Diskussion um Wohngebiet: Gemeindevertretung soll entscheiden

Großkrotzenburg. Das Neubaugebiet im Westen der Gemeinde soll erweitert werden – darin sind sich die Kommunalpolitiker einig. In der Frage nach dem Umfang der Erweiterung, ihrem genauen Standort sowie der Planung und Erschließung des Gebietes, herrscht hingegen Uneinigkeit.
Von Per BergmannUngeachtet dessen soll in der Sitzung der Gemeindevertretung am Freitag, 18. Oktober, bereits eine Entscheidung getroffen werden. Aktuell sieht es nach einer denkbar knappen Abstimmung aus.
Denn selbst die Mehrheitskoalition im Parlament aus Grünen und FDP scheint bisher keinen gemeinsamen Nenner gefunden zu haben, bestätigt der Fraktionsvorsitzende der Krotzebojer Grünen Michael Ruf auf Nachfrage.
Zum Einen geht es um die Frage, ob die Gemeinde ihre Zusammenarbeit mit derBaulandoffensive des Landes Hessen fortführt und insgesamt rund 15 Hektar in die weitere Gebietsentwicklung aufnimmt.
Für die Fortführung plädiert der Gemeindevorstand, woraufhin die Gemeinde ihr Interesse beim Land anmeldete. Teile des Umwelt- und Bauausschusses (UBA) fühlten sich durch diesen Vorstoß „übergangen“, was eine Empfehlung an die Gemeindevertretung zur Folge hatte, das bereits bekundete Interesse am Landesprogramm zurückzuziehen.
Bürgermeister fürchtet verpasste Chance
Bürgermeister Thorsten Bauroth (parteilos) befürchtet nun, dass mit dem etwaigen Rückzieher eine Chance verpasst werde. In einer öffentlichen Stellungnahme kritisierte er die Abstimmung des Ausschusses.Er sei enttäuscht darüber, dass es keine sachliche Diskussion über die Machbarkeitsstudie der Bauland-Offensive gegeben habe, die einen „Bedarf von zirka 515 Wohneinheiten bis 2030“ in Großkrotzenburg prognostiziere.
Die Ergebnisse der Studie wurden den Mandatsträgern bereits im April 2019 von Vertretern der Baulandoffensive vorgestellt. Der Planungsverband empfehle darin „ausdrücklich“ einen Flächentausch, um das Baugebiet von Süden her (Taunusstraße, L 3309) zu erschließen.
Andernfalls muss die Bebauung und der anschließende Anliegerverkehr „über die ohnehin bereits belasteten Straßen in den ehemaligen Neubaugebieten einschließlich Schulstraße beziehungsweise über die Bahnhofstraße abgewickelt werden“.
Bauroth sei sich bewusst, dass ein größeres Wohngebiet „auch weitere Infrastruktur“ wie beispielsweise einen Kindergarten benötigt. „Ein für die Ortsentwicklung derart wichtiges Thema“ müsse aber zwingend unter entsprechender Bürgerbeteiligung diskutiert werden, zum Beispiel im Rahmen einer Bürgerversammlung.
Man will sich nicht stellen
„Einer solchen Diskussion will man sich aber offensichtlich mehrheitlich nicht stellen.“ Es bleibe zu hoffen, „dass die Gemeindevertretung sich der Wichtigkeit des Themas bewusst ist und dem Votum der Mehrheit der Ausschussmitglieder nicht folgt.“ Ansonsten würde eine „Chance vertan“, so Bauroth.
Die Antwort des UBA-Vorsitzenden Ruf ließ nicht lange auf sich warten, und der Ton wurde rauer: Als „wieder einmal ahnungslos“ bezeichnete Ruf den Rathauschef in einem Schreiben. Auf Nachfrage erklärt er, dass die Grünen seit jeher gegen eine Erweiterung des ehemaligen Neubaugebietes seien.Die Argumente bleiben bis heute bestehen: „Großkrotzenburg ist bereits die am dichtesten besiedelte Gemeinde im Kreis“, erklärt Ruf.
Aktuelle Zahlen des Landes bestätigen das: Bei insgesamt 17 Gemeinden im Kreis führt Großkrotzenburg die Statistik mit 1006 Einwohnern pro Quadratkilometer an. Mit großem Abstand folgen Rodenbach (668) und Niederdorfelden (583, Quelle: standorte-in-hessen.de).
„Die Wohnqualität einer Gemeinde hängt auch von der Bevölkerungsdichte ab“, ordnet Ruf die Zahlen ein. Seine Partei wolle deshalb eine Vergrößerung des Planungsgebietes verhindern.
Keineswegs eine Einigung
Dabei sind sich die Grünen mit ihrem Koalitionspartner keineswegs einig. „Das Thema war bereits in den Koalitionsverhandlungen ein Streitpunkt“, gibt Ruf zu. Am Ende habe man sich jedoch geeinigt, zumindest die im regionalen Flächennutzungsplan bereits als Baugebiet ausgewiesene Fläche von 3,5 Hektar weiter zu verfolgen.
Weitere Argumente, wie eine etwaige Verzögerung des Bauvorhabens durch den Flächentausch, will Bauroth nicht stehen lassen: Der Tausch könnte parallel zu weiteren Maßnahmen der Gebietsentwicklung durchgeführt werden, ist sich der Rathauschef sicher. Das Argument der bereits dichten Besiedlung sei „vor allem der kleinen Gemarkung Großkrotzenburgs geschuldet. Wir sind nun mal keine Flächengemeinde.“
Bei der kürzlichen Abstimmung im Fachausschuss votierten die beiden Freien Demokraten mit einer Enthaltung und einer Gegenstimme gegen die Beschlussempfehlung an die Gemeindevertretung (Freitag, 18. Oktober, 19.30 Uhr im Rathaus).