Thermo Fisher: Kreistag stellt sich hinter Arbeitnehmer

Main-Kinzig-Kreis. Seltene Einmütigkeit im Kreistag: Das Plenum hat am Freitag die Pläne des US-amerikanischen Labortechnik-Unternehmens Thermo Fisher, in Langenselbold über 100 Arbeitsplätze abzubauen, öffentlich gebrandmarkt. Eine harsche Resolution wurde einstimmig verabschiedet.
Von Thorsten Becker
Zu Beginn der Sitzung war die Empore des Barbarossasaals voll besetzte. Firmenmitarbeiter und Betriebsräte hissten IG-Metall-Flaggen und entrollten Transparente mit Aufschriften wie „Hände weg von unseren Arbeitsplätzen.“ Stoppt die Gier!“ stand auf ihren T-Shirts.
Eigentlich sind solche Protestaktionen im Parlament nicht statthaft, doch Kreistagsvorsitzender Carsten Ullrich bewies Fingerspitzengefühl und ließ die besorgten Arbeitnehmer gewähren.
Denn gleichzeitig hatte er den von den Grünen eingebrachten Antrag aufgerufen, in der zum Kampf gegen den Stellenabbau bei Thermo Fisher aufgerufen wird.
Standpunkt des Kreistages deutlich vertreten „Der Kreistag unterstützt die betroffenen Arbeitnehmer sowie den Betriebsrat und sichert ihnen die Unterstützung des Kreistages zu. Der Kreisausschuss wird beauftragt, gemeinsam mit Wirtschaftsdezernent und Landrat Thorsten Stolz das Gespräch mit der Konzernleitung zu suchen. Hierbei soll der Standpunkt des Kreistages deutlich vertreten und sich gegen den Stellenabbau ausgesprochen werden.“ So lautete die Resolution.
„Es gibt jedoch keine finanzielle Not, die zu dieser Entscheidung geführt hätte. Trotz hohem Gewinn weltweit, auch am Langenselbolder Standort“, betonte Grünen-Fraktionsvorsitzender Rainer Bousonville zur Begründung. Und er machte deutlich, dass der Kreistag keineswegs ein Papiertiger sei, der sich mit einem Konzern anlegt und Widerworte gibt. „Das Thema hatten wird schon einmal, bei Tabbert in Sinntal. Dort hat es geholfen“, betonte Bousonville.
Simmler: „Raubtierkapitalismus“ Die Absicht, die Arbeitsplätze von Langenselbold in ein Niedriglohnland wie Ungarn auszulagern, obwohl Thermo Fisher einen Gewinn von über zwei Milliarden US-Dollar für 2017 ausgewiesen hat, stieß auf helle Empörung bei allen Fraktionen. Schließlich gehe es auch um den Wirtschaftsstandort Main-Kinzig.
So geißelte die Erste Kreisbeigeordnete Susanne Simmler (SPD) das Vorgehen als „Raubtierkapitalismus“ der schlimmsten Sorte, gegen den man sich mit vereinten Kräften wehren müsse.
Schejna: „Eine Region steht auf gegen die Gier!“Keinerlei Verständnis zeigte auch Max Schad (CDU), der sich ebenfalls kämpferisch zeigte und wie alle anderen Sprecher den Beschäftigten Unterstützung zusagte. Sicherlich gebe es immer wieder Situationen, in denen Entlassungen unvermeidbar seien, argumentierte er. „In diesem Fall aber nicht. Wir sind mit diesen Plänen nicht einverstanden. Es ist Zeit zu kämpfen!“, sagte Schad und erinnerte die Konzernbosse daran, dass die soziale Marktwirtschaft auf einer gegenseitigen Verantwortung beruhe.
„Eine Region steht auf gegen die Gier!“, sagte SPD-Fraktionschef Klaus Schejna zu der Situation und erinnerte daran, dass die Mitarbeiter in Langenselbold das Unternehmen zu dem gemacht hätten, was es heute ist. „Angesichts der Milliarden-Gewinne sind diese Pläne absolut nicht nachvollziehbar“, wetterte Schejna.