Schornsteine am Kraftwerk Staudinger werden gekürzt

Der Sommer 2018 steht im Zeichen des Wandels für das Kohlekraftwerk Staudinger. So steht nicht nur Block 5 noch bis Ende August still. Auch optisch wird sich etwas verändern: Die Kamine von Block 1 und 2 werden in den kommenden Monaten um 30 Meter verkürzt.
Dieser Einschnitt in die Großkrotzenburger „Skyline“ hat dabei sicherheitstechnische Gründe. Während ein Großteil der Kamine aus massivem Stahlbeton besteht, sind die oberen 20 Meter gemauert. An dieser Stelle ist das Material inzwischen marode. „Es besteht das Risiko, dass Teile des Kamins abbröckeln und herunterfallen“, erklärt Marcus Langer, Leiter Instandhaltung beim Kraftwerksbetreiber Uniper, im Gespräch mit unserer Zeitung.
Bereits vor knapp sieben Jahren hatte eine Prüfung ergeben, dass Gefahr durch herunterfallende Steine droht. „Damals hatte man sich für eine Übergangslösung entschieden. Es wurden Auffangnetze installiert und die Fugen wurden ausgebessert.“ Diese Lösung sei von Anfang an nur für einen Zeitraum von sechs bis sieben Jahren angedacht gewesen.
„Nun haben wir im Zuge unserer regelmäßigen Substanzprüfungen festgestellt, dass immer noch ein Restrisiko besteht“, berichtet Langer. Zwar habe es in den vergangenen sieben Jahren keinen Zwischenfall und nur wenige Steine in den Auffangnetzen gegeben. Dennoch wolle Uniper kein Risiko eingehen.
Statt einer erneuten Übergangslösung habe man sich für eine nachhaltigere Maßnahme entschieden. „Wir werden rund 30 Meter von beiden Kaminen abtragen. Das ist aus unserer Sicht sowohl sicherheitstechnisch als auch wirtschaftlich die sinnvollste Lösung.“
Der Aufwand ist vergleichsweise hoch: Aufgrund der instabilen Struktur der Türme ist es nicht möglich, eine Maschine einzusetzen. Stattdessen werden die 30 Meter per Hand abgetragen – Stein für Stein. „Bei Block 1 werden die Arbeiten vermutlich etwas schneller gehen, da die Steine ins Innere des Kamins geworfen werden können“, so Langer. Bei Block 2 hingegen müssten die Steine zusätzlich mit Körben nach unten transportiert werden – aus Sicherheitsgründen.
Bereits jetzt ist das Areal um die Blöcke 1 und 2 in einem Radius von 25 Metern rundherum abgesperrt. Erste Gerüste stehen bereits. Am Montag werden diese weiter aufgestockt. „Ich gehe davon aus, dass wir in spätestens zwei Wochen dann mit dem Abtragen anfangen können.“ Als Erstes wird Block 2 dran sein, dessen Abbau voraussichtlich sechs bis acht Wochen dauern wird. Anschließend ist Block 1 dran. Arbeitszeit: vier bis sechs Wochen.
Beide Blöcke stehen bereits längere Zeit still. Block 1 wurde 2013 abgeschaltet, bei Block 2 wurde sogar bereits 2012 der Stecker gezogen. Einen gänzlichen Rückbau strebt Uniper dennoch nicht sofort an. „Einen solchen würden wir erst dann angehen, wenn es ein konkretes Nachnutzungskonzept gibt“, erklärt Langer. Ein solches ist noch nicht vorhanden, allerdings finden weiterhin Gespräche mit potenziellen Betreibern statt.
Übrigens: Selbst wenn ein konkretes Nachnutzungskonzept gibt, ist es relativ unwahrscheinlich, dass die Türme des Kraftwerks gesprengt werden. „Zwar haben wir noch keine Prüfungen dazu unternommen. Trotzdem halte ich es für wahrscheinlicher, dass wir im Falle eines Rückbaus den Beton maschinell abtragen werden.“
Eine Sprengung könnte unter Umständen noch genutzte Gebäude beschädigen. Und als Erstes würden auch nicht die hohen Kamine weichen, sondern die wesentlich breiteren Kühltürme.