Thermo Fisher: Proteste gegen Stellenabbau reißen nicht ab

Langenselbold. Der Protest gegen den geplanten Stellenabbau des Unternehmens Thermo Fisher Scientific am Standort Langenselbold dauert an. Dort sollen bis 30. Juni kommenden Jahres 101 Stellen ins Ausland verlagert werden. Gestern wandten sich Politiker auf einer Veranstaltung in der Klosterberghalle gegen die Einschnitte.
Von Reinhard Breyer
Es war eine machtvolle Demonstration der Beschäftigen: Mit einem Autokorso und Hupkonzert machten Beschäftigte des Unternehmens und anderer Betriebe aus der Region ihrem Unmut über die Verlagerung Luft. Bei einer anschließenden öffentlichen Mitgliederversammlung der IG Metall in der Klosterberghalle bekundeten die Erste Kreisbeigeordnete Susanne Simmler (SPD) und der Landtagskandidat Max Schad (CDU) die Solidarität mit den Angestellten des amerikanischen Technologiekonzerns.
Sie appellierten an die Beschäftigten, sich nicht auseinanderdividieren zu lassen. Simmler sagte, angesichts der Unternehmenstaktik dürfe die Region nicht schweigend zuschauen, sondern müsse aufstehen. Hier sei der Schulterschluss der Akteure gefordert. „Lasst euch nur nicht bange machen und nicht teilen, steht zusammen. Wir stehen an eurer Seite.“ Angesichts der außerordentlichen Bilanzen sei eine Verlagerung der Jobs nicht hinzunehmen. Ähnlich Schad, der die Mitarbeiter aufforderte, ihre Positionen klar und deutlich in der Öffentlichkeit zu vertreten. Solidarität sei das Gebot der Stunde. „Wir bieten euch unsere Unterstützung an.“
„Stoppt die Gier, wir bleiben hier“Thermo-Fisher-Betriebsratsvorsitzender Walter Heidenfelde gab sich in der Versammlung zuversichtlich. Es gelte die Devise „Stoppt die Gier, wir bleiben hier“. Und er zeigte sich überzeugt, dass dies gelingen werde. Die Mitarbeiter am Standort Langenselbold zeichneten sich durch Qualifikation und hohes Fachwissen aus. Und dies lasse sich nicht einfach an andere Standorte übertragen.
Neben einer juristischen Vertretung werde man außerdem ein Beratungsunternehmen einbinden, um Grundlage für ein Gegenkonzept zur Jobverlagerung erarbeiten zu lassen. Die Gewerkschaft werde sich dies 60 000 bis 70 000 Euro kosten lassen. Man befinde sich noch in der Informations- und Beratungsphase, die mindestens noch zwei Monate andauere. Der Komplex Interessenausgleich und Sozialplan sei gegenwärtig kein Thema.
Selbold stellt Location zur VerfügungLangenselbolds Bürgermeister Jörg Muth und Erster Stadtrat Timo Greuel konnten aus Zeitgründen nicht an der Veranstaltung teilnehmen, stellten aber die Klosterberghalle kostenfrei zur Verfügung, was starken Applaus hervorrief.
Der geplante Jobabbau wird voraussichtlich auch den Kreistag in seiner nächsten Sitzung am Freitag, 22. Juni, beschäftigen. Die Fraktion der Grünen will einen entsprechenden Antrag einbringen. „Den Stellenabbau in unserem Landkreis können wir als Fraktion und sollten wir in der heimischen Politik so nicht hinnehmen“, stellte Reiner Bousonville, Fraktionsvorsitzender und arbeitsmarktpolitischer Sprecher der Grünen-Kreistagsfraktion Main-Kinzig, klar.
Kreistag ist auch involviert„Wir möchten, dass die Abgeordneten im Kreis ein gemeinsames Zeichen gegen den Stellenabbau setzen“, erklärt Bousonville den zweiteiligen Antrag seiner Fraktion: „Deswegen soll sich der Kreistag zunächst zum Wirtschaftsstandort Main-Kinzig bekennen und den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie dem Betriebsrat die volle Unterstützung zusichern.“
Außerdem sei es wichtig, dass Landrat Thorsten Stolz nicht wie bisher nur im Namen der SPD agiere, „sondern als Landrat und Wirtschaftsdezernent den Standpunkt des Kreistages in einem Gespräch mit der Konzernleitung deutlich vertritt.“
Wirtschaftliche Not in diesem Fall kein Faktor„Es gibt jedoch keine wirtschaftliche Not, die diese Entscheidung beeinflusst hätte. Denn der Gewinn des US-Konzerns steigt von Jahr zu Jahr“, so der Fraktionsvorsitzende: „Über zwei Milliarden Dollar wurden so 2017 erwirtschaftet und dennoch soll durch eine Verlagerung in ein Billig-Lohnland wie Ungarn noch mehr Geld verdient werden. Dies geht aber zu Lasten der heimischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, denen eine Arbeitslosigkeit droht.“
Die Grünen möchten durch diesen Antrag den Druck auf die Konzernleitung erhöhen: „Der geplante Stellenabbau kann noch verhindert werden, nur hierfür müssen die politischen Vertreterinnen und Vertreter gemeinsam arbeiten und politische Geschlossenheit zeigen“, so Bousonville.