Dialogpredigt in Bischofsheim mit Frank Sennhenn

Maintal. Die Besucher des evangelischen Gottesdienstes in Bischofsheim wurden nicht nur von Pfarrer Jens Heller, sondern auch von Frank Sennhenn begrüßt. Gemeinsam gingen sie der Frage nach, was Manager wie Mitarbeiter heute lernen können von Mose und seiner Verantwortung Gott und dem Volk Israel gegenüber.
Von Ulrike Pongratz
Sennhenn, Vorstandsvorsitzenden der DB Netz AG, bekennender Christ und seit seiner Kindheit dem CVJM (Christlicher Verein Junger Menschen) in Darmstadt-Arheiligen bis heute in verschiedenen Positionen eng verbunden, hat gemeinsam mit Jens Heller die Kirchenfeier an Jubilate zum Thema „Leben – Glauben – Arbeiten“ entwickelt und ausformuliert.
Biblische Grundlage des lebendigen und lebensnahen Dialogs ist die Erzählung vom Auszug aus Ägypten (2 Mose 18, 13–24, Luther 2017), „der den Israeliten bestimmt leichter gefallen wäre, wenn es ein Schienennetz gegeben hätte“, wie Heller augenzwinkernd anmerkt.
Mose konnte die Menschen begeisternHeute würde man Mose als einen charismatischen Führer, als jemanden, der die Mitarbeiter mit zukunftsweisenden Visionen begeistern und mitreißen kann, bezeichnen. Vor 3000 Jahren begeisterte er das Volk Israel. Ungefähr 600 000 Mann machten sich zu Fuß auf einem langen und gefährlichen Weg durch die Wüste Sinai. Heller und Sennhenn haben über einen Zeitraum von sechs Wochen die alttestamentarische Erzählung gelesen, analysiert und daraus Fragen und Antworten abgeleitet, die erstaunlich aktuell und zeitgemäß daherkommen.
Drei Fragen richtet Heller an den Chef von 45 000 Mitarbeitern: die Frage nach seinem persönlichen Draht zu dem, was die Mitarbeiter bewegt, nach seinem Kompass für Richtungsentscheidungen und ganz persönlich nach einem Ratschlag, der seine Laufbahn maßgeblich beeinflusst habe. Sennhenn, dessen Urgroßvater und Großvater bereits im Unternehmen der Bahn tätig waren, der sehr ruhig, freundlich und wie selbstverständlich neben Heller im Altarraum der Kirche steht, sagt ehrlich: „Nein. Ich habe bei allem Bemühen keinen direkten Draht zu meinen Mitarbeitern.“ Den Spagat zwischen delegieren und „nahe dran sein“ müssten wir alle machen.
Manager und Mose kennen die gleichen UmständeDieses Dilemma habe bereits vor 3000 Jahren existiert, wie sich beim Lesen des Bibeltextes zeige. „Nach einiger Zeit geht es Mose wie uns Managern auch: Einzelne rebellieren hin und wieder, viele wissen es besser, reden gegen die Vision.“
Mose hält das nicht auf, er sieht sich in der Verantwortung gegenüber Gott. Zunächst versucht er es, allen „recht“ zu machen. Tag für Tag spricht Mose Recht, schlichtet Streit, beantwortet Fragen. Sein Schwiegervater Jitro erkennt, dass die Israeliten nicht mehr vorankommen auf ihrem Weg und gibt Mose den Rat, eine Organisation aufzubauen. „Es gibt Chefs mit 1000, 100, 50 oder zehn Mitarbeitern. Ich glaube, das kennen wir alle auch“, transformiert Sennhenn die biblische Erzählung in die heutige Zeit.Bei allen unterschiedlichen
Interessen, die Europäische Union, die Bundes- und Landespolitik bis hin zu Bürgermeister, Betriebsrat oder Gewerkschaft täglich an den Vorstand herantrügen, die Zufriedenheit der Mitarbeiter habe oberste Priorität. Sennhenn hält sie für „zwingend notwendig“, damit ein Unternehmen auf Dauer erfolgreich bestehen kann.Die Maschinen, die technische Infrastruktur sei überall die gleiche, die Motivation der Mitarbeiter mache den Unterschied, ist sich der Vorsitzende der DB Netz AG sicher. An einen einzigen Ratschlag könne er sich nicht erinnern, vielmehr habe seine Familie, vor allem aber sein Engagement im CVJM seine Laufbahn beeinflusst. Bereits mit elf Jahren habe er die Kindergruppe geleitet, übernahm als Jugendlicher ehrenamtlich Vorstandsarbeit im Verein.
Ganz im Sinne des biblischen Beraters Jitro, überlässt Sennhenn heute die aktive Jugendarbeit der jüngeren Generation und finanziert diese mit einer halben Stelle.