Pro Jahr verlieren wir eine Woche Arbeitszeit – durch das Warten aufs Internet

Schlechte Internetverbindungen kosten Büroangestellte laut einer Umfrage durchschnittlich eine gesamte Arbeitswoche im Jahr. Einige Anwendungen sind besonders störanfällig.
Stuttgart – Stockende Bilder und verzerrte oder abgehackte Stimmen: für Büroangestellte in der Digitalwüste Deutschland keine Seltenheit. Auch aktuelle Messungen zeigen, dass Nutzer im Land starke Nerven beweisen müssen, denn in vielen Fällen haben sie eine deutlich schlechtere Internetverbindung als eigentlich vertraglich vereinbart. Nun hat eine Online-Umfrage des Internetknoten-Betreibers DE-CIX herausgefunden, dass lahmes Internet nicht nur Nerven, sondern vor allem auch wertvolle Zeit kostet. So verlieren Büroangestellte pro Woche durchschnittlich 46 Minuten Arbeitszeit durch langsame Netzverbindungen – auf das Jahr gerechnet ergibt das fast eine gesamte Arbeitswoche.
Dass Deutschland im internationalen Vergleich bei der Internetgeschwindigkeit eher schlecht abschneidet, dürfte für die meisten keine Überraschung sein. Selbst Länder wie Rumänien, Taiwan oder Andorra sind dahingehend besser ausgestattet. Auch für Unternehmen in Baden-Württemberg ist das problematisch, denn die Welt hängt am Internet. Ob Kommunikation, Versorgung oder Mobilität: Käme es zum digitalen Blackout, würde auch die Gesellschaft lahm liegen. Ganz so drastisch ist es noch nicht, aber immerhin rund zwei Drittel der 1009 befragten Arbeitnehmer haben mindestens einmal im Monat mit Verzögerungen zu kämpfen, mehr als ein Drittel sogar mehrmals in der Woche oder täglich.
Langsames Internet raubt Arbeitszeit: Verbindung im Homeoffice geringfügig besser
Dabei macht es einen minimalen Unterschied, ob von zuhause aus oder im Büro gearbeitet wird, denn im Homeoffice ist die Verbindung laut der Umfrage wohl stabiler und vor allem schneller. So klagen 40 Prozent der Befragten, die überwiegend im Büro arbeiten, über Verbindungsprobleme. Bei den Angestellten, die meist im Homeoffice oder hybrid arbeiten, sind es nur 35 Prozent. Besonders störanfällig sind bandbreitenintensive Anwendungen wie Videokonferenzen über Tools wie Zoom, Teams oder Webex. So treten 39 Prozent der Störungen während solcher Meetings auf. Downloads, Cloud-Anwendungen, und der Versand von Mails sind ebenso problematisch.
Auch der Wohnort beziehungsweise Standort des Büros spielt bei der Stabilität des Internets eine Rolle, wie die Umfrage zeigt. Kurioserweise ist die Internetverbindung in Großstädten offenbar häufiger unterbrochen als in Kleinstädten. So meldeten 40 Prozent der Großstädtler täglich oder mehrmals pro Woche Probleme bei der Versorgung. In weniger bewohnten Städten waren es nur 35 Prozent.
VR-basierte Meetings können so nicht funktionieren
Die Mehrheit der Befragten (37 Prozent) vermutet, dass ein überlastetes Netz Grund für die Verbindungsprobleme ist. Andere denken eher, dass der Netzausbau verantwortlich ist. Auch in der Stadt Stuttgart und in den einzelnen Regionen gibt es Gebiete, die beim Ausbau der Glasfaserkabel deutlich weiter fortgeschritten sind als andere. Viele Arbeitnehmer sehen zudem eine Mitschuld an der dürftigen Internetverbindung beim jeweiligen Unternehmen, etwa wegen veralteter Endgeräte.
Mit Blick in die Zukunft ist Ivo Ivanov, Geschäftsführer und Vorstandsvorsitzender bei DE-CIX, nicht sehr zuversichtlich, dass Bandbreitenfresser wie VR-basierte Meetings bald angewendet werden können. Dafür sei die Internetverbindung nicht stabil genug. „Mit einer Verbindung, die bereits bei einer Videokonferenz an ihre Grenzen kommt“ wird das „nicht funktionieren“, sagt er. Doch ganz abgesehen davon, dass solche Zukunftskonzepte noch nicht umsetzbar sind, müssen Unternehmen laut Ivanov schon jetzt eine bessere Anbindung schaffen, damit Mitarbeitende produktiv arbeiten können.