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Ruhestand mit zwei Jahren Verspätung: Holding-Chef Ewald Desch hört auf

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Von: Kerstin Biehl

Der Geschäftsführer der Beteiligungs Holding Hanau, Ewald Desch, geht Ende Februar in den – nicht nur sprichwörtlich – wohl verdienten Ruhestand.
Der Geschäftsführer der Beteiligungs Holding Hanau, Ewald Desch, geht Ende Februar in den – nicht nur sprichwörtlich – wohl verdienten Ruhestand. © Kerstin Biehl

Ewald Desch ist ein Mann der Zahlen. „Das ist mein Metier, schon immer gewesen“, sagt der langjährige Geschäftsführer der Beteiligungsholding Hanau (BHG). Denn so gehört es sich für jemanden, dem es obliegt, die Bilanzen der städtischen Gesellschaften – beispielsweise Klinikum, Stadtwerke oder Bäder – im Blick zu halten und für positive Ergebnisse zu sorgen.

Hanau – Doch damit ist nun Schluss. Ende Februar verabschiedet sich der 68-Jährige in den Ruhestand. OB Kaminsky lobt Desch als einen, der die BHG „trotz vieler Herausforderungen stets in ruhiger See gesteuert hat.“ Und das weit über das offizielle Ruhestandsalter hinaus. Planmäßig hätte Desch seit 1. Mai 2019 in Rente sein können. „Ich wollte eigentlich gemeinsam mit Kaminsky, zum Ende seiner Amtszeit, gehen. Doch dann entschloss sich der OB, noch einmal anzutreten. Hinzu kam die pandemische Lage und die mit ihr verbundenen Herausforderungen. Ein Nachfolger war auch noch nicht gefunden. Also habe ich weitergemacht“, sagt Desch.

Geboren wurde er 1953 in Wirtheim – heute ein Ortsteil von Biebergemünd. Dort besuchte Desch die Grundschule, ging später auf die Handelsschule nach Gelnhausen und absolvierte eine Ausbildung zum Industriekaufmann bei Dunlop in Hanau.

„Ich habe meine ersten 30 Lebensjahre in Wirtheim verbracht, bin immer gependelt“, erzählt er. Bis heute – obwohl mittlerweile in Gelnhausen daheim – ist Desch seinem Geburtsort treu verbunden. Er singt dort im gemischten Chor „Sound of Wäddem“ im Bass und ist Chorvorsitzender.

Damals, nach der Ausbildung, wollte Desch mehr, auch weil bei der Dunlop, so erzählt er, „Wert auf Weiterbildung“ gelegt wurde. Auch ein damaliger Lehrer spornte ihn an. „Er hatte die Gabe, seine Schüler dafür zu begeistern, noch eine Schippe drauf zu legen.“ Also entschloss sich Desch für ein Studium der Betriebswirtschaft an der FH Frankfurt. Parallel dazu arbeitete er als Werkstudent bei Dunlop weiter.

Nach seinem Studium begann Desch bei den Stadtwerken Frankfurt. „Das war am 1. Mai 1980.“ Dieses Datum, so wie viele andere, hat der Zahlenmensch Desch exakt im Kopf. Als Trainee fing er an, landete im Bereich Controlling und war als Organisator schließlich vorwiegend für Finanzen und betriebswirtschaftliche Themen zuständig.

1989 dann der Wechsel nach Hanau. „Ich habe die Stellenanzeige der Stadtwerke in der Zeitung gesehen. Ein kaufmännischer Prokurist wurde gesucht. Ausschlaggebend für mich waren neben der geringeren Entfernung die Aufgabe, die mich gereizt hat und natürlich auch ökonomische Aspekte.“

2001 wurde Desch Geschäftsführer der Stadtwerke Hanau und führte das städtische Unternehmen bis 2010. Rückblickend nennt er als einen der wohl wichtigsten Meilensteine in seiner Zeit als Stadtwerke-Chef die Fusion mit Mainova, die bis heute mit 49,9 Prozent an den Stadtwerken beteiligt ist. Auch den Abzug der Amerikaner und die damit verbundenen Mindereinnahmen 2008 sowie die Finanzkrise 2009 hat Desch noch gut in Erinnerung. „Das war keine einfache Zeit.“

Zum 1. Januar 2011 wechselte Desch zur Holding, wo Deschs Vorgänger, Roland Laig, sich in die Altersteilzeit verabschiedete. Deschs Aufgabe: die finanz- und ertragswirtschaftlichen Kennzahlen zu stabilisieren und zu verbessern. „Vom OB hatte ich damals eine klare Ansage bekommen“, erinnert er sich. „Ich sollte den Stadtkonzern ergebnismäßig in ein anderes Fahrwasser bringen.“

Es galt, die schwarze Null zu erreichen. Desch entpuppte sich als der Richtige für diese Aufgabe. Von einem Minus in Höhe von neun Millionen führte er die BGH zwar nicht ganz ins Plus, doch zu einem, wie er sagt, „handelbaren Minus von unter einer Million“.

„Und wäre ich planmäßig in den Ruhestand gegangen, hätte ich mich auch mit einer akzeptablen Ergebnissituation verabschieden können. Doch jetzt müssen wir mit der Pandemie umgehen.“

Deren Auswirkungen abzufedern, wird auch eine der Hauptaufgaben von Deschs Nachfolger Markus Menzen sein. Seit Mitte Januar steht er nun an der Spitze der Beteiligungsholding; wird von Desch eingearbeitet. „Für einen reibungslosen Übergang“, der sei ihm wichtig, sagt der 68-Jährige. Er wird aus Hanau aber noch nicht ganz verschwinden. Noch bis Ende September wird er die Geschicke des Hafens lenken. „Das ist mir Recht, denn dann ist der Aufprall ein bisschen abgemildert“, sagt er und fügt hinzu: „Dann werde ich 69. Irgendwann ist dann auch mal gut.“

Und dann, wie geht es für ein Arbeitstier wie Desch im Ruhestand weiter? „Dann reihe ich mich ein in die Heerschar zuhause geduldeter Männer“, lacht er. Doch Aufgaben hat er auch in der Rente noch genug. Schon immer hat Desch auch außerhalb seines Berufs vielfältige Verpflichtungen. So ist er Mitglied des Gelnhäuser Stadtparlaments, sitzt für die SPD-Fraktion in mehreren Ausschüssen und ist stellvertretender Verwaltungsratsvorsitzender der Kreissparkasse Gelnhausen.

Er lebt mit Ehefrau Brigitte und den beiden erwachsenen Kindern im Stadtteil Haitz. Für seine kleine Enkelin Marlis habe er bald mehr Zeit, auch um Hol- und Bringdienste zu übernehmen. Im Sommer rufe zudem der Garten, der nach Rasenmähen und Gehölzrückschnitten verlange.

Einen Rat gibt Desch seinem Nachfolger gern mit auf den Weg: „Eine werteorientierte Führung und Kommunikation. Dazu gilt es natürlich auch, authentisch zu bleiben. Und eine gewisse Stringenz an den Tag legen. Nicht immer nur jedermanns Darling sein, das bringt dieser Job mit sich. Wobei ich immer versucht habe, durch Argumentation statt durch erhobene Stimme zu überzeugen.“

Von Kerstin Biehl

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