Limburger „Axtmörder“ wirkte nach der „Hinrichtung“ entspannt

“Axtmord„ in Limburg: Am vierten Verhandlungstag haben Zeugen des bestialischen Verbrechens ausgesagt. Der Starverteidiger wird jetzt vom Staat bezahlt.
- Im Oktober 2019 hatte der Beschuldigte Imad A. in Limburg seine Frau umgefahren und mit einer Axt auf sie eingehauen
- Am 12.05.2020 begann der Prozess am Limburger Landgericht
- Nun sagten Zeugen vor Gericht aus und berichteten über das brutale Verbrechen
Limburg - Sonne. Blauer Himmel. Ein schöner Freitagmorgen im Herbst. „Juhu“, sagt die Mutter am 25. Oktober 2019 um kurz nach acht, als ihr Mann den Sohn zur Krippe fährt. „Endlich kann ich mal in aller Ruhe frühstücken.“ Mit der Ruhe ist es wenig später vorbei. „Es hat einen tierischen Knall gegeben“, berichtet die 32-Jährige am Freitag (29.05.2020) vor der 2. Schwurgerichtskammer des Limburger Landgerichts. „Ich dachte, da ist ein Lkw in ein Haus gefahren; aber nicht in unseres.“
Die Polizeivollzugsbeamtin geht im Nachthemd auf den Balkon und sieht, was sie ihr Leben lang nicht vergessen wird: Ein Auto steckt im Haus, ein Helfer zieht an der Tür. Sie geht in die Wohnung, um den Notruf abzusetzen, kommt zurück und beobachtet, wie ein Mann etwas aus dem Kofferraum holt und damit auf eine Person „einhackt“.
Limburger „Axtmord“: Zeugen sagen bei Prozess aus - „Als wollte er ein Stück an einer Stelle durchhacken“
Die Frau ruft vom Balkon aus „Lassen Sie das“. Nach drei, vier Hieben schaut der Täter kurz hoch, schlägt anschließend weiter zu. Ein Passant redet auf ihn ein. „Wo ist denn jetzt eure Polizei?“, ruft der Mörder und wirft die Axt weg. Danach geht er „relativ entspannt und ruhig“ auf dem Parkplatz der Kreishandwerkerschaft hin und her. Der Eindruck der Polizistin: „Er hat sein Werk vollbracht.“
Diesen Eindruck schildern auch andere Zeugen. Alle erläutern, dass Imad A. gezielt und keineswegs hektisch auf seine leblos am Boden liegende Frau eingeschlagen und danach sehr gefasst und ruhig gewirkt habe. „Als wollte er ein Stück an einer Stelle durchhacken“, sagt einer.
Mehrere haben gehört, dass der Deutsche mit tunesischen Wurzeln das vor ihm ins Frauenhaus geflüchtete Opfer beschimpft hat. „Du hast es doch so gewollt“, „Das ist alles Deine Schuld“ und „Du blöde Schlampe“, schreit er mehrfach.
Limburg: Mann erschlägt Frau mit Axt - Zuvor wurde Opfer von Auto erfasst
Nur ein Zeuge hat auch den vorangegangenen Unfall erlebt, bei dem Sana auf dem Gehweg mit fast 90 km/h von hinten erfasst und 22,5 Meter weit und 3,60 Meter hoch durch die Luft geflogen ist. Der 67-Jährige ist zu Fuß vom Bahnhof zur VHS unterwegs; am ersten Kreisel (mit der Lokomotive) auf einer Höhe mit der Mutter, die ihre beiden kleinen Kinder zur Kita gebracht hat. Am zweiten Kreisel hört der Dreikirchener ein lautes Motorgeräusch und nimmt ein stark beschleunigendes Fahrzeug wahr. „Das Auto ist ganz dicht an mir vorbeigeschossen; ich habe den Luftzug gespürt“, sagt er. „Der Pkw hat die Frau von hinten erfasst und durch die Luft gewirbelt.“ Der Industriemeister läuft zum Pkw und macht kehrt, als er die Waffe sieht.
