Über 200 Teilnehmer bei Selbolder Friedenswache gegen Putins Überfall auf die Ukraine

Mit einer Friedenswache vor dem Selbolder Rathaus setzten am Montagabend (28. Februar) über 200 Menschen ein Zeichen für Frieden, Freiheit und Demokratie und gegen Russlands Einmarsch in die Ukraine. Wie bereits in den Tagen zuvor wurde das Rathaus auf Veranlassung von Bürgermeister Timo Greuel (SPD) blau und gelb angestrahlt, um so die Solidarität mit den Menschen in der Ukraine zu symbolisieren.
Langenselbold – Einige der Teilnehmer waren auch mit Transparenten in den Farben der Ukraine erschienen, auf denen sie zudem Russlands Präsidenten Putin unmissverständlich aufriefen, seine Truppen aus der Ukraine abzuziehen. Diese klare Forderung äußerten auch Bürgermeister Greuel und Werner Fromm, der nicht nur SPD-Stadtverordneter ist, sondern als Mitglied der Bürgerinitiative „Hand aufs Herz Langenselbold“ zudem die Mahnwachen gegen die „Montagsspaziergänge“ mitorganisiert. Die BI hatte die Veranstaltung nach Putins Überfall auf das Nachbarland diesmal zur Friedenswache gegen den Krieg in der Ukraine umgewidmet.
Erinnerung an Schwur der Buchenwald-Überlebenden
Fromm fand in seiner Rede klare und auch berührende Worte gegen den Krieg. Als Enkel eines Überlebenden des Konzentrationslagers Buchenwald erinnerte er an „die Essenz des Schwurs“ der überlebenden Buchenwald-Häftlinge vom 19. April 1945. Diese habe gelautet: „Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus.“ Der Stadtverordnete zitierte außerdem seine Mutter, die den Zweiten Weltkrieg und die zehnjährige Inhaftierung ihres Vaters während des Naziregimes noch in schlimmster Erinnerung habe. Sie könne nicht verstehen, wie nun wieder ein solcher Krieg mitten in Europa stattfindet.

Fromm räumte ein, dass „wir alle überrascht wurden“, obwohl es schon lange Warnungen und Zeichen dafür gegeben habe, dass Putin diesen Schritt gehen könnte. Nun sei das Undenkbare eingetreten, und seit vergangenem Donnerstag werde „die Weltordnung neu geschrieben“. Nach Ansicht des Selbolder Sozialdemokraten müsse man über die Ursachen des Krieges reden und dabei auch „die Rolle der NATO und des Westens bei der Osterweiterung“ und die „vielen Drohungen, die Putin schon seit Jahren ausspricht“, nicht vergessen.
Werner Fromm: „Beenden Sie sofort diesen Krieg“
Im Namen der organisierenden BI und der Teilnehmer an der Friedenswache forderte Fromm „Putin und seine Helfershelfer“ auf: „Beenden Sie sofort den Krieg und das sinnlose Morden an unschuldigen Menschen. Kehren Sie zurück an die Verhandlungstische. Aber Freiheit und Demokratie sind nicht verhandelbar.“
Wie anschließend Bürgermeister Greuel rief Fromm zu Solidarität und Unterstützung der ukrainischen Bevölkerung auf. So werden „wir unseren europäischen Nachbarländern bei der Aufnahme von Kriegsflüchtlingen helfen und selbst unsere Tore für diese öffnen“.
„Wir heißen ukrainische Kriegsflüchtlinge bei uns herzlich willkommen und versichern ihnen allen unsere volle Solidarität“, so der BI-Mitorganisator, der seine emotionalen Ausführungen mit dem Bertolt-Brecht-Gedicht „Die Bitten der Kinder“ beschloss.

Die Hilfe für die betroffenen Menschen in der Ukraine stand auch im Zentrum der Rede von Bürgermeister Greuel. Er appellierte nicht nur an die Teilnehmer der Friedenswache, als er ausrief: „Wir dürfen nicht tatenlos zusehen. Es ist an uns allen, dazu beizutragen, die Not, das Leid und das Elend, welche dieser Krieg verursachen und noch verursachen werden, zu lindern. Es ist unsere humanitäre Pflicht und unsere Verantwortung, all jenen Frauen, Kindern und Männern einen sicheren Hafen und Schutz zu bieten, die von ihren Familien getrennt worden sind, die Angehörige und Freunde verloren und die sich über Nacht auf die Flucht vor den unvorstellbaren Grauen des Krieges begeben haben und zum Großteil ihr gesamtes Hab und Gut zurücklassen mussten.“
Bürgermeister Greuel: „Durch nichts zu rechtfertigender Angriffskrieg“
Zudem bezeichnete Greuel Putins Einmarsch in das Nachbarland als „durch nichts zu rechtfertigenden Angriffskrieg“, der ein neues dunkles Kapitel in der Geschichte Europas und der Weltgemeinschaft darstelle, das „von einem politischen Machthaber und Despoten aufgeschlagen wurde, der bewusst den Bruch des Völkerrechts gesucht und billigend den Tod vieler unschuldiger Menschen in Kauf genommen“ habe.
Ähnlich klare Worte fand auch Jörg Mair, der Vorsitzende der Kreis-Arbeiterwohlfahrt. Er rief ebenfalls zur Unterstützung der Menschen in der Ukraine auf, beispielsweise durch Sachspenden für eine Hilfsaktion von Jens Gottwald, des früheren Geschäftsführers der Hanauer Baugesellschaft. Dieser hatte sich am Montag gemeinsam mit drei Freunden spontan entschlossen, am 7. März einen Transport mit Hilfsgütern an die polnisch-ukrainische Grenze zu starten. Für den musikalischen Rahmen der Friedenswache sorgte die Selbolder Sängerin Dannyjune Smith, die bekannte Friedenslieder wie „Imagine“ von John Lennon oder Bob Dylans „Blowin’ in the Wind“ intonierte.
Von Lars-Erik Gerth