Wagenknecht-Demo in Berlin: Personen aus „rechtem Spektrum“ beteiligt – Schwarzer nennt ZDF-Reporter „Ratte“
Die von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer organisierte Kundgebung in Berlin ist beendet. Berichte über die Anzahl der Teilnehmenden variieren.
- Demo in Berlin: Die Kundgebung der von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer ist beendet
- Bunte Mischung: Auch Rechtsextreme sollen auf der Kundgebung unterwegs gewesen sein
- Angebot der AfD: Björn Höcke bot Wagenknecht bei einer Pegida-Demo einen Parteiwechsel an
Update vom Montag, 27. Februar, 10.15 Uhr: Alice Schwarzer hat sich auf der von ihr und Sahra Wagenkecht organisierten Demonstration in Berlin offenbar im Ton vergriffen. Wie ein Video, das auf Youtube veröffentlicht wurde, zeigt, beleidigte Schwarzer den ZDF-Reporter Fabian Köster, bekannt aus der Satire-Sendung „heute show“. Nach einem Interview-Versuch Kösters auf der Demo ging Schwarzer weiter und nannte den 27-Jährigen offenbar „eine Ratte“. Das berichten zahlreiche Medien übereinstimmend. Die Passage ist im eingangs verlinkten Video allerdings nur schwer verständlich. Zuvor hatte Schwarzer den ZDF-Reporter bereits als „klischeehaften Typen“ bezeichnet. Weder Köster noch Schwarzer kommentierten die Vorwürfe bislang.
+++ 20.30 Uhr: Alice Schwarzer hat die von ihr und Sahra Wagenknecht initiierte Kundgebung am Samstag in Berlin als „gewaltigen Erfolg“ gewertet. „Ich bin total glücklich“, sagte die Frauenrechtlerin am Abend der Deutschen Presse-Agentur. „Es war eine so friedliche und fröhliche Stimmung. Keine parteigebundene Stimmung, keine Sektenstimmung. Da waren einfach Menschen aus der Mitte der Gesellschaft, die aus allen Ecken Deutschlands angereist waren, um ein Zeichen zu setzen.“
Angeblich 50.000 Teilnehmende bei Wagenknecht-Demo – Polizei Berlin spricht von 13.000
+++ 18.15 Uhr: Bei der Berliner Demonstration für Verhandlungen mit Russland im Ukraine-Krieg hat die Polizei nach Angaben eines Sprechers keine Kenntnisse von rechtsextremen Teilnehmern vor Ort. Der Sprecher konnte am Samstag nach Ende der Kundgebung auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur lediglich bestätigen, dass sich Menschen aus dem rechten Spektrum unter die Teilnehmer gemischt hätten. Demnach waren nach Schätzungen der Polizei gut 13.000 Menschen gekommen. Eine Sprecherin der Veranstalter hatte während der Kundgebung am Brandenburger Tor von rund 50.000 Teilnehmern gesprochen.

Augenzeugen hatten während der Kundgebung mehrere Anhänger rechter Gruppierungen gesichtet. Die Polizei berichtete, dass sich eine Gruppe linker Gegendemonstranten eine lautstarke Auseinandersetzung mit dem Herausgeber des „Compact“-Magazins, Jürgen Elsässer, geliefert habe. Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft das Magazin als erwiesen rechtsextremistische Bestrebung ein. Nach Parteiangaben waren auch zahlreiche Mitglieder der AfD vor Ort, unter ihnen der sächsische AfD-Chef Jörg Urban (siehe Update v. 16.55 Uhr).
Wagenknecht-Kundgebung in Berlin: Auch AfD-Mitglieder auf Demo
+++ 16.55 Uhr: Nach Parteiangaben waren bei der Berliner „Friedensdemo“ auch zahlreiche Mitglieder der rechtspopulistischen AfD zugegen. Das berichtete am Nachmittag die Deutsche Presse-Agentur. Unter den bekannteren Teilnehmenden der Partei war etwa der sächsische Landesvorsitzende der rechten Partei, Jörg Urban, der auf einem Twitter-Foto mit einem Schild mit Friedenstaube zu sehen war. Auch der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla hatte das Manifest des Initiatorinnen-Duos Wagenknecht/Schwarzer unterzeichnet.
