Stadtparlament verabschiedet Haushalt - Grundsteuer sinkt

Langenselbold. Die große Überraschung blieb am Montagabend in der Klosterberghalle bei der letzten Sitzung des Stadtparlaments in diesem Jahr aus. Alle anwesenden Stadtverordneten von CDU und SPD votierten für die Verabschiedung des Haushalts für 2019.
Von Lars-Erik Gerth
Und wie in der vergangenen Woche angekündigt, senkten sie auch den Hebesatz für die Grundsteuer A und B von 685 auf 635 Punkte. Während sich die Grünen enthielten, stimmten Freie Wähler und FDP gegen den von Erstem Stadtrat Timo Greuel (SPD) im November eingebrachten Etatentwurf, der einen Überschuss von knapp 10,3 Millionen Euro aufweist.
Dieser Überschuss hängt bekanntlich mit der Konsolidierung der städtischen Finanzen zusammen, die im Sommer in Form eines Nachtragshaushalts mit der Anhebung der Grundsteuern A und B von 550 auf 685 Punkte sowie der Gewerbesteuer von 395 auf 430 Punkte gestartet wurde. Notwendig wurde die Konsolidierung, weil die kurz vor Ostern bekannt gewordene Rückzahlung von Gewerbesteuern an Thermo Fisher in Höhe von rund 23 Millionen Euro ein riesiges Loch in den Haushalt gerissen hatte. So muss die Gründaustadt für das bald zu Ende gehende Jahr mit einem Defizit von rund 17,5 Millionen Euro rechnen.
Auf einem guten Weg zur Konsolidierung
Aufgrund der eingeleiteten Maßnahmen – vor allem der erwähnten Steuererhöhungen und der Reduzierung der Ausgaben für freiwillige Leistungen – sei Selbold auf einem guten Weg der Konsolidierung, wie Erster Stadtrat Greuel bereits bei der Einbringung des Etatentwurfs des Magistrats im November betont hatte.
Dieser Ansicht schlossen sich in der Haushaltsdebatte auch SPD-Fraktionschef Peter Volk, die neue CDU-Fraktionsvorsitzende Michelle Heck sowie ihr Vorgänger Gerhard Mohn an, der als Vorsitzender des Haupt- und Finanzausschusses in seiner Rede auch nochmals ausführlich auf die Entwicklungen der vergangenen Monate seit Verabschiedung des Etats für 2018 im Dezember vergangenen Jahres einging.
„Vor zwölf Monaten hatten wir einen Haushalt verabschiedet, der einen Überschuss von 200 000 Euro aufwies und signalisierte, dass Langenselbold gut aufgestellt war. Dann jedoch kam kurz vor Ostern die Mitteilung vom Finanzamt aus Braunschweig, dass 23,2 Millionen Euro an Gewerbesteuer an Thermo Fisher zurückgezahlt werden müssen. Entsprechend mussten wir als Stadtverordnete handeln und die Konsolidierung des Haushalts einleiten“, so Mohns Rückblick, der in ähnlicher Form dann auch vom SPD-Fraktionschef Volk vorgetragen wurde.
Mohn erwähnte in seiner Rede auch, dass er nach Bekanntwerden dieser Hiobsbotschaft von vielen Bürgern gefragt worden sei, ob man so etwas nicht habe voraussehen können. Mohn verneinte dies, in dem er auf das Steuergeheimnis verwies, um zugleich festzustellen, dass es für die Kommunen doch eine tolle Sache wäre, wenn es ein Vorwarnsystem für Steuerrückzahlungen geben könnte.
Kritik von den Freien Wählern
Zugleich erläuterte er aber auch die Änderungsanträge von CDU und SPD, welche die Große Koalition bereits Ende vergangener Woche (siehe Ausgabe vom 8. Dezember) der Öffentlichkeit bekannt gegeben hatte. Dabei ragte vor allem die Senkung der Grundsteuern A und B auf jetzt 635 Punkte heraus. Stadtrat Greuel hatte ursprünglich eine Reduzierung um 20 Punkte vorgesehen, deren Ursache in einer Änderung der Berechnungsgrundlage der Gewerbesteuerumlage durch das Land Hessen liegt, die Selbold eine Ersparnis von 100 000 Euro bringt.
Die Senkung um weitere 30 Punkte basiert nun auf den Aussagen der Firma Elementar, 2019 aufgrund ihrer Expansion am Standort Selbold deutlich mehr Gewerbesteuer zahlen zu wollen.
