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Grüne wollen Photovoltaik-Pflicht / Koalition ist dagegen

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Von: Kerstin Biehl

Für verpflichtende Photovoltaik auf Neubauten setzen sich die Grünen im Stadtparlament ein – die Koalition hingegen hält nichts von Verpflichtungen und setzt auf Freiwilligkeit. Archivfoto: DPA
Für verpflichtende Photovoltaik auf Neubauten setzen sich die Grünen im Stadtparlament ein – die Koalition hingegen hält nichts von Verpflichtungen und setzt auf Freiwilligkeit. Archivfoto: DPA © -

1,5 Grad und nicht mehr – das Klima-Abkommen von Paris zur Begrenzung der Erderwärmung und die dafür erforderliche Energiewende haben die Hanauer Grünen im Fokus, wenn sie für die Grimm-Stadt eine Photovoltaik-Pflicht fordern. Denn, so Fraktionsvorsitzender Stefan Weiß im Rahmen der Stadtverordnetenversammlung: „Auf der kommunalen Ebene ist die Förderung von Photovoltaikanlagen ein Weg, unabhängig von fossilen Energieträgern zu werden.

Hanau – Jede vor Ort erzeugte Kilowattstunde Strom macht unabhängig von der künftigen Strompreisentwicklung und ist vor allem ein Beitrag zum lokalen Klimaschutz. Zum Erreichen der Klimaziele ist Photovoltaik alternativlos.“

Das Potenzial für Photovoltaik sei in Hanau nicht ausgeschöpft. Weiß spricht von nicht einmal 1000 Anlagen in der Brüder-Grimm-Stadt, die die Bundesnetzagentur im Jahr 2020 gezählt habe. In anderen Städten sei man da deutlich weiter, etwa in Reutlingen, das ungefähr so groß wie Hanau ist und 2500 Solaranlagen hat.

Dennoch, es habe sich einiges getan, seit das Stadtparlament im Jahr 2008 eine Leitlinie für nachhaltiges und energieeffizientes Bauen verabschiedet habe. Als Beispiele zählt der Fraktionschef die Solaranlage auf der August-Schärttner-Halle und solche auf städtischen Parkhäusern auf. Doch im privaten Bereich sei wenig passiert.

Deshalb der Vorstoß der Grünen, in der Stadt eine Verpflichtung zur Installation von Photovoltaikanlagen einzuführen. Geschehen soll dies in Bebauungsplänen für Neubauten durch entsprechende Vorgaben in städtebaulichen Verträgen und bei genehmigungspflichtigen Umbauten. Dabei, so heißt es im Grünen-Antrag, kann freigestellt werden, ob Dachflächen für Photovoltaik eigenständig genutzt oder extern vermietet werden, wobei die Stadtwerke ein Mietangebot machen sollten. Diese Verpflichtung solle auch für städtische Neu- und Bestandsgebäude gelten.

Um eine Solarpflicht für ganz Hessen einzuführen, so wie es sie beispielsweise bereits in Baden-Württemberg gibt, müsse die Initiative von Städten und Gemeinden vorangetrieben werden, so Weiß. Durch Gesetzesänderungen und Steuererleichterungen sei Photovoltaik auch wirtschaftlich wieder interessanter geworden. „Mit der Verpflichtung zur Installation von Photovoltaikanlagen stellt sich Hanau weiterhin in die Reihe derer, die im Klimaschutz Vorreiter sein möchten“, warb Weiß für den Antrag seiner Fraktion.

Die Regierungskoalition sieht das anders. Photovoltaik sehen CDU, SPD und FDP zwar als wichtigen Schritt zur Energiewende, „um das Ziel, Hanau bis 2040 klimaneutral zu machen, zu erreichen“. Von einer Verpflichtung halten die Koalitionäre aber nichts.

„Die Energiewende muss sozial sein“, sagt Thomas Straub (SPD). Zudem litten schon jetzt viele Bauherren unter hohen Zinsen und steigenden Baukosten. „Wenn sie jetzt noch eine Solaranlage finanzieren müssen, die sich erst in 20 Jahren amortisiert, kann die Finanzierung gefährdet sein.“

Zudem sei Hanau auf einem guten Weg. Mit dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan „Freiflächen-Photovoltaikanlage Großauheim-Kaserne“ beispielsweise habe Hanau einen Riesenschritt in Richtung Energiewende getan.

Die Koalition macht zudem darauf aufmerksam, dass nicht jedes Hausdach für Solarenergie geeignet sei, wenn zum Beispiel die Dachausrichtung ungünstig oder das Dach verschattet ist. Dazu verweist Antragsteller Weiß auf mögliche Sonderregelungen.

Der Hanauer FDP-Vorsitzende Henrik Statz meint: „Jede zusätzliche Bauvorschrift sorgt für Zurückhaltung beim Bauen. Aber wir brauchen Wohnraum.“ Eine Solaranlagenpflicht werde nach seiner Meinung nicht zu mehr Solaranlagen, sondern aufgrund bürokratischer und finanzieller Mehrbelastung zu weniger Wohnungen führen. „Wir brauchen zum Bauen weniger, nicht mehr Vorschriften.“

Oliver Rehbein (BfH) schlug sich auf die Seite der Koalition: „Mit einer Ver- und Gebotspolitik können wir von der BfH nichts anfangen.“

Jochen Dohn (Die Fraktion) hingegen bezeichnete den Antrag der Grünen als „sinnig und wichtig“. Klimaschutz sei eine Pflichtaufgabe der Kommunen.

Angelika Gunkel (Grüne) führte aus: „Die Erfahrung der vergangenen Jahre hat doch gezeigt, dass wir um Energiemaßnahmen gar nicht herum kommen. Wir wollen doch die Leute nicht gängeln, sondern fit für die Zukunft machen. Wir leben zur Zeit in einer Situation, in der der Staat die Energiekosten abmildert. Solaranlagen sind ein Weg in die Autonomie.“

Der Grünen-Antrag wurde vom Stadtparlament einstimmig zur weiteren Diskussion in den Struktur- und Umweltausschuss verwiesen.

Von Kerstin Biehl

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