Junge-Union-Chef Tilman Kuban sprach sich in der Rheinischen Post für eine Mitgliederbefragung bei mehreren Kandidaten für den Parteivorsitz* aus. Eine Befragung sei durch eine Urnenwahl in den Kreisgeschäftsstellen schnell umsetzbar. Dann könne auch der Parteitag noch in diesem Jahr stattfinden. Dieser wird sowie nötig, weil nach dem CDU-Parteistatut die Wahl des Vorsitzenden einem Parteitag vorbehalten ist. Dieser müsste also bei einer vorherigen Mitgliederbefragung zustimmen.
Eine fühlbare breite Mehrheit der Mitglieder in CDU und CSU und der Öffentlichkeit haben die Hinterzimmerklüngelei satt.
Auch die Werteunion - ein Verein besonders konservative Unionsmitglieder - schloss sich dem Vorschlag eines Mitgliederentscheid zur Wahl des Vorstands und des Vorsitzenden an. „Eine fühlbare breite Mehrheit der Mitglieder in CDU und CSU und der Öffentlichkeit haben die Hinterzimmerklüngelei satt. Alles andere als eine Entscheidung der Basis besiegelt das Ende der CDU als Volkspartei“, sagte der Bundesvorsitzende Max Otte*.
Neben Jens Spahn, Friedrich Merz oder Ralph Brinkhaus gilt auch Unions-Fraktionsvize Carsten Linnemann als potenzieller Kandidat. Der Wirtschaftspolitiker fände es gut, wenn die Kreisvorsitzenden am Samstag für eine Mitgliederbefragung zur Neubestimmung der Parteispitze stimmten. Dies solle mit einer inhaltlichen Neuausrichtung verbunden werden, sagte er im ARD-„Morgenmagazin“. Er forderte darüber hinaus einen baldigen Parteitag. „Ich wäre dafür, den Bundesparteitag schon im Dezember stattfinden zu lassen.“
Linnemann appellierte an seine Partei, sich nach der Abhängigkeit von der langjährigen CDU-Chefin und Bundeskanzlerin Angela Merkel* mit einem Team an der Parteispitze neu aufzustellen. In solch einem Team würde er auch mitwirken wollen. „Ich bin für eine Teamlösung und spiele in diesem Team gerne eine Rolle, in welcher Funktion auch immer.“ Seine Forderung nach einem schnellen Parteitag begründete Linnemann auch damit, dass im nächsten Jahr drei Landtagswahlen bevorstehen.
Doch offenbar sind nicht alle Kreisverbände für eine Mitgliederbefragung zur Vorsitzendenfrage. 13 Kreisverbände hätten sich für eine solche Befragung nur als Instrument bei künftigen Entscheidungen über die Kanzlerkandidatur von CDU und CSU ausgesprochen, berichtet die Welt. Im April 2021 war es zu einem heftigen Gerangel zwischen Laschet und CSU-Chef Markus Söder* um den Posten gekommen.
Auch Laschet äußerte sich zuletzt skeptisch über eine Mitgliederbefragung. Ein Bundesparteitag sei „immer noch ein sehr gutes Instrumentarium, um die Breite der Partei abzubilden“, sagte der Noch-Parteichef beim „Deutschlandtag“ der Jungen Union*. Man solle nicht so tun, als entschieden Bundesparteitage mit mehr als 1000 Delegierten an der Basis vorbei. „Ich bin nicht prinzipiell dagegen“, sagte Laschet zur Frage der Mitgliederbefragung. „Wir können das mal machen.“ Man sollte aber auch anerkennen, dass es in Konsensgesprächen leichter sei als in Mitgliederbefragungen, mehr junge Leute und Frauen in Vorstandsposten zu bekommen. Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hält die Befragung der Mitglieder für den falschen Ansatz.
Ein Parteitag könnte Merz in Erklärungsnot bringen. Er hatte für eine Mitgliederbefragung geworben. „Ob ich nochmal für den Parteivorsitz kandidiere oder nicht, das ist eine Frage, mit der ich mich nicht abschließend beschäftigt habe“, sagte Merz in einem Talk bei „Maybrit Illner“ Anfang Oktober. „Ich schließe eines aus: Ich werde nicht noch einmal in eine streitige Abstimmung auf einem Bundesparteitag gehen.“ In den vergangenen Jahren unterlag er bei solchen Abstimmungen Annegret Kramp-Karrenbauer und Laschet.
Wichtig sei neben den Personalfragen aber auch weiterhin die nach Inhalten und der politischen Richtung, mahnte Baden-Württembergs Landtagsfraktionschef Manuel Hagel. Er machte sich aus diesem Grund in den Stuttgarter Nachrichten und der Stuttgarter Zeitung dafür stark, einen Parteitag erst im Januar oder Februar 2022 abzuhalten.
Am Samstag wird also eine wichtige Weichenstellung vorgenommen. Weiter geht es dann am Dienstag. Die CDU-Gremien treffen formal eine Entscheidung. (cibo/dpa/AFP) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.