1. Startseite
  2. Hanau

„Haus rund um das Erwerbsleben“ ist ein Kernprojekt der Kreisfreiheit

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Christian Spindler

So könnte das Großprojekt aussehen, das Stadt und Bundesagentur bauen wollen. Die Stadt will auf dem Gelände zwischen der Straße Am Hauptbahnhof, Boschstraße, Ottostraße und Industrieweg die Gebäudeteile links vom Foyer bauen. Rechts ist das Hochhaus der Arbeitsagentur zu erkennen, links der Hauptbahnhof-Kreisel. Ansicht: Carpus+Partner
So könnte das Großprojekt aussehen, das Stadt und Bundesagentur bauen wollen. Die Stadt will auf dem Gelände zwischen der Straße Am Hauptbahnhof, Boschstraße, Ottostraße und Industrieweg die Gebäudeteile links vom Foyer bauen. Rechts ist das Hochhaus der Arbeitsagentur zu erkennen, links der Hauptbahnhof-Kreisel. Ansicht: Carpus+Partner © -

„Wir sind bereit“, sagt Monika Wendt. Bereit für ein Großprojekt am Hanauer Hauptbahnhof, das in mehrfacher Hinsicht innovativ ist. Bautechnisch, vom Zuschnitt der Ämter und Behörden her sowie hinsichtlich der Raumkonzeption. Ein Projekt, das wie kein anderes von der Hanauer Kreisfreiheit abhängt. Erst wenn die unter Dach und Fach ist – derzeit laufen die Verhandlungen zwischen Stadt und Land wieder verstärkt – kann es realisiert werden. In Hanau will man jedenfalls vorbereitet sein.

Hanau – In der Computeransicht steht das „Haus rund um das Erwerbsleben“ schon. Ein dreiteiliger Neubau hinter dem jetzigen Hochhaus der Arbeitsagentur am Hauptbahnhof: Begrünte Fassaden, gläsernes Foyer, Atrium-Innenhöfe. „Ob das auch genau so gebaut wird, steht aber noch nicht fest“, sagt Wendt, die Leiterin des städtischen Projektbüros Kreisfreiheit. Das habe auch etwas mit den Kosten zu tun. Vorerst ist alles nur ein Entwurf, mit dem das Architekturbüro Carpus + Partner ein Vergabeverfahren gewonnen hat. Fünf Büros waren in der engeren Wahl.

Kooperationsprojekt von Stadt Hanau und Arbeitsagentur

Das „Haus rund um das Erwerbsleben“ ist ein Kooperationsprojekt von Stadt und Arbeitsagentur. Wenn Hanau kreisfrei wird, wollen beide eine gemeinsame Anlaufstelle schaffen für alle Belange rund ums Erwerbsleben und für soziale Hilfen. Die Einrichtung soll sich ebenso um Arbeitslose sowie um Hartz IV-Empfänger kümmern. Derzeit ist allein der Kreis für die Betreuung der Langzeitarbeitslosen (Hartz IV) zuständig, beispielsweise mit seinem Kommunalen Center für Arbeit (KCA).

Zwei der drei Neubauten des Großprojekts soll die städtische Baugesellschaft errichten, einen die Bundesagentur. Zum städtischen Teil wird unter anderem die Wohngeldstelle gehören, eine Außenstelle der Volkshochschule und eine Beratungsstelle für Familien, die von Kindergeld- über Asylfragen bis zu Alphabetisierungskursen vieles aus einer Hand bietet. Die Idee: „Wir wollen niemanden verlieren“, sagt Monika Wendt. Gemeint ist der Weg zwischen Behörden und Institutionen, auf dem Menschen immer wieder „hin- und hergeschoben“ würden. Hilfen würden so auch ineffektiv, blieben ungenutzt und würden so im schlimmsten Fall versanden.

Beim Raumkonzept wollen die Planer neue Wege gehen

Die ersten Planungen für eine solche Familienstelle liefen in Hanau seit 2019, unterstreicht Wendt, also lange, bevor sich jetzt auch die neue Berliner Ampel-Koalition so etwas auf die Fahnen geschrieben habe. Wendt: „Wir sind da schon so etwas wie Vorreiter.“

Auch bei den Planungen fürs Raumkonzept will man neue Wege gehen. „Wir waren schon mittendrin“, sagt Monika Wendt. Dann kam Corona. Das hat neue Fragen aufgeworfen. Auch die: „Wie sehen künftige Büros aus? Welchen Anteil hat Homeoffice in Zukunft? Braucht jeder einen eigenen Schreibtisch vor Ort, können sich Mitarbeiter, die teils von daheim aus, teils vor Ort arbeiten, Büros teilen? Wie wirkt sich das alles aus, wenn die Digitalisierung voranschreitet?“ Fragen, die derzeit in vielen Unternehmen ventiliert werden.

Im Falle des „Hauses rund um das Erwerbsleben“ hat das schon Konsequenzen. Es wurde ein Pilotprojekt gestartet, das OB Claus Kaminsky bereits im vorigen Jahr im parlamentarischen Haupt- und Finanzausschuss kurz skizzierte und das als Blaupause für weitere Bereiche der Unternehmung Stadt dienen könnte.

Für die Planung holte man sich die private Accadis Hochschule aus Bad Homburg ins Boot. Auftrag an die Betriebswirte: Ausloten, was wirklich gebraucht wird und wo „Einsparpotenziale bei den Flächen“ sind, erklärt Wendt. „Wir wollen schließlich nicht im großen Stil etwas bauen, was so nicht gebraucht wird.“ Zudem habe es Umfragen unter potenziellen Mitarbeitern gegeben, wie die sich das Büro der Zukunft vorstellen. Mittlerweile haben die Accadis-Leute ihre Auswertung vorgelegt. Ergebnis: Während die ursprüngliche Raumplanung für die beiden städtischen Gebäudeteile aus dem Jahr 2019 in etwa einen Flächenbedarf von 7400 Quadratmetern mit 250 Mitarbeitern vorsah, lautet die aktuelle Empfehlung der Fachhochschule, man komme mit 5600 Quadratmetern für 220 Mitarbeiter aus. Einsparpotenzial an Fläche: immerhin 24 Prozent.

Dass auf Grundlage des Pilotprojekts die Raumkonzepte auch in anderen städtischen Bereichen auf den Prüfstand sollen, gilt mittlerweile als ausgemacht. Kürzlich wurde im Rathaus auch eine Stabsstelle Organisationsentwicklung und Digitalisierung eingerichtet. Die reduzierte Mitarbeiterzahl beim städtischen Projektteil am Hauptbahnhof hat auch damit zu tun, dass entgegen erster Planungen ein eigenständiges Hanauer Gesundheitsamt, das im Zuge der Kreisfreiheit zu schaffen wäre, nicht in die Neubauten mit einziehen soll. „Die Schnittmenge zu den anderen Stellen ist kaum gegeben“, begründet Wendt. Wo das Gesundheitsamt seinen Sitz haben soll, ist noch ungeklärt – wie viele andere Fragen in Sachen Kreisfreiheit auch. Wenn die am Ende beschlossene Sache ist, soll es dann „zwei bis drei Jahre“ dauern, bis das „Haus rund um das Erwerbsleben“ bezugsfertig ist ...

Von Christian Spindler

Auch interessant