1. Startseite
  2. Politik

Joe Biden nach 100 Tagen erstmals im Kongress: „Amerika bereit zum Abheben“

Erstellt:

Von: Alexander Seipp, Luisa Weckesser

Joe Biden ist 100 Tage im Amt. Nun hat er seine erste Ansprache im Kapitol dafür genutzt, um für sein massives Investitionsprogramm zu werben.

Update vom Donnerstag, 29.04.2021, 7.00 Uhr: US-Präsident Joe Biden hat seine erste Ansprache als Präsident vor dem Kongress dafür genutzt, vorsichtigen Optimismus zu verbreiten. „Nach 100 Tagen der Rettung und Erneuerung ist Amerika bereit zum Abheben. Wir arbeiten wieder. Träumen wieder. Entdecken wieder. Führen die Welt wieder an“, sagte Biden laut dpa im Kapitol.

Der Demokrat nutzte die Chance, um für seine gigantischen Investitionspläne zu werben. Diese sollen die US-Wirtschaft wieder in Gang bringen, aber auch einen strukturellen Wandel innerhalb der USA anstoßen. Biden versprach den Amerikanern in seiner Rede einen Staat, der den Menschen diene, neue Möglichkeiten schaffte und „Fairness und Gerechtigkeit“ garantiere.

Us-Präsident Joe Biden: 2 Billionen US-Dollar für den Aufschwung

Joe Bidens Rede war in jeglicher Hinsicht eine Besondere. Zum einen ist der 78 Jahre alte Demokrat erst 100 Tage im Amt. Die erste Rede vor dem US-Kapitol gilt eigentlich nicht als Rede zur Lage der Nation, die jährlich erfolgt. Allerdings hat Biden wohl in 100 Tagen mehr durchgemacht, als die meisten Präsidenten vor ihm, wie die dpa berichtet.

Joe Biden im Kongres: Kamala Harris (l), VizepräsidentinNancy Pelosi, Sprecherin des Repräsentantenhauses applaudieren.
Joe Biden im Kongres: Kamala Harris (l), VizepräsidentinNancy Pelosi, Sprecherin des Repräsentantenhauses applaudieren. © Michael Reynolds/dpa

Erstmals wurde ein US-Präsident dabei von zwei Frauen flankiert: Kamala Harris, die erste Vizepräsidentin des Landes, und die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi. Aufgrund der Corona-Pandemie war deutlich weniger Publikum vorhanden, als dies etwa noch bei der Antrittsrede seines Vorgängers Donald Trump gewesen war.

Biden nutze die Gelegenheit auch, um auf Kongressabgeordnete beider Parteien zuzugehen und sie aufzufordern sein Investitionspaket zu unterstützen. Mehr als 2 Billionen US-Dollar (rund 1,7 Billionen Euro) will Biden in den kommenden acht Jahren Investieren um Millionen neuer Jobs zu schaffen und die Wirtschaft anzukurbeln. Laut dpa handelt es sich dabei um das größte Arbeitsmarktprogramm in den USA seit dem Zweiten Weltkrieg. Biden hofft, dass der Plan zu beiträgt, die USA im wirtschaftlichen Wettbewerb des 21. Jahrhunderts zu unterstützen.

Joe Biden bei Ansprache im Kapitol: Mehr Geld für Sozialleistungen

Doch nicht nur der Arbeitsmarkt soll massiv gefördert werden: Biden will auch massiv in die Unterstützung von Familien und Schaffung von Bildungsmöglichkeiten investieren. Die Sozialleistungen will der Demokrat massiv ausweiten, gemessen auf zehn Jahre sollen sich diese laut Schätzungen dann auf 1,8 Billionen Dollar belaufen.

Finanziert werden sollen diese Investitionen laut dpa vor allem durch Steuererhöhungen. Und da liegt auch der Knackpunkt: Das Land ist noch immer tief gespalten und Joe Biden kann auf Unterstützung von den Republikanern nicht hoffen. Selbst manche Demokraten könnten das Projekt aufgrund der massiven Kosten ablehnen.