Dieses Vorgehen wurde insbesondere von den Freien Wählern (deren Haushaltsrede hielt Jürgen Heim) kritisiert, die selbst in einem Änderungsantrag vorschlugen, die Hebesätze von Grund- und Gewerbesteuer gleichzusetzen und zwar auf jeweils 475 Punkte. Dies lehnten nicht nur SPD und CDU, sondern auch die FDP ab. Nur die zwei Vertreterinnen der Grünen stimmten mit den FW für die Annahme dieses Antrags. Die Grundsteuersenkung auf 635 Punkte wurde dann von CDU und SPD verabschiedet, während die anderen drei Fraktionen dagegen votierten.
Großer Unterschied zur Gewerbesteuer
Cornelia Hofacker, die Fraktionschefin der Grünen, lag dann auch in ihrer Haushaltsrede bezüglich des Themas Grund-/Gewerbesteuer ganz auf der Linie der Freien Wähler. Wie Jürgen Heim erinnerte sie daran, dass die Hebesätze der beiden Steuern vor einigen Jahren noch gleichauf gelegen hätten. Bis 2011, so Hofacker, sei der Hebesatz für die Grundsteuer sogar unter jenem für die Gewerbesteuer gelegen.
Ihr Unverständnis über die Änderung dieses Verhältnisses in den vergangenen sieben Jahren äußerte Hofacker so: „Sobald die Stadt Gewerbesteuern zurückerstatten muss, bedient sie sich zum Ausgleich sicherheitshalber bei den Bürgern, die die Grundsteuern zu entrichten haben. Anfangs belief sich der Unterschied noch auf 20 Prozentpunkte, aber jetzt, seit Schwarz-Rot regiert, sind wir über einen Unterschied von 155 bei 255 Prozentpunkten angelangt. Da ist jetzt eine verhältnismäßig geringe Reduzierung auf 205 Prozentpunkte Differenz nicht wirklich viel.“
Verbaler Schlagabtausch mit Bürgermeister
Die Vertreter von CDU und SPD sahen dies erwartungsgemäß anders. Gerhard Mohn verwies darauf, dass ein Prozent Grundsteuer für die Stadt Langenselbold eine Einnahme von 5000 Euro ausmache, ein Prozent Gewerbesteuer hingegen mit 25 000 Euro an Einnahmen zu Buche schlage. „Entsprechend vergleichen Sie hier Äpfel mit Birnen“, machte der HFA-Vorsitzende deutlich, was er von dem Ansinnen der FW und der Grünen hielt. Michelle Heck kritisierte ebenso die Pläne der FW, die Gewerbesteuer auf 475 Punkte zu erhöhen, da gerade die kleinen Betriebe in Selbold schon genügend durch den hohen Steuerhebesatz belastet seien.
Zuvor hatte es bereits einen verbalen Schlagabtausch zwischen Bürgermeister Jörg Muth (CDU) und FW-Vorsitzendem Mike Mutterlose gegeben, als es um die Erhöhung der Hort-Gebühren ging. Die FW sprachen sich dafür aus, diese Anhebung ganz zu streichen, was in der Abstimmung dann zwar von Grünen und FDP unterstützt, jedoch von der Großen Koalition abgelehnt wurde. Mutterlose griff daraufhin die Große Koalition an und sagte unter anderem in deren Richtung: „Das ist arm, was Sie hier abliefern.“
Hortgebühren steigen
Außerdem sprach er davon, dass nicht nur die Hort-Gebühren erhöht würden, sondern zugleich auch die Qualität der Betreuung zurückgegangen sei. Diesen Vorwurf wollte der Bürgermeister nicht auf dem Betreuungspersonal sitzen lassen und griff seinerseits Mutterlose an: „Das was Sie da sagen, ist ein Schlag ins Gesicht derjenigen, die diese Betreuung organisieren und jener, die sie ausführen.“
CDU und SPD brachten dann ihren Antrag durch, die Erhöhung von zwölf auf sechs Prozent abzusenken. Die damit erfolgte Reduzierung der geplanten Einnahmen von 30 000 auf 15 000 Euro werde laut Mohn durch die Anhebung des Einnahmeansatzes bei den Parkgebühren am Bahnhof von bisher 125 000 auf 140 000 Euro kompensiert. „Das beruht auf dem Ergebnis von 2017, das Einnahmen in Höhe von genau 140 000 Euro ausweist“, so der HFA-Vorsitzende.