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Silvesterbräuche in Deutschland: Von Bleigießen bis „Dinner for One“

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Der Jahreswechsel steht an und wie jedes Jahr wird er auch in Deutschland traditionell gefeiert. Doch woher kommen eigentlich die Silvesterbräuche und welche gibt es noch?

Es ist wieder so weit: Weihnachten ist vorbei, der Baum bei vielen schon abgeschmückt und es werden fleißig gute Vorsätze geschrieben. Der Jahreswechsel steht vor der Tür und mit ihm viele Traditionen, die wie jedes Jahr vollzogen werden. Dazu gehören das Feuerwerk, das festliche Essen, Glücksbringer, Bleigießen und „Dinner for One“. Aber warum eigentlich? Mit diesen Silvesterbräuchen feiern wir Deutschen den Einzug des neuen Jahres und daher kommen diese Traditionen.

Geschichte von Silvester: Der Name kommt von einem Papst

Silvester wird schon seit über 400 Jahren gefeiert. Seitdem 1582 der gregorianische Kalender eingeführt wurde, endet ein Kalenderjahr am 31. Dezember. Den Beinamen „Silvester“ bekam der Jahreswechsel von Papst Silvester I., der zu Lebzeiten den Tag als Jahreswechsel weihte, das Christentum als Staatsreligion einführte und nach seinem Tod am 31. Dezember 335 zum Namenspatron des Neujahrsfestes ernannt wurde.

Ein paar Traditionen lassen sich noch heute von Papst Silvester herleiten, trotzdem wird das neue Jahr in Deutschland mittlerweile eher etwas unchristlich und dafür mit Spektakel gefeiert.

Silvesterfeuerwerk. Anstoßen um Mitternacht und Feuerwerk gehören traditionell zu Silvester.
Anstoßen um Mitternacht und Feuerwerk gehören traditionell zu Silvester ©  CHROMORANGE/Imago

Essen und Getränke: Das kommt zum Jahreswechsel auf den Tisch

Am 31. Dezember wird zwar kein Festmahl aufgetischt wie zum Beispiel an Weihnachten. Trotzdem wird der Feiertag auch kulinarisch begangen. Zu den absoluten Traditionsspeisen gehören „Berliner“, je nach Region auch „Krapfen“ genannt, die klassisch mit Marmelade gefüllt sind. Allerdings haben sich über die Jahre auch andere Geschmacksrichtungen durchgesetzt und es gibt Berliner mittlerweile mit Schoko-, Karamell-, Eierlikör- oder Nussfüllung und zahlreichen Glasuren. In manchen Gegenden wird ein selbstgemachter Berliner für die Feierlichkeiten mit Senf gefüllt, um einen unglücklichen Gast zu ärgern. Woher der Brauch kommt, ist heute nicht mehr klar. Spekulationen besagen, dass die kleinen Küchlein als Reserve für die karge Fastenzeit genutzt wurden. Ebenso beliebt sind auch Raclette oder Fondue als Silvester-Gericht.

Weil es ein Grund zum Feiern ist, gibt es an Silvester zu Mitternacht natürlich auch ein Glas Sekt. Bei den Feierlichkeiten vorher kann aber jeder trinken, was er mag. Da man das neue Jahr aber meistens draußen feiert, sind auch Silvesterpunsch oder Feuerzangenbowle klassische Getränke. Beim Anstoßen wünscht man sich „Prosit Neujahr“. Der Ausruf kommt aus dem Lateinischen und soll Gutes fürs neue Jahr bringen.

Rituale: Feuerwerk, Bleigießen und rote Unterwäsche

Eine weitere Tradition, die bei deutschen Silvesterfeiern nicht mehr wegzudenken ist, ist das Feuerwerk. Trotz Umwelt- und Tierschutz-Aktivismus oder Feuerwerksverboten während der Corona-Pandemie hält sich die Vorliebe, das neue Jahr mit viel Krach und Funken einzuleiten, wacker. Der Ursprung davon liegt bei den alten Germanen, die schon vor 2000 Jahren beim Jahreswechsel das alte Jahr mit viel Radau verabschiedeten. Man glaubte damals, dass man mit Trommeln und lauten Geräuschen die bösen Geister des vergangenen Jahres vertreiben könne. Wenn man an die guten Vorsätze und das befreiende Denken, ein Jahr hinter sich zu lassen, betrachtet, dann hat sich daran bis heute gar nicht viel geändert. Das erste richtige Feuerwerk soll es in Deutschland 1506 gegebene haben. Der Brauch, Sprengstoff bei Festen zu zünden, soll aber ursprünglich aus dem China des frühen 12. Jahrhunderts kommen.

Eine andere, etwas weniger laute, Tradition an Silvester ist das Bleigießen, das heutzutage wegen der Giftigkeit von Blei durch Wachsgießen ersetzt wird. Man schmilzt das Wachs und lässt es in kaltes Wasser tropfen, wobei Formen entstehen, die das eigene Schicksal im neuen Jahr voraussagen sollen. Woher diese Tradition kommt, kann man nicht mehr genau sagen. Forscher schreiben es sowohl den alten Griechen als auch den alten Römern zu, deren Zivilisation auf Bleiherstellung und -verarbeitung spezialisiert war.