In einem Post auf dem Kurznachrichtendienst Twitter erklärte die Partei sich solidarisch mit der Forderung der Demonstrierenden, Waffenlieferungen an die Ukraine einzustellen und stattdessen Friedensverhandlungen zu fordern. „Ein Jahr nach Beginn des Krieges brauchen wir endlich ernsthafte Bemühungen um Friedensverhandlungen statt noch mehr Eskalation!“, schrieb die AfD laut dpa. Es sei alarmierend, dass man inzwischen diskreditiert und als Verräter beschimpft werde, wenn man sich für den Frieden einsetzte.
Auch die umstrittene Linke-Politikerin Sahra Wagenknecht forderte erneut lautstark den Stopp von Waffenlieferungen an die Ukraine. Es gehe darum, „das furchtbare Leid und das Sterben in der Ukraine zu beenden“, sagte sie am Samstag im Rahmen der Kundgebung. Zugleich gehe es darum, Russland ein Verhandlungsangebot zu unterbreiten, „statt einen endlosen Abnutzungskrieg mit immer neuen Waffen zu munitionieren“. Es gelte, das Risiko einer Ausweitung des Krieges auf ganz Europa und womöglich die Welt zu bannen. Dieses Risiko sei „verdammt groß“.
Friedensbanner und Hitler-Vergleiche – Umstrittene Demo in Berlin größtenteils friedlich
+++ 16.10 Uhr: Im Verlauf der Kundgebung hat die Polizei Berlin ihre Schätzung der Teilnehmerzahl deutlich nach oben korrigiert. Demnach wären rund 13.000 Menschen zur Demonstration in die Berliner Innenstadt gekommen. Organisatorinnen und Organisatoren gehen hingegen von 50.000 Teilnehmenden aus und werfen Polizei und Medien vor, die Zahlen absichtlich kleinzureden. Obwohl Demonstrierende stellenweise „ihrem Unmut Luft gemacht hätten“, dass auch Rechtsextreme an der Demo teilgenommen hätten, sei die Veranstaltung laut Polizei größtenteils ruhig verlaufen, berichtet der Spiegel.
Auf Plakaten und Bannern forderten viele der Demonstrierenden Waffenlieferungen in die Ukraine einzustellen und so Frieden zu schaffen, auf einer hölzernen Panzer-Attrappe verglichen Teilnehmende Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) mit Hitler und Napoleon. Mit-Organisatorin Alice Schwarzer sprach auf der Bühne davon, dass es „lächerlich“ sei, der Ukraine einzureden sie könne den Krieg gegen Russland gewinnen.
„Anfang einer Bürgerbewegung“ – Umstrittene Demo in Berlin beginnt
+++ 15.20 Uhr: Während bei der Großdemonstration in Berlin die ersten Rednerinnen und Redner das Wort ergriffen haben, hat die Polizei die Teilnehmenden via Twitter daran erinnert, dass das Zeigen von kriegsverherrlichenden Symbolen, etwa der Buchstaben V und Z, die aktuell in Russland als Zeichen des Kriegs verwendet werden, beim „Aufstand für den Frieden“ verboten ist. In Vor-Ort-Berichten etwa der Tagesschau sowie von dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel, heißt es, dass neben Unterstützerinnen und Unterstützern, der 80er-Jahre Friedensbewegungen in Ost- und Westdeutschland auch zahlreiche Personen aus dem „Querdenken“-Milieu sowie aus der Reichsbürger-Szene nach Berlin gekommen wären.
Berichtet wird etwa im Spiegel von lautstarken Buhrufen, als beim Start der Veranstaltung durch die Demoleitung darauf hingewiesen worden sei, dass das Zeigen rechtsextremer Symbole und russischer Flaggen „nicht gewünscht“ sei. Mitorganisatorin Alice Schwarzer nannte die Veranstaltung wenig später „Anfang einer Bürgerbewegung“. Am Rande der Demo habe es jedoch schon erste Zusammenstöße zwischen Mitgliedern der Linken gegeben, die sich lautstark gegen die Teilnahme des rechtsextremen „Compact“-Herausgebers Jürgen Elsässer wehren.
