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Kurioser Crash bei Bad Orb enttarnt mutmaßliche Drogenschmuggler - Prozess in Hanau beginnt

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Von: Thorsten Becker

Unfall enttarnt riesiges Drogenversteck: Nach der kuriosen Kollision auf der A66 bei Bad Orb sammelt die Polizei 137 Kilogramm Marihuana ein – vor dem Landgericht hat am Freitag der Prozess begonnen. Archivfoto: PRIVAT
Unfall enttarnt riesiges Drogenversteck: Nach der kuriosen Kollision auf der A66 bei Bad Orb sammelt die Polizei 137 Kilogramm Marihuana ein – vor dem Landgericht hat am Freitag der Prozess begonnen. Archivfoto: PRIVAT © -

Eine Pinkelpause auf der Autobahn A66 führt zu einem kuriosen Kriminalfall: Jetzt muss sich ein Drogenschmuggler-Paar aus Italien vor dem Landgericht Hanau verantworten. Es geht um Rauschgift im Schwarzmarktwert von rund einer Million Euro.

Main-Kinzig-Kreis/Hanau – Somalia, Italien, Sardinien, USA, Puerto Rico, Berlin. Giuseppe C. (67) ist in seinem Leben viel herumgekommen. Doch diese Reise, die am 26. Juli vergangenen Jahres auf der Kinzigtal-Autobahn so abrupt endet, wird er wohl nie vergessen. Vor allem, weil C. seit diesem Tag in Untersuchungshaft sitzt.

Denn der langjährige Gastronom und Oberkellner steuert ein Wohnmobil und verspürt mitten auf der A66 ein dringendes, allzu menschliches Bedürfnis. Also bremst er ab und kommt wenige Meter hinter der Anschlussstelle Bad Orb/Wächtersbach auf dem Seitenstreifen zum Stehen. Er geht in den hinteren Teil des Ford-Caravans – auf die Toilette.

Innerhalb kürzester Zeit wird daraus jedoch ein Freiluftsitz, denn der Fahrer eines Lastwagens verschätzt sich und rammt das Wohnmobil seitlich. Der Aufbau wird durch den Aufprall komplett zerstört und verteilt sich über die Fahrbahn und die Bankette. Glück im Unglück: C. und seine deutlich jüngere Beifahrerin Monica P. (40) überstehen diesen Horror-Crash ohne größere Verletzungen.

Autobahnpolizei entdeckt nach Unfall 137 Kilogramm Marihuana

Das Pech: Die sofort herbeigerufenen Streifenbeamten der Autobahnpolizei staunen nicht schlecht, als sie am Unfallort zwischen den Trümmern überall Plastikschläuche mit Marihuana entdeckten. Es ist so viel Rauschgift, dass sich aus Hanau sofort die Fahnder des Drogenkommissariats auf den Weg in den Vorspessart machen. Am Ende sammeln und fegen sie 137 Kilogramm Marihuana zusammen. Nur ein ganz kleiner Rest, das vermeldet die Polizeipressestelle wenige Stunden später, sei offenbar „vom Winde verweht“ worden.

Doch die sichergestellte Menge ist einer der größten Rauschgiftfunde im Kreis und hat einen geschätzten Schwarzmarktwert von deutlich über einer Million Euro. Daher müssen sich die beiden Italiener seit Freitag vor dem Landgericht verantworten. Staatsanwältin Bettina Fauth wirft ihnen illegale Einfuhr vor. Und die Anklägerin nennt auch die Route, die die mutmaßlichen Schmuggler genommen haben sollen. „Von Barcelona, durch Frankreich durch bis ins Saarland“. Offenbar sind beide an diesem Tag auf dem Weg nach Berlin. Doch sie kommen nur bis Bad Orb. Das Marihuana sollen beide in einer doppelten Dachverkleidung des Wohnmobils versteckt haben. Klar wird schon am ersten Verhandlungstag: Das Wohnmobil mit Berliner Kennzeichen gehört weder C. noch seiner Beifahrerin. „Ich habe gar kein Auto“, sagt der Italiener.

Nach kuriosem Drogenfund auf der A66 bei Bad Ob bleiben viele Fragen offen

So bleiben nach dem Prozessauftakt viele Fragen offen: Giuseppe C. und Monica P. sind ein sehr ungleiches Paar. Warum sind sie gemeinsam von Spanien nach Deutschland unterwegs? Wussten sie von dem Versteck? Und: Wer sind die möglichen Hinterleute? Antworten dürfte es am nächsten Prozesstag geben, denn die Strafverteidiger haben Geständnisse in Aussicht gestellt. So kurios der Fall ist, so kurios beginnt auch die Hauptverhandlung vor der 2. Großen Strafkammer an diesem Tag, denn plötzliche, krankheitsbedingte Ausfälle müssen mit viel Improvisationstalent aufgefangen werden.

Doch Richterin Tanja Philipp, die als Vorsitzende einspringt, muss zudem bei den ehrenamtlichen Richtern Lücken schließen. Nur ein regulärer Hauptschöffe sitzt auf der Richterbank. Auf der anderen Seite sind gleich Haupt- und Hilfsschöffe erkrankt. In Windeseile kommt eine weitere Schöffin in die Kammer – der Prozess beginnt pünktlich und wird am Montag, 7. Februar, fortgesetzt. (Von Thorsten Becker)

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