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In die Praxis statt ins Krankenhaus: Leitstelle lotst Patienten bald in Ambulanz oder zum Arzt

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Von: Reinhold Schlitt

Einmalig in Deutschland: Leitstellendisponenten in Gelnhausen und Rettungssanitäter können ab Herbst entscheiden, ob sie einen Patienten einem Krankenhaus oder einer ambulanten Arztpraxis zuweisen.  
 Archivfoto: Reinhold Schlitt
Einmalig in Deutschland: Leitstellendisponenten in Gelnhausen und Rettungssanitäter können ab Herbst entscheiden, ob sie einen Patienten einem Krankenhaus oder einer ambulanten Arztpraxis zuweisen. © Reinhold Schlitt (Archivfoto)

Zwischen Maintal und Sinntal startet im Herbst ein bundesweit einzigartiges Modellprojekt zur besseren Verteilung von Patienten innerhalb der ambulanten und stationären medizinischen Versorgung. Das haben Hessens Sozialminister Kai Klose (Grüne) und die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Hessen mitgeteilt.

Main-Kinzig-Kreis – Damit sollen vor allem die Notaufnahmen entlastet und unnötige Rettungswageneinsätze reduziert werden.

Neben dem Main-Kinzig-Kreis wurden auch der Main-Taunus-Kreis sowie der Landkreis und die Stadt Gießen zu Modellregionen erklärt. Dreh- und Angelpunkt ist eine Schnittstelle zur Durchlässigkeit der digitalen Informationssysteme für den stationären und ambulanten medizinischen Versorgungsbereich.

So erhalten beispielsweise die Zentralen Leitstellen unter dem Notruf 112, aber auch Sanitäter vor Ort die Möglichkeit, Menschen, die aufgrund ihrer Beschwerden nicht in ein Krankenhaus müssen, direkt einer ambulanten Arztpraxis oder dem Ärztlichen Bereitschaftsdienst (ÄBD) zuzuweisen. Der ÄBD seinerseits ist ebenfalls in das Schnittstellenprojekt eingebunden.

Rund 500 Arztpraxen in der Modellregion seien bereit an dem Projekt teilzunehmen

Die Kassenärztliche Vereinigung koordiniert das Vorhaben und geht nach Angaben ihres stellvertretenden Vorstandschefs Dr. Eckhard Starke davon aus, dass zunächst rund 500 Arztpraxen in den Modellregionen bereit sein werden, an dem Projekt teilzunehmen.

Die Praxen loggen sich in ein bislang nur auf Krankenhäuser zugeschnittenes digitales Übersichtssystem ein, aus dem für die Rettungsleitstellen und das Personal der Rettungsfahrzeuge ersichtlich ist, welche Klinik für welche Erkrankung aufnahmebereit ist. Künftig sehen die Beteiligten zusätzlich, welche Haus- oder Facharztpraxis zum Zeitpunkt ihrer Abfrage ebenfalls „frei“ ist. Genauso wie die Kliniken können sich die Arztpraxen kurzfristig wieder „abmelden“, wenn keine Kapazitäten mehr vorhanden sind. Entscheidet sich ein Disponent in der Leitstelle für die Zuweisung in ein anderes Versorgungssystem, dann kann er die Patientendaten digital weiterleiten. Datenschutzrechtlich gibt es nach Angaben der Beteiligten keine Probleme. Das Modellprojekt wird wissenschaftlich begleitet.

Die Verantwortlichen rechnen fest mit einem Erfolg und wollen es so schnell wie möglich auf ganz Hessen ausdehnen, wie KV-Vizechef Starke sagt. Sozialminister Klose lobt das Projekt: „Hessen hat mit diesem Schnittstellenprojekt bundesweit eine Vorreiterrolle eingenommen.“

Main-Kinzig-Kreis: Sozialdezernentin spricht von einem „Quantensprung“

Susanne Simmler (SPD), Erste Kreisbeigeordnete und Sozialdezernentin, spricht von einem „Quantensprung“. Die drei Modell-Landkreise hätten lange schon auf eine solche Verzahnung der Informationssysteme hingearbeitet.

„Unsere Kollegen in den Leitstellen und in den Rettungsfahrzeugen sind die ersten, die mit den hilfesuchenden Menschen in Kontakt sind. Auf ihnen lastet eine besonders hohe Verantwortung für die optimale Übergabe der Hilfesuchenden an die geeignete medizinische Versorgung. Dass es künftig eine Durchlässigkeit der Informationssysteme und der digitalen Kommunikation für den stationären und ambulanten Bereich geben wird, ist eine enorme Bereicherung für die Patientenversorgung“, sagt Simmler.

Gerade der Main-Kinzig-Kreis biete „ideale Voraussetzungen für das Modellprojekt“, denn hier würde es sowohl einen städtisch als auch einen ländlich geprägten Bereich und damit unterschiedliche Bedingungen für die medizinische Versorgung geben.

Für den Kreis ist es innerhalb weniger Jahre bereits der zweite Modellversuch zur Verbesserung des Rettungswesens. 2018 wurde hier das Tele-Notarzt-Modellprojekt eingerichtet, bei dem ein Notarzt online zugeschaltet werden kann, der die Rettungssanitätern im Einsatz bei schwierigen Entscheidungen unterstützt.

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