Auch der Rassismus war Thema in Joe Bidens Antrittsrede. „Wir haben alle das Knie der Ungerechtigkeit auf dem Nacken des schwarzen Amerikas gesehen“, sagte Biden und spielte dabei ganz bewusst auf die Tötung des Afroamerikaners George Floyd im vergangenen Jahr an. Ein mittlerweile verurteilter weißer Ex-Polizist hatte bei dem Vorfall minutenlang auf Floyds Hals geniet.

Aufruf zum Impfen: US-Präsident Joe Biden sieht Land auf gutem Weg aus der Coronapandemie

Vor allem aber ging es um das Thema Corona. Dabei zog Biden eine erste, vorsichtige Bilanz. „Geh und lass dich impfen, Amerika“, rief er dabei den Bürgerinnen und Bürgern zu. Jetzt seien genug Impfstoff-Dosen verfügbar, zitiert die dpa den US-Präsidenten. Die Seuche in den USA sei noch längst nicht gesiegt, aber das Land sei, so Biden, auf einem guten Weg. Man müsse aber wachsam bleiben.

Joe Biden stellte klar, dass es weiterhin viel zu tun gebe: Die USA kämpften mit der schlimmsten Pandemie seit der Spanischen Grippe, der schlimmsten Wirtschaftskrise seit der großen Depression in den 30er Jahren und, so Biden, mit dem Angriff auf das Kapitol dem schlimmsten Angriff auf die US-Demokratie seit dem amerikanischen Bürgerkrieg.

USA: Joe Biden will den Autokraten zeigen, wie stark die Demokratie sein kann

Obwohl die Innenpolitik stark im Zentrum seiner Rede stand, ging der US-Präsident auch auf Herausforderungen durch China, Russland, den Iran und Nordkorea ein. Er gelobte die amerikanischen Interessen zu verteidigen, berichtet die dpa. Chinas Präsident Xi Jinping forderte er auf, die globalen Handelsregeln einzuhalten, Kremlchef Vladimir Putin warte Biden vor neuen Eskalationen.

Die USA müssten den Autokratien zeigen, wie stark die Demokratie ist. „Wir müssen beweisen, dass Demokratie immer noch funktioniert“, sagte Biden. Er sieht seine Regierung dabei auf einem guten Weg: „Wir impfen das Land. Wir schaffen Hunderttausende von Arbeitsplätzen. Wir liefern echte Ergebnisse, die die Menschen sehen und in ihren eigenen Leben spüren können.“ (als/dpa)

Erster Auftritt nach 100 Tagen: Joe Biden bringt Billionen-Plan für Familie und Bildung mit

Erstmeldung vom Mittwoch, 28.04.2021: Washington - Joe Biden*, der Präsident der USA*, schlägt eine Ausweitung der Sozialleistungen vor, um Familien mehr zu unterstützen und einen größeren Teil der Bildungskosten für Kinder und Studenten zu übernehmen.

Der Plan würde auf ein Jahrzehnt betrachtet etwa 1,8 Billionen US-Dollar (umgerechnet 1,5 Billionen Euro) kosten und soll mit Steuererhöhungen und dem konsequenteren Eintreiben fälliger Abgaben finanziert werden, wie es aus dem Weißen Haus hieß. Biden will die Pläne demnach bei seiner ersten Rede vor beiden Kammern des US-Kongresses am Mittwochabend (Ortszeit; 03.00 Uhr MESZ Donnerstag, 29.04.2021) vorstellen.

Seine Ideen spiegeln die Schwächen wider, die letztes Jahr durch die Pandemie aufgedeckt wurden. Berichten zufolge wird der US-Präsident dafür eintreten, dass das Wirtschaftswachstum vorzugsweise von der Besteuerung der Reichen zur Unterstützung der Mittelschicht und der Armen herrührt.

Coronavirus - USA - Biden
Der Name „Sleep Joe“ trifft wohl kaum auf Joe Biden zu. © Vucci/dpa

US-Präsident Joe Biden: Spitzensteuersatz soll von 37 Prozent wieder auf 39,6 Prozent angehoben werden

Der Spitzensteuersatz soll demnach von 37 Prozent wieder auf 39,6 Prozent angehoben werden. Damit würde Biden eine von seinem Vorgänger Donald Trump* veranlasste Steuersenkung rückgängig machen, die rund ein Prozent der US-Haushalte betrifft. Die Kapitalertragssteuer soll von 20 auf 39,6 Prozent angehoben und damit fast verdoppelt werden. Dies gelte für 500.000 Haushalte und damit 0,3 Prozent der Steuerzahler. Zudem sollen Steuerschlupflöcher für Reiche geschlossen werden.