„Irreführung der Bevölkerung“ – Tausende bei umstrittener Demo in Berlin
+++ 14.20 Uhr: In Berlin haben sich am Brandenburger Tor mehrere Tausend Menschen zu einer Kundgebung für Verhandlungen mit Russland statt Waffenlieferungen für die Ukraine versammelt. Kurz vor Beginn der Demo sprach die Polizei zunächst von etwa 5000 Teilnehmenden und weiter starkem Zustrom. Bisher habe es aber keine besonderen Vorkommnisse gegeben. Die Veranstalter schätzten die Zahl der Teilnehmenden auf mindestens 10.000.
„Es ist aber nicht auszuschließen, dass es mehr werden“, sagte ein Sprecher. Der Zulauf sei wohl auch wetterabhängig. Die Polizei ist mit 1400 Kräften im Einsatz, hieß es auf Twitter. Einige der Teilnehmenden schwenkten Fahnen mit Friedenstauben. Rund um das Brandenburger Tor waren auch mehrere kleinere Gegendemonstrationen mit zweistelligen Zahlen angemeldet worden.
Teilnehmende wurde auf der Webseite zur Kundgebung „Aufstand für Frieden“ zum Verzicht von Partei- und Nationalfahnen aufgerufen. „Rechtsextreme Flaggen, Embleme und Symbole haben auf unserer Kundgebung keinen Platz“, hieß es.
Wagenknecht- und Schwarzer-Demo in Berlin: Björn Höcke mit Angebot
+++ 12.45 Uhr: Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht steht wegen der angekündigten Großdemo in Berlin mit Frauenrechtlerin Alice Schwarzer massiv in der Kritik. Eine neue politische Heimat könnte Wagenknecht zumindest in der AfD finden. „Kommen Sie zu uns“, sagte Björn Höcke, Fraktionsvorsitzender der Partei in Thüringen, am Freitag bei einer Pegida-Demo in Dresden. „Hier mit uns können Sie die Politik machen, von der Sie in der Linke nur träumen“, so der Rechtsaußen-Politiker. Das Jüdisches Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus (JFDA) hatte einen Ausschnitt der Rede des Politikers auf Twitter veröffentlicht. Bei der Demo in Berlin werden 10.000 Teilnehmende aus verschiedenen politischen Lagern von weit rechts bis weit links erwartet.
Update vom Samstag, 25. Februar, 12.10 Uhr: Nach Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat sich auch Finanzminister Christian Lindner gegen den Aufruf der umstrittenen Friedensdemo in Berlin ausgesprochen. „Putins Aggression verharmlosen, Waffenlieferungen ablehnen“, schrieb der FDP-Politiker auf Twitter: Das seien nach seiner Einschätzung „keine Hilfen“, sondern „nur Forderungen nach diplomatischen Lösungen“. Man müsse der Wagenknecht- und Schwarzer-Demo deutlich entgegnen. „Wer der Ukraine nicht zur Seite steht, steht auf der falschen Seite der Geschichte“, so Lindner. Im Minutentakt werden unter dem Hashtag „#b2502“ bei Twitter Statements zu der bevorstehenden Berlin-Demo veröffentlicht.
Wagenknecht- und Schwarzer-Demo in Berlin: 10.000 Teilnehmende erwartet
Erstmeldung vom Samstag, 25. Februar: Berlin – Der Ukraine-Krieg hat sich zum ersten Mal gejährt. Das nehmen die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht und Feministin Alice Schwarzer zum Anlass für eine Kundgebung am Brandenburger Tor in Berlin. Das Motto lautet „Aufstand für Frieden“.