Die Sekretärin der Kreishandwerkerschaft sah das Geschehen von ihrem Büro, später von der Straße aus. „Das war grausam. Wie eine Hinrichtung“, sagt die 47-Jährige. „Ich habe geschrien, er soll aufhören.“
Ein 55-Jähriger, der unmittelbar vor dem Unfall auf den Parkplatz gefahren war, war als Erster am demolierten Audi A 6 Avant. „Hinter dem Auto lag eine leblose Frau, im Wagen waren sämtliche Airbags offen. Ich habe niemand gesehen und die Fahrertür nicht aufbekommen, dann dem Fahrer geholfen, über die Beifahrertür rauszukommen. In der Zwischenzeit war noch ein weiterer Helfer da. Als der Herr auf den Beinen stand, hat er auf einmal eine Pistole gezogen und auf mich gezielt“, sagt der Waldemser. Er hat beobachtet, wie Imad erst das Küchenbeil von der Rückbank und schließlich die Axt aus dem Kofferraum geholt und mehrfach draufgeschlagen hat: Mit dem Beil mit einer Hand und mit der Axt mit beiden.
Nach Mord in Limburg: Zeugen sagen bei Prozess aus - „Ich habe in einen Abgrund geschaut„
Der Polizist, der Imad gemeinsam mit einem Kollegen festgenommen hat, erklärt, dass der Täter auf die Polizei gewartet und sich nicht gewehrt hat. „Wir haben die Dienstwaffen gezogen und ,Polizei, Polizei!‘ gerufen“, sagt der 55-jährige Hauptkommissar. „Die Person fasste sich an die Kleidung, holte eine Schusswaffe hervor, warf sie sofort weg, kniete ohne Aufforderung nieder und legte sich auf den Bauch.“

Was der Vorfall für sie bedeutet hat, fragt der Vorsitzende Richter Dr. Andreas Janisch alle Zeugen. „Ich habe in einen Abgrund geschaut. Das war das Schlimmste, was ich jemals in meinem Leben gesehen habe“, sagt die Sekretärin. „Das beschäftigt einen; auch wegen des Gefühls, dass ich nicht helfen konnte.“ Der 67-Jährige war geschockt und hatte Schlafstörungen, war bei der Opferhilfe und beim Psychologen. „Die ersten drei, vier Tage waren schwer“, sagt der Ersthelfer. „Ich konnte mich bei der Arbeit nicht konzentrieren.“ Die Polizeibeamtin schreckte in den ersten Wochen bei jedem vorbeifahrenden Auto auf und sah sich um, wenn sie mit ihrem Sohn zum Pkw ging.
Der Kfz-Sachverständige wird zum zweiten Mal gehört. Er hatte die These des Verteidigers vom versuchten Suizid gestützt („Der Fahrer hat alles getan, dass er es nicht überlebt“) und erklärt erneut, dass Imad nicht angeschnallt und alle Sicherheitssysteme abgeschaltet waren.
Mord in Limburg - Anwalt des Täters: “Er weiß, was er getan hat“
Imad schaut keinen der Zeugen an, alle Aussagen verfolgt er regungslos mit gesenktem Kopf. Als die Verfahrensbeteiligten vor der Mittagspause auf einem großen Bildschirm minutenlang die schrecklichen Videoaufnahmen betrachten, blickt der Angeklagte nur einmal ganz kurz hin.
„Mein Mandant hat Schuldgefühle. Er weiß, was er getan hat“, sagt sein Verteidiger Wolfgang Stahl später im Gespräch mit dieser Zeitung.
Aus diesem Grund erklärt er sich zu Sitzungsbeginn auch bereit, ein Teilanerkenntnis für die Unterhalts- und Schmerzensgeldansprüche der beiden Kinder abzugeben. Der Antrag des Jugendamtes, das als Nebenkläger auftritt, die Summe von insgesamt mindestens 200 000 Euro in diesem Strafverfahren festzulegen, hat wenig Aussicht auf Erfolg. Darauf macht Janisch aufmerksam.
Der Vorsitzende Richter gibt einen zweiten interessanten Hinweis: Starverteidiger Wolfgang Stahl aus Koblenz ist ab sofort Pflichtverteidiger. Dem Angeklagten und seiner Familie ist das Geld ausgegangen. Der Rechtsanwalt wird nun (möglicherweise auch rückwirkend) vom Staat bezahlt.
Video: Beziehungstat in Limburg: Ehefrau angefahren und erschlagen
Von Joachim Heidersdorf
Der Prozess gegen Imad A. geht in eine entscheidende Phase. Jetzt stellt der Verteidiger des Axtmörders eine Forderung.
Im Landgericht Limburg fällt nach über einem Montag Verhandlungen das Urteil gegen den "Axtmörder".