Täuschend echt: Großübung von Feuerwehr und Rettungsdiensten

Langenselbold. Einer kommt von oben, einer von unten, beide mit hoher Geschwindigkeit. Das Dröhnen der Motoren, ein dumpfer Knall, Blech- und Plastikbrocken fliegen durch die Luft, zwei Autos ebenso: Frontalzusammenstoß auf der „Rennpiste Rödelberg“ hinauf zum Friedhof.
Von Rainer Habermann
Glücklicherweise ist das Szenario nur gestellt, es dient zu Übungszwecken für Verkehrsunfälle, wie sie leider tagtäglich auf deutschen Straßen geschehen. Am Dienstagabend probten Einsatzkräfte des Langenselbolder und Hanauer Deutschen Roten Kreuzes (DRK) im Rahmen einer Großübung gemeinsam mit der Freiwilligen Feuerwehr der Gründaustadt den Ernstfall.
Wer sich also am Abend über das viele „Tatütata“ in Selbold wunderte, der hatte schlicht unsere Zeitung nicht gelesen, auch die Ankündigungen des Ersten Stadtrats Timo Greuel und von Dennis Ernst, des Pressesprechers der Feuerwehr, auf Facebook übersehen.
Schaulustige erwünschtEs ging um die Zusammenarbeit der verschiedenen Rettungsdienste, die Koordination an der Einsatzstelle und natürlich um die für Opfer überlebenswichtige Bergung aus dem verunfallten Fahrzeug sowie den anschließenden Transport zur Klinik.
Schaulustige waren bei dieser Großübung am östlichen Ende des Neubaugebiets „Niedertal III“ ausdrücklich erwünscht: allerdings ausschließlich hinter einer Flatterband-Absperrung. Bei einem echten Einsatz auf freier Straße wären die aber absolut kontraproduktiv. „Ich ärgere mich heute noch über diese dummen Menschen, die bei einem schweren Crash auf der Ringstraße regelrecht ins Unfallauto hineingesprungen sind mit ihrem Smartphones“, spricht Ernst eine Art Modeproblem an, welches über Leben und Tod entscheiden kann. Denn werden die Einsatzkräfte von Gaffern behindert, wird die Rettung erschwert. Sekunden, Minuten aber zählen.
Gespenstisch echt wirkende SzenerieDie Einsatzübung fand für die Aktiven von DRK und Feuerwehr unter absolut realistischen Bedingungen statt, die Polizei war natürlich ebenfalls zugegen. Zwar schlugen die beiden Schrottfahrzeuge nicht wirklich ineinander ein, sondern waren von Abschleppdiensten aus Selbold, Hanau und Gelnhausen zur Verfügung gestellt und von der Feuerwehr auf die Wiesgasse drapiert worden. Aber die blutverschmierten Köpfe und Körper der „Unfallopfer“, die markerschütternden Schreie: das alles wurde – dank der geschminkten Mimen aus Bruchköbel und Selbold – zur gespenstisch echt wirkenden Szenerie.
Fünf Schwerverletzte, in ihren Fahrzeugen eingeklemmt: Alarmstichwort „MANV 5“ (Massenanfall an Verletzten) wird ausgelöst im rund drei Kilometer entfernten Einsatzzentrum in der Langenselbolder Rettungszentrale. Nur wenige Minuten später sind die ersten Einsatzkräfte am Unfallort, sukzessive erfolgen die Nachalarmierungen nach dem Bedarf vor Ort. Für fünf Verletzte fünf Rettungswagen (RTW) des DRK mit voller Besatzung, Notarzt und ein speziell ausgebildeter „OLRD“ (Organisationsleiter Rettungsdienste), der beispielsweise schon mal die Aufgabe hat, per Funk den OP in der nächstgelegenen Klinik klarzumachen.
Rettungsgasse wichtigUnfallopfer auf deutschen Straßen können sicher sein, dass ihnen schnell und wirksam geholfen wird. Wenn beispielsweise eine Rettungsgasse gebildet wird und die Retter rechtzeitig den Unfallort erreichen – darauf muss man (leider) immer wieder hinweisen.
Der DRK-Kreisverband Hanau hat zur Übung auch Notfallsanitäter-Azubis entsandt. Eine gute Möglichkeit, Praxiserfahrung zu sammeln. Und für die Feuerwehr ist die Übung eine passende Gelegenheit, ihre Organisation der Einsatzstelle und die Kommunikation mit den übrigen Beteiligten zu üben. Und natürlich den Umgang mit Bergungsgeräten wie Spreizer oder Cutter, beide druckluftbetrieben und äußerst kräftig, zu erproben. Um anschließend die Verletzten vorsichtig aus dem Fahrzeug zu befreien und den Sanitätern zu übergeben.
Das Fazit fällt positiv aus: Alles klappte zufriedenstellend. Das dürfte eigentlich einen jeden – auch Unbeteiligten – beruhigen. Denn: Keiner will es wahrhaben, aber wie schnell ist man in einen Verkehrsunfall verwickelt und kann dann nur darauf hoffen, dass die Langenselbolder Rettungskräfte so schnell und kompetent auf der Bildfläche erscheinen wie bei dieser Einsatzübung.