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Bizarre Klo-Frage: Viel Wirbel um WC-Anlagen in Langenselbold

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Sache des Klimaschutzes: Bürgermeister Muth, Alexander Kempski und Jan Schmidt (beide Bauamt, von links) begutachten den WC-Umbau. Fotos: Archiv/pixabay
Sache des Klimaschutzes: Bürgermeister Muth, Alexander Kempski und Jan Schmidt (beide Bauamt, von links) begutachten den WC-Umbau. Fotos: Archiv/pixabay

Langenselbold. Darf ein Klimaschutzmanager marode Toiletten gegen neue austauschen? Darf ein Energieeffizienzbeauftragter eine WC-Anlage sanieren? Zumal wenn es für die Stelle öffentliches Geld für den Klimaschutz gibt, die Person aber vermeintlich originäre Arbeit für das Bauamt verrichtet.

Von Torsten Kleinerüschkamp

In Langenselbold hat sich ein von den Grünen initiierter Akteneinsichtsausschuss unter anderem mit der bizarren Klo-Frage beschäftigt. Da gibt es noch eine neue Behinderten-Rampe beziehungsweise einen Lifter für das Rathaus und das Schloss, der auch in die Sachbearbeitung des Klimaschutzmanagers fällt. Der Mitarbeiter des Bauamtes ist nicht mehr für die Stadt tätig.

Die Geschichte ist hochkomplex. Sie bedarf vier Sitzungen zur Akteneinsicht, zur Interpretation und Diskussion des Gelesenen. Der Ausschuss hat den vorläufigen Abschlussbericht mehrheitlich für gut geheißen, sodass die Stadtverordnetenversammlung das Thema demnächst final diskutieren kann.

Fliegender Wechsel

Die Grünen, als diese noch mit der CDU koalierten, haben der Stadt den Klimaschutzmanager vererbt. Nach der Niederlage der Grünen bei der Kommunalwahl wird der Posten durch die neue CDU/SPD-Koalition in Energieeffizienzbeauftragter umgetauft.

Die erste Managerin Alexandra Fischer ist nur einige Monate im Amt. Nach dem überraschenden Rücktritt folgt Jan Schmidt, der ebenfalls weggeht. Nach einer Vakanz ist nun Carsten Breitbach im Amt, subventioniert über eine 65-prozentige und zweijährige Anschlussfinanzierung.

Zurück zum Ursprung

Ursprünglich wird die Vollzeitstelle des Managers zu 85 Prozent durch den Projektträger Jülich (PTJ) gefördert. Der Träger verteilt allein im Jahr 2017 laut Geschäftsbericht deutschlandweit 1,61 Milliarden Euro Fördermittel. Die Stadt Langenselbold hat eigens ihre Klimaschutzziele definiert, um in den Genuss der Förderung zu gelangen.

Guntrun Hausmann (Grüne) fordert im Akteneinsichtsausschuss, die Stelle wieder mit dem richtigen Namen Klimaschutzmanager zu bezeichnen. Und das Wichtigste: Der Arbeit der Person sei wieder die Bedeutung zu geben, die der Fördermittelgeber eigentlich beabsichtigt habe.

Die Freien Wähler bieten Unterstützung

Schützenhilfe erhalten die Grünen von den Freien Wählern (FW). Jürgen Heim (FW) sorgt für einen Tumult, als er dem vorliegenden Abschlussbericht des Ausschussvorsitzenden Gerhard Mohn (CDU) widerspricht. Heim erinnert an den ursprünglichen Koalitionsvertrag, nachdem die Stelle des Klimaschutzbeauftragten künftig nicht mehr besetzt werden sollte. Der Vertrag habe dann aber keine Rolle mehr gespielt, da die SPD im weiteren Verlauf „über den Tisch gezogen“ worden sei. Heim stört, dass der Manager auch andere Tätigkeiten ausgeübt hat.

Schmidt habe beispielsweise für einen barrierefreien Zugang für Behinderte im Schloss und Rathaus und die Erneuerung der Toilettenanlage in der Klosterberghalle gearbeitet. Heim widerspricht der Darstellung des Abschlussberichts, dass die drei Personen in Vollzeit gearbeitet haben, obwohl ja die Förderung für einen reduzierten Umfang gelte.

Mehr als 100 Prozent

Bürgermeister Jörg Muth (CDU) wertet Heims Aussage als „falsch“. „Ein Bauamt ist kein homogener Raum, wo jeder nur auf seine Arbeit beschränkt ist. Ein Bauamt ist mit vielen Projekten befasst. Da gibt es mehrere Überschneidungen“, so der Rathauschef.

Der Manager oder Beauftragte hat laut Muth mehr geleistet, nämlich 100 Prozent der PTJ-Förderung plus eine Summe von „x Prozent dazu“ abgeliefert. „Es gibt kein Projekt, das eine Person allein bearbeitet“, so das Stadtoberhaupt weiter. „Man kann sagen, dass diese Frau oder dieser Mann zu 100 Prozent die Aufgaben erfüllt hat. Der Projektträger hat auch nie etwas beanstandet,“ sagt er.

Nichts Verwerfliches

Bei den Baumaßnahmen der Stadt, beispielsweise bei der Sanierung der Heizungsanlage der Klosterberghalle, stehen laut Muth viele Gewerke in Zusammenhang. Deshalb sei Schmidt auch in andere Dinge involviert gewesen. Es sei auch normal, dass Schmidt beispielsweise in Abwesenheit des Abteilungsleiters Mitteilungen an den Magistrat unterzeichnet habe.

In einer Mitteilung geht es beispielsweise um den Zeitplan für die Sanierung der WC-Anlagen in der Klosterberghalle. Ein Beispiel: „2. bis 8. Januar 2017: WC Herren Erdgeschoss – Erweiterung von Urinalen (wasserlos). Rückbau der Urinale im KG.“ Der Unterzeichner ist „J. Schmidt – Sachbearbeiter“. „Da ist nichts Verwerfliches daran“, entgegnete Muth. Schmidt sei mit der energetischen Sanierung des Areals betraut gewesen, weswegen auch die Toilettenanlagen umgebaut werden mussten.

Weiteres Vorgehen

Mohn zitiert den vormaligen Ersten Stadtrat Gustav Schreiner (Grüne): „Neben seinen originären Aufgaben wird Herr Schmidt mit Unterstützung weiterer Mitarbeiter der Verwaltung den begonnenen Prozess in reduziertem Umfang fortführen.“

Da diese rätselhafte Passage nach einer Textauslegung schreit, liefert Hermeneutiker Mohn die Exegese: „Meiner Auffassung nach impliziert das, dass der Manager mehr als 100 Prozent zu tun hat und noch Hilfe von anderen Mitarbeitern erhält.“ Der reduzierte Umfang beziehe sich auf die Priorisierung der Aufgaben.

Priorisierung

Mohn erinnerte an das 133-Punkte-Konzept. 120 davon müssten der Priorität nach eigentlich sofort umgesetzt werden. Dies funktioniere natürlich nicht. Zuerst sollen die hochwertigen Projekte umgesetzt werden. „Umfänglicher sei es deshalb, die Qualität zu priorisieren, nämlich die Frage zu beantworten, welche Arbeit man zuerst macht.“

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