Wer sich für das neue Jahr vornimmt, die Liebe zu finden, der sollte an Silvester rote Unterwäsche tragen. Das besagt zumindest ein Aberglaube, der in Südeuropa besonders beliebt ist: Wenn eine Frau zum Jahreswechsel rote – und am besten neue – Unterwäsche trägt, wird sie im neuen Jahr die Liebe finden und mit Gesundheit, Glück und Leidenschaft belohnt werden. Woher dieser Aberglaube kommt, ist nicht genau geklärt. Manche sagen, er sei auf Seefahrer Marco Polo zurückzuführen, der aus China den Brauch mitbrachte, dass die Farbe Rot für Glück und Wohlstand steht. Andere glauben, dass bereits im alten Rom rote Wäsche als Glückssymbol fürs neue Jahr getragen wurde.

„Dinner for One“: Das gleiche Prozedere wie jedes Jahr

Eine Tradition, die sich eingebürgert hat, obwohl sie absolut keinen abergläubischen Hintergrund hat, ist das gemeinsame Schauen von „Dinner for One“. Der britische Sketch mit Freddie Frinton und May Warden schlug in den 60er-Jahren am Theater ein wie eine Bombe und war fortan so beleibt, dass das Publikum ihn immer wieder sehen wollte. Der NDR beschloss deshalb 1962, das 18-minütige Stück aufzuzeichnen. Immer wieder wurde der Clip im Fernsehen gezeigt und seit 1972 gehört er zum festen Abendprogramm an Silvester.

Und wer nach den ganzen Feiereien vor dem Fernseher einschläft, kann am nächsten Morgen gemütlich dort liegen bleiben und das traditionelle Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker schauen.

Glücksbringer: Das bedeuten Hufeisen, Marienkäfer und Schornsteinfeger

Silvester ist nicht Silvester, wenn die Dekoration aus Glücksbringern fehlt. Hufeisen, Glückspfennige, Schornsteinfeger, vierblättrige Kleeblätter und Glücksschweine sind um diese Jahreszeit überall zu finden, schmücken die Silvester-Abteilung im Supermarkt und verzieren Berliner und Krapfen an der Bäcker-Theke.

Anders als bei vielen anderen Traditionen, ist der Ursprung des Hufeisen-Aberglaubens sogar bekannt, denn sie ist auf Papst Silvester zurückzuführen. In einer alten Erzählung über den Geistlichen heißt es, dass er zu Lebzeiten einmal von Rom nach Trier geritten ist, wobei sein Pferd ein Hufeisen verloren haben soll. Das geschah angeblich in Hausen, was heute ein Stadtteil von Mayen in der Eifel ist. In Erinnerung an diese Geschichte ist es in Hausen noch heute Tradition, dass ein Pfarrer an jedem Silvesterabend auf einem Pferd einen Reiterzug um die Kirche anführt und danach Tiere und Reiter segnet. Das Hufeisen soll außerdem Glück und Schutz für Haus und Hof bringen.

Das Glücksschwein kommt dagegen von einem Brauch der Germanen. Für sie war der Eber heilig und bedeutete Reichtum und Wohlstand. Die Marienkäfer, die in der Silvester Deko immer gern auf den vierblättrigen Kleeblättern sitzen, gelten dagegen als Boten der Heiligen Jungfrau Maria und sind somit eine christliche Tradition. Sie sollen Kranke und Kinder beschützen. Der Schornsteinfeger soll bekanntlich das ganze Jahr über Glück bringen, aber zu Silvester gingen Kaminkehrer früher noch einmal extra durch die Straßen und wünschten den Menschen ein „Frohes neues Jahr“. Wer an Silvester außerdem einen Glückspfennig oder -cent in der Tasche hat, soll im nächsten Jahr mit Reichtum gesegnet werden.

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Silvester in verschiedenen Gegenden: Von Nord nach Süd

Silvester-Bräuche sind also meist über Jahrhunderte oder Jahrtausende eingebürgerte Traditionen. Trotzdem unterscheiden sich auch in Deutschland von Region zu Region einige Details in den Neujahrsfeierlichkeiten.

In Bayern werden zum Beispiel nach alter christlicher Tradition die Rauhnächte gefeiert, die meistens von Weihnachten bis zum Drei-Königs-Tag begangen werden. In dieser Zeit werden nachts die Dämonen und bösen Geister des Vorjahres mit Weihrauch vertrieben. Außerdem gehen in einigen bayrischen und österreichischen Dörfern an Neujahr die Kinder durch die Dörfer, um mit einem jährlich wechselnden Ausruf das neue Jahr zu begrüßen. Diesen Brauch nennt man auch das „Neujahrsschreien“.

Auch im Norden begeht man die Zeit zwischen den Jahren mit ganz eigenen Traditionen. In Hamburg zum Beispiel ist es schon seit Jahrhunderten Tradition, zwischen Weihnachten und dem 6. Januar keine Wäsche zu waschen, weil die Kleidungsstücke auf der Leine früher an Totenhemden erinnerten und man zum Jahreswechsel keine solch negativen Gedanken, die Unglück bringen sollten, haben wollte. In Westfalen gibt es außerdem in traditionellen, alten Gemeinden noch das „Neujahrshämmern“. Dabei versammelt man sich bei einem Schmied, der gemeinsam mit seinen Gesellen auf einem Amboss das alte Jahr wortwörtlich „aushämmert“.

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