Seine Rede soll auch einen Überblick über die Fortschritte bei der Bekämpfung der Corona-Krise* geben, für die er von vielen Amerikanern gewählt wurde. Außerdem wird Biden sich auch für seinen Infrastrukturplan in Höhe von 2,3 Billionen US-Dollar einsetzen, der ausschließlich durch höhere Steuern auf Unternehmen finanziert wird.

Biden entschied sich dafür, seine Rede zu verschieben, die normalerweise direkt nach einer Amtseinführung des Präsidenten gehalten wurde. Dabei gab er sich die Gelegenheit, nicht nur über den Schmerz der Corona-Pandemie zu sprechen, sondern auch über konkrete Fortschritte bei der Bekämpfung der Krise*.

Ansprache im US-Kapitol: Fortschritte bei der Bekämpfung der Corona-Krise sollen zur Sprache kommen

In seinen ersten drei Monaten im Amt nach der US-Wahl* unterzeichnete Biden einen Corona-Hilfsentwurf in Höhe von 1,9 Billionen US-Dollar, der ohne eine einzige GOP-Abstimmung verabschiedet wurde, und leitete Direktzahlungen in Höhe von 1400 US-Dollar pro Person an mehr als 160 Millionen Haushalte.

Hunderte Milliarden Dollar an Hilfsgütern werden bald für die Regierungen der Bundesstaaten und Kommunen eintreffen, genug Geld, um das Wachstum der USA in diesem Jahr um 6% zu übertreffen - ein Niveau, das seit 1984 nicht mehr erreicht wurde.

Neuer Billionenplan: Joe Biden möchte Familien und Bildung fördern

Neu ist auch ein „Familien“ -Plan. Ein erheblicher Teil des Vorschlags würde sicherstellen, dass berechtigte Familien bis 2025 mindestens 250 USD monatlich pro Kind erhalten, was die erweiterte Steuergutschrift verlängert, die Teil der Corona-Hilfe von Biden war. Für alle 3- und 4-Jährigen gibt es 200 Milliarden US-Dollar für die kostenlose Vorschule. Weitere 225 Milliarden US-Dollar würden für die subventionierte Kinderbetreuung aufgewendet und in Kinderbetreuer investiert.

Ein nationales bezahltes Familien- und Krankenurlaubsprogramm würde zudem zu einem Preis von 225 Milliarden US-Dollar gestartet. Weitere 200 Milliarden US-Dollar sollen verwendet werden, um die Krankenkassenprämien für Personen, die durch das Affordable Care Act abgesichert sind, dauerhaft zu senken.

Die US-Regierung will zudem rund 109 Milliarden Dollar investieren, um zwei Jahre eines grundlegenden Studiums an sogenannten Community Colleges kostenlos anzubieten, deren Besuch einen günstigeren Hochschulabschluss ermöglicht. Mit weiteren 85 Milliarden Dollar sollen bestehende Stipendien ausgeweitet werden.

US-Präsident Joe Biden: Vorschläge brauchen die Zustimmung des Kongresses

Bidens Vorschlag bedarf der Zustimmung des Kongresses. Seine Demokraten haben im Repräsentantenhaus eine ausreichende Mehrheit, im Senat sind sie aber für viele Vorhaben auf Abweichler unter den Republikanern angewiesen. Mit manchen Vorschlägen könnte Biden zudem selbst bei einzelnen gemäßigten Demokraten im Senat auf Ablehnung stoßen.

Welche Punkte aus seinem „Amerikanischen Familienplan“ wann umgesetzt werden könnten, ist daher noch unklar. Fest steht jedoch: Um all dies zu finanzieren, ist eine Reihe von Steuererhöhungen für die Reichen nötig, die in einem Jahrzehnt etwa 1,5 Billionen US-Dollar einbringen würden. (luw/afp/dpa)  *fr.de ist ein Angebot von IPPEN MEDIA.

Auch interessant