Nach der großen Demonstration zur Unterstützung der Ukraine am Freitagabend (24. Februar) in Berlin wird am Samstag (25. Februar) gegen 14 Uhr eine Kundgebung gegen weitere Waffenlieferungen erwartet. Rund 10.000 Teilnehmende sind bei der Polizei angemeldet. Die Berliner Polizei wird mit einem Großaufgebot im Einsatz sein, da die Demonstrierenden aus verschiedenen politischen Lagern von weit rechts bis weit links kommen und Konflikte befürchtet werden.
Wagenknecht- und Schwarzer-Demo in Berlin: SPD, Linke und Grüne mit Kritik
Wagenknecht und Schwarzer fordern Verhandlungen mit Russland. Die beiden Frauen veröffentlichten vor zwei Wochen bereits ein polarisierendes „Manifest für Frieden“. Darin warnen sie vor einer Eskalation des Ukraine-Krieges und forderten Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf, „die Eskalation der Waffenlieferungen zu stoppen“. Mehr als 600.000 Menschen unterzeichneten das Manifest.
Führende Politikerinnen und Politiker von SPD, Grüne und Linken haben sich von der Friedensdemonstration abgegrenzt. „Ich teile die Überzeugung dieses Aufrufs nicht“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“. Russlands Präsident Wladimir Putin würde derzeit nur eine bedingungslose Kapitulation der Ukraine akzeptieren. „Der Moment, der eine Friedensperspektive eröffnet, der muss erst entstehen“, so Scholz.
Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) kritisierte die Demonstration. „Jeder, der bei Sinnen und Verstand ist, wünscht sich Frieden“, sagte er am Freitagabend in einer ARD-Sendung. Wagenknecht und die ihr folgenden Leute wollten etwas als Frieden verkaufen, das ein „imperialistischer Diktator“ Europa aufzwinge. Sollte sich das durchsetzen, wäre das eine Einladung an den Kremlchef persönlich, die nächsten Länder zu überfallen. „Das ist kein Frieden, das ist eine Chimäre, die da aufgebaut wird, das ist eine politische Irreführung der Bevölkerung“, warnte der Vizekanzler.
Auch Linke-Parteichefin Janine Wissler grenzte sich von dem Aufruf ab. Der Umgang mit der Mobilisierung in rechten Kreisen mache ihr Sorgen. „Da hat der Aufruf eine Leerstelle“, sagte Wissler den Zeitungen der Funke Mediengruppe. In der Frankfurter Rundschau von IPPEN.MEDIA forderte sie in einem Gastbeitrag, dass die Militarisierung durchbrochen werden müsse: „Wir brauchen breite gesellschaftliche Mobilisierungen, die mit einer klaren Abgrenzung nach Rechtsaußen Alternativen erkennbar machen. Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus, das gehört untrennbar zusammen.“
Auch aus Sicht des SPD-Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich grenze sich der Aufruf nicht von radikalen Strömungen ab. Dennoch müsse man anerkennen, dass Teile der Bevölkerung eine noch stärkere Orientierung auf Friedensgespräche fordern, sagte er der Rheinischen Post. Konservative starteten eine Petition gegen das Wagenknecht-Manifest. Sie fordern: Mehr Waffen für die Ukraine.
Demo in Berlin: Schwarzer bestreitet mangelnde Abgrenzung gegen Rechte
Alice Schwarzer hingegen widersprach den Vorwürfen. „Selbstverständlich werden wir gegen jede Art von rechtsextremer Propaganda auf dem Platz angehen“, versicherte die Frauenrechtlerin der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Wagenknecht und sie stünden für das Gegenteil von rechter Politik.
Zudem bestritt Schwarzer, dass sie generell gegen Waffenlieferungen für die Ukraine sei. Vielmehr müssten diese mit diplomatischen Bemühungen einhergehen. Es stimme absolut nicht, dass Wagenknecht und sie eine Kapitulation der Ukraine in Kauf nehmen wollten. „Aber nach einem Jahr Tod und Zerstörung frage ich auch: Was hält uns davon ab, jetzt schon Verhandlungen zu beginnen anstatt noch drei Jahre damit zu warten?“ (kas/ska mit dpa/AFP)