Am 20. Januar hatte Biden die Nachfolge von Donald Trump im Weißen Haus angetreten. In seiner Rede sagte der 78-Jährige, er habe „eine Nation in der Krise“ geerbt. „Die schlimmste Pandemie in einem Jahrhundert. Die schlimmste Wirtschaftskrise seit der Großen Depression. Der schlimmste Angriff auf unsere Demokratie seit dem Bürgerkrieg.“ Damit bezog der Demokrat sich auf die Corona-Pandemie, die durch sie ausgelöste historische Wirtschaftskrise mit Millionen Arbeitslosen und den Angriff radikaler Trump-Anhänger auf das Kapitol am 6. Januar. „Vor 100 Tagen stand Amerikas Haus in Flammen“, sagte Biden. Jetzt seien die USA wieder bereit „abzuheben“: „Wir arbeiten wieder, träumen wieder, entdecken wieder, führen die Welt wieder an“
In seiner Rede erwähnte Biden auch die Erfolge im Kampf gegen Corona. Seit Beginn seiner Amtszeit seien 220 Millionen Impfdosen gespritzt worden, mehr als die Hälfte der Erwachsenen in den USA habe bereits mindestens eine Impfdosis erhalten. Damit habe er sein selbstgestecktes Ziel von ursprünglich 100 Millionen verabreichten Impf-Dosen binnen 100 Tagen deutlich übertroffen. Er appellierte an die Menschen, sich impfen zu lassen: „Geh und lass dich impfen, Amerika!“,
„Die letzten 100 Tage in einer der schlimmsten Pandemien der Geschichte waren eine der größten logistischen Errungenschaften, die dieses Land jemals gesehen hat“, so Biden weiter. Doch noch sei die Seuche nicht besiegt, die USA müssten weiter wachsam bleiben. Die USA werden dem US-Präsidenten zufolge andere Länder mit Impfstoff versorgen, sobald es ausreichend Dosen für die eigene Bevölkerung gibt. Amerika werde für die Welt ein „Waffenlager für Impfungen“ sein, genauso wie die USA im Zweiten Weltkrieg das Zeughaus der Demokratie gewesen seien, sagte Biden. Kein Land könne alleine mit der Pandemie fertig werden, betonte er. „Es gibt keine Mauer, die hoch genug wäre, jegliche Viren abzuhalten.“
In seiner Rede stellte Biden auch klar, dass die USA keinen Konflikt mit China suchen: Er hat seinen chinesischen Amtskollegen Xi Jinping zur Einhaltung globaler Handelsregeln aufgerufen und die Verteidigung amerikanischer Interessen gelobt. „In meinem Gespräch mit Präsident Xi habe ich ihm gesagt, dass wir den Wettbewerb begrüßen und dass wir nicht auf einen Konflikt aus sind.“ Vor dem Hintergrund massiver Spannungen zwischen Russland und den Vereinigten Staaten hat er Kremlchef Wladimir Putin vor einer weiteren Eskalation gewarnt. „In Bezug auf Russland habe ich Präsident Putin gegenüber sehr deutlich gemacht, dass wir zwar keine Eskalation anstreben, dass ihr Handeln aber Konsequenzen hat.“ sagte Biden. Zu den jüngst verhängten US-Strafmaßnahmen sagte er: „Ich habe auf Russlands Einmischung in unsere Wahlen und Cyber-Angriffe auf unsere Regierung und Unternehmen direkt und angemessen reagiert.“
Biden hat in seiner ersten Rede vor beiden Kongresskammern den Transmenschen in den Vereinigten Staaten Unterstützung zugesagt. „An alle Transgender-Amerikaner, die zu Hause zuschauen - insbesondere die jungen Leute, die so mutig sind: Ich möchte, dass ihr wisst, dass der Präsident hinter Euch steht.“ Er hoffe zudem sehr, dass die Volksvertreter den „Equality Act“ zum Schutz von Angehörigen der LGBTQ-Community vor Diskriminierung verabschieden würden. Dafür muss das Gesetz eine Mehrheit im Senat erhalten.
US-Präsidenten halten traditionell jährlich eine Rede vor dem Kongress. Ab dem zweiten Amtsjahr wird die Ansprache als Rede zur Lage der Nation - State of the Union Address - bezeichnet. Die Rede fand wegen der Corona-Krise unter besonderen Bedingungen statt. Geladen waren nur rund 200 Abgeordnete, Senatoren, Regierungsmitglieder und weitere Gäste. Üblicherweise versammeln sich zu Reden des Präsidenten im Kongress rund 1600 Gäste. Nach der Kapitol-Erstürmung vor rund dreieinhalb Monaten gelten zudem strikte Sicherheitsvorkehrungen.
Eine historische Premiere stellten zwei Frauen dar, die hinter Biden saßen: Vizepräsidentin Kamala Harris in ihrer Rolle als Senatspräsidentin und die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi. Die beiden Kongressspitzen sitzen traditionell hinter dem Präsidenten, wenn dieser im Kapitol seine Rede hält. Erstmals in der US-Geschichte haben zwei Frauen diese Posten inne.
Erstmeldung vom 28. April: Washington - Es wird sein erster großer Auftritt vor dem Senat: Gut drei Monate nach seinem Amtsantritt hält US-Präsident Joe Biden* am Mittwochabend (Ortszeit; 03.00 Uhr MESZ Donnerstag, 29. April) erstmals eine Rede vor beiden Kammern des Kongresses. Die Ansprache markiert in diesem Fall das Ende seiner ersten 100 Tage im Amt. An diesem Donnerstag ist Bidens hundertster Tag als Präsident - am 20. Januar war er vereidigt worden.
Wie aus dem Weißen Haus* vorab verlautete, will der Präsident bei der Ansprache eine deutliche Ausweitung der Sozialleistungen im Land vorschlagen, um Familien mehr zu unterstützen und einen größeren Teil der Bildungskosten für Kinder und Studenten zu übernehmen. Dafür müsste der Staat viel Geld in die Hand nehmen: Der Plan würde auf ein Jahrzehnt betrachtet etwa 1,8 Billionen US-Dollar (umgerechnet 1,5 Billionen Euro) kosten und soll mit Steuererhöhungen und dem konsequenteren Eintreiben fälliger Abgaben finanziert werden.
Die erste Rede eines neu gewählten US-Präsidenten bei einer gemeinsamen Sitzung des Repräsentantenhauses* und des Senats* im US-Kapitol gilt nicht als Rede zur Lage der Nation, die ansonsten jährlich erfolgt. Bidens erste so bezeichnete Rede steht erst im nächsten Jahr an.
Im Februar vergangenen Jahres hatte Bidens Amtsvorgänger Donald Trump eine Ansprache zur Lage der Nation vor dem Kongress gehalten. Der Republikaner hatte darin vor allem die Erfolge seiner Amtszeit gelobt. Die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi, hatte Trumps Redemanuskript danach vor laufenden Kameras zerrissen und damit für einen Eklat gesorgt. Präsidenten nutzen die jährliche Rede häufig, um neue Initiativen oder Gesetze anzukündigen. (cg mit dpa) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA