Brexit-Deal abgesegnet: EU bestätigt Handelsabkommen - wichtige Details bleiben aber offen

Das EU-Parlament bestätigt den Handelsvertrag mit Großbritannien. Eine wichtige Frage ist damit geklärt. Die Vorgaben müssen jetzt nutzbar gemacht werden.
Berlin, Bonn, London - Das nach dem Brexit* geschlossene Handelsabkommen zwischen der EU und Großbritannien wurde bestätigt. Mit einer überwältigenden Mehrheit von 660 der 679 Stimmen der EU-Abgeordneten, teilte EU-Parlamentspräsident David Sassoli mit. Der Vertrag sieht den beiderseitigen Verzicht jeglicher Zölle und Mengenbeschränkungen vor.
Am 28. April 2021 hat das Europäische Parlament das Handels- und Kooperationsabkommen vom 24. Dezember 2020 zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich ratifiziert. Das Abkommen hatte seit dem 1. Januar 2021 schon vorläufig gegolten. Seit dem 31. Januar 2020 ist Großbritannien offiziell aus der EU ausgetreten*.
Brexit-Deal: EU-Parlament ratifiziert Handelsabkommen - „Nach den Turbulenzen sehr willkommen“
„Damit ist das Fundament der europäisch-britischen Wirtschaftsbeziehungen deutlich sicherer geworden“, erklärt Jürgen Friedrich, Geschäftsführer von Germany Trade & Invest (GTAI). „Dies ist nach den Turbulenzen der vergangenen Jahre sehr willkommen.“
Allerdings wird noch viel Arbeit erforderlich sein, die teilweise recht allgemein gehaltenen Vorgaben des Abkommens konkret nutzbar zu machen, betont die GTAI in einer Publikation auf ihrer Website anlässlich der Außenwirtschaftstage 2021 des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) erschienen ist.
Brexit macht noch viel Arbeit: Details in Freihandelsabkommen müssen noch geklärt werden
Deutlich wird dies beispielsweise bei der praktisch wichtigen Anerkennung von Berufsqualifikationen, die im Abkommen nur rudimentär geregelt ist. Für bindende Regelungen sollen die jeweiligen Berufsorganisationen zuständig sein.
Im Warenhandel gibt es zwar deutlich konkretere Regelungen, ein Ersatz für Binnenmarkt und Zollunion kann das Abkommen trotzdem nicht sein. Vollständige Zollfreiheit gibt es nämlich nur für Waren mit EU-Ursprung, und eine gegenseitige Anerkennung von Standards ist gar nicht vorgesehen, weder für Industrieprodukte noch für Lebensmittel.
Hürden für deutsche Händler: Britische Übergangsfristen enden dieses Jahr - Brexit-Deal birgt weitere Aufgaben
„Die britische Seite gewährt zwar einseitige Übergangsfristen, die aber Ende des Jahres auslaufen“, betont Stefanie Eich, Deputy Director im Bereich Zoll bei Germany Trade & Invest. „Dann erhöhen sich die Hürden für deutsche Exporteure erneut: Gesundheitszertifikate für Lebensmittelexporte sind ebenso Pflicht wie eine Umstellung der Produktkennzeichnung von CE auf das nur in Großbritannien gültige UKCA-Label.“
Neben erheblichen Herausforderungen gibt es jedoch auch große Chancen. Ein Blick auf den britischen Markt ist für deutsche Unternehmen weiterhin lohnenswert, betont Marc Lehnfeld, Wirtschaftsexperte und GTAI-Korrespondent in London. Viele Branchen locken mit attraktiven Geschäftschancen. „Es wird viel investiert“, erklärt Lehnfeld. So etwa in die Vervierfachung der Kapazitäten der Offshore-Windenergie, in den Infrastrukturbau mit Milliardeninvestitionen oder das Ausbauprogramm für über 40 neue Krankenhäuser. „Wer die Hürden in Kauf nimmt, kann noch nach dem Brexit von den Marktchancen im Vereinigten Königreich profitieren.“
Brexit-Handelsabkommen: „Wettbewerbsvorteile deutscher Unternehmer fallen zum großen Teil weg“
Lehnfeld gibt aber zu bedenken: „Die einstigen Wettbewerbsvorteile deutscher Unternehmen aus dem europäischen Binnenmarkt fallen zu einem großen Teil weg. Gerade mit Blick auf die Konkurrenz aus dem Ausland sind deshalb gute und enge Wirtschaftsbeziehungen mit dem Königreich für unsere Außenwirtschaft so wichtig. Wir brauchen eine starke Partnerschaft.“ (ots/dpa)*Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.