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Schottische Charakterköpfe mit langem Fell

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Von: Monica Bielesch

Schottische Hochlandrinder sind eine sehr alte und immernoch ursprüngliche Rasse.
Schottische Hochlandrinder sind eine sehr alte und immer noch ursprüngliche Rasse. In Erlensee betreiben Moritz Schultheis (Foto) gemeinsam mit Heiko Neugebauer eine Zucht der gutmütigen und charakterstarken Vierbeiner. © Monica Bielesch

Birte, Melody, Silvie, Stella und ihre Freundinnen gehen mit ihrer lokalen Bekanntheit gelassen um. Sie legen sich einfach in den Schatten des Baumes auf ihrer Weide und schauen dem Treiben der Spaziergänger und Radler auf dem Hochwasserdamm zu. Von dort werden sie bestaunt, fotografiert und mit den Blicken gesucht. Denn die vier gehören zur Herde von stattlichen Schottischen Hochlandrindern, die von Moritz und Nina Schultheis sowie Heiko Neugebauer auf einer Weide an der Hattergasse gehalten wird.

Erlensee – Silvie ist die Chefin auf der Weide. „Sie hat den ruhigsten Charakter, sie bringt diese Ruhe in die Herde rein“, erzählt Nina Schultheis beim Gang über das satte Grün hin zu den Tieren. Aus der Nähe sind die Vierbeiner noch imposanter und schöner als aus der Ferne. Ihr zotteliges Fell, die langen, wehrhaften Hörner und ihr großer Kopf lassen sie urwüchsig und wild aussehen. Gleichzeitig aber haben die Schottischen Hochlandrinder von Natur aus ein ruhiges, ausgeglichenes Wesen.

Silvie blinzelt hinter ihrem Fellpony hindurch und beschnuppert sanft und langsam die fremde Besucherin. Kurz lässt sie sich von Moritz Schultheis das Fell kämmen, um sich dann wieder genüsslich dem frischen, satten Gras zuzuwenden.

Hochlandrinder sind eine alte Haustierrasse

„Das sind richtige Wildtiere“, betont Schultheis, der vor einem Jahr gemeinsam mit Heiko Neugebauer die ersten drei Tiere kaufte und in Erlensee auf eine Weide stellte. „Mittlerweile haben wir zehn Tiere und in einigen Wochen kommen zwei weitere Kälbchen dazu“, so Schultheis, der eine Firma für Forst- und Erdarbeiten betreibt. Einige Tiere haben sie bei der Züchterfamilie Roth aus Gründau-Rothenbergen erstanden. Roths betreiben dort neben ihrem Landgasthof „Zum Bogen“ seit Jahrzehnten schon eine Highlandzucht.

Moritz Schultheis gefällt, dass diese Rinderrasse seit rund 200 Jahren quasi unverändert geblieben ist. In den schottischen Highlands und auf den vorgelagerten Inseln wurde das Schottische Hochlandrind damals aus einer keltischen Landrasse gezüchtet. Noch heute wird es in Reinzucht gezüchtet und zählt zu den alten Haustierrassen, heißt es dazu auf der Webseite des Verbandes Deutscher Highland Cuttle Züchter und Halter.

Neuer Bulle ist ankommen

Eine eigene Mutterkuh-Herde ist auch das Ziel der kleinen Erlenseer Züchtergemeinschaft. Am Samstag ist dafür ein neuer Bulle in der Stadt angekommen: Douglas heißt er. Stolz zeigt Schultheis ein kurzes Video von dem stattlichen Bullen mit dem roten Fell und einem Nasenring. Die Bullen stehen auf einer anderen Wiese als Silvie und der Rest der Herde.

Highland-Rinder gelten als gutmütig, ausgeglichen und ruhig. Nina Schultheis kann die Tiere sogar streicheln.
Highland-Rinder gelten als gutmütig, ausgeglichen und ruhig. Nina Schultheis kann die Tiere sogar streicheln. © Monica Bielesch

Fast täglich kommen die Züchter auf die Weiden, schauen nach dem Rechten. Aber viel müsse der Mensch eigentlich nicht machen, denn die Highland-Rinder sind eine robuste Rasse, die besonders gut mit kargen Futterbedingungen und auch mal widrigen Umständen auskommt. „Das sind sehr intelligente Tiere, sind kaum krank, und jedes hat seinen eigenen Charakter“, erklärt Schultheis. Heu werde nur zugefüttert, damit die Tiere einen Ausgleich zum vielen eiweißreichen Gras hätten und nicht unter Durchfall leiden müssten.

In einigen Wochen werden zwei Kälbchen in der Herde geboren. „Den konkreten Termin kann man nicht so genau sagen“, so Moritz Schultheis. Die Kühe sind zehn Monate trächtig. Nach der Geburt bleiben die Kälbchen neun Monate lang bei ihren Müttern und werden gesäugt.

Auf diese natürliche Form der Rinderhaltung legen Schultheis und Neugebauer wert. Ebenso ist ihnen wichtig, dass die Tiere ihnen vertrauen und zugänglich sind. Weil die Tiere so robust sind und ihnen Wind und Wetter nichts ausmachen, können sie fast das ganze Jahr auf der Weide bleiben. Die Erlenseer Herde kam erst Ende des vergangenen Jahres in den Stall. „Und Mitte März waren sie schon wieder draußen“, erzählt Schultheis.

Auf ihrer Weide an der Hattergasse suchen die sieben Kühe oft den Schatten einer Baumgruppe.
Auf ihrer Weide an der Hattergasse suchen die sieben Kühe oft den Schatten einer Baumgruppe. © Monica Bielesch

Züchter suchen eine größere Weide

Die 3,5 Hektar große Fläche an der Hattergasse haben die Züchter gepachtet. Sie suchen aber dringend eine größere Weide für die wachsende Herde. Denn das Tierwohl liegt ihnen sehr am Herzen, und die Tiere brauchen Platz. „Wir haben schon viele Landwirte gefragt, bisher ohne Erfolg“, bedauert der Jung-Unternehmer, der in Erlensee auch durch sein Engagement in der Feuerwehr und seine Kandidatur für die SPD bei der vergangenen Kommunalwahl bekannt ist.

Mittlerweile schnuppern die zwei Jung-Tiere Stella und Sabira an der fremden Besucherin herum, besonders die Handtasche der Reporterin interessiert die beiden. Stella ist fast zwei Jahre alt und wegen einiger optischer Faktoren nicht für die Zucht geeignet.

So gehört das Schlachten von Tieren auch zur Zucht dazu. Ein bis zwei Mal im Jahr lassen sie in einem EU-zertifizierten Schlachtbetrieb Tiere ihrer Herde schlachten. Das Fleisch verkaufen sie bei sich auf dem Hof. Das Fleisch, so Schultheis, sei besonders schmackhaft. „Die Rinder werden nicht gemästet, sie wachsen langsam, sind immer draußen.“

Er setzt die Herde auch in seinem Betrieb ein, beispielsweise zur naturnahen Beweidung von schwer zugänglichen Flächen. „Dann sind sie ein bis zwei Monate in einem Wald oder auf Flächen, die renaturiert werden sollen.“

Unterdessen sind auf dem Hochwasserdamm wieder einige Spaziergänger stehen geblieben und schauen zu den Hochlandrindern rüber. Birte und die anderen Mädels lassen sich nicht stören, dösen weiter im Schatten oder traben entspannt über ihre Weide.

(Von Monica Bielesch)

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