.
Francisca Maier, eine junge Mutter von vier Kindern aus Mühlheim-Lämmerspiel, drückte es so aus: „Es ist unglaublich wichtig, gerade diesmal wählen zu gehen. Gerade wenn man Kinder hat. Denn für die soll der Planet doch auch noch da sein, wenn sie erwachsen sind.“