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Bei der Hanauer Tafel werden Lebensmittel knapp

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Von: Kerstin Biehl

Tafel Hanau.
Die Kühlschränke der Hanauer Tafel sind leer. © -

Es ist 15 Uhr am Mittwochnachmittag. Am Johanneskirchplatz 7 finden sich mehr und mehr Menschen ein. Manche haben einen Trolley dabei, die meisten Einkaufstaschen. Sie warten auf ihr Zeitfenster. Werden sie aufgerufen, dürfen sie eintreten, um sich mit Lebensmitteln der Tafel Hanau einzudecken. Doch diese sind knapp geworden. Durch die Pandemie, aber auch durch den Krieg in der Ukraine.

HANAU – „Wir haben im Vergleich zu Januar 10 000 Kilo weniger an Lebensmitteln. Vor allem an haltbaren Lebensmitteln mangelt es uns“, sagt die Leiterin der Tafel, Annette Geier-Neugebauer. Generell bekomme die Einrichtung eher selten und wenig haltbare Lebensmittel – wie Nudeln, Reis oder Mehl – gespendet. Doch nun sind auch Obst und Gemüse, Milchprodukte sowie Fleisch und Wurstwaren knapp.

„Im Januar verzeichnen wir jedes Jahr weniger Spenden. Doch normalerweise können wir spätestens ab Anfang März wieder mit mehr Lebensmitteln kalkulieren. In diesem Jahr ist das leider nicht so und es wird nicht besser“, berichtet Jutta Knisatschek, die Geschäftsführerin der Stiftung Lichtblick, die die Tafel betreibt.

Durch die Pandemie seien viele Aktionen, die der Tafel zugutekommen, wie Spendensammlungen durch Schüler oder Konfirmanden weggefallen. Zudem würden in den Lebensmittelgeschäften immer häufiger Lebensmittel mit einem kurzen Mindesthaltbarkeitsdatum mit minus 30 Prozent oder mehr für den Verbraucher zum Kauf angeboten. „Das merken wir durchaus. Diese Lebensmittel fehlen uns.“

Zwar habe es in der vergangenen Woche eine Spende von rund 600 Bechern Naturjoghurt gegeben – diese reichten aber maximal für eine Woche. „Anfang März erreichten uns zirka 1700 Kilo vegetarische Brotaufstriche und diverse Suppen. Davon haben wir noch etwas im Lager. Am Mittwoch bekamen wir drei Rollwagen Panettone, die noch für diese Woche reichen“, so Jutta Knisatschek. Ansonsten sei das Lager leer.

„Wir haben weniger Lebensmittel und dazu mehr Tafelkunden – und das bereits vor dem Eintreffen der Masse von ukrainischen Flüchtlingen.“

Die Folge: Die Einkäufe der Tafelkunden müssen kleiner ausfallen. „Jetzt gibt es beispielsweise nur noch entweder Wurst oder Käse. Der Joghurt ist Familien mit Kindern vorbehalten. Und es gibt nur noch ein Teil Gemüse und ein Teil Obst pro Person. Die Kühlschränke sind fast leer und auch unsere Lager“, beschreibt Geier-Neugebauer die Situation.

Die gerechte Verteilung sei sehr schwierig, schließlich solle jeder etwas bekommen. Manchmal sei es auch so, dass Tafelkunden nicht verstünden, warum sie an diesem Tag eben keinen Joghurt bekommen, denn sie sehen den Joghurt ja im Kühlschrank stehen. Man versuche dann die Situation zu erklären, in der Hoffnung, bei den Kunden auf Verständnis zu stoßen. „Es ist wirklich keine schöne Situation. Wir würden so gerne mehr ausgeben, haben aber einfach nicht genug.“

Anfang des Jahres konnte die Hanauer Tafel rund 30 bis 40 neue Tafelkunden aufnehmen. „Jetzt sind wir voll. Wir haben eine Warteliste“, so Knisatschek. In der vergangenen Woche waren auch die ersten Geflüchteten aus der Ukraine bei der Tafel. Sie hatten ein offizielles Schreiben von der Stadt dabei, das sie berechtigt, sich als Tafelkunde zu bewerben. „Natürlich haben wir diese Leute nicht weggeschickt. Wir haben immer irgendetwas übrig, das wir Bedürftigen, Unangekündigten und Notleidenden mitgeben können. Aber was neue Tafelkunden angeht, haben wir eben momentan diese Warteliste.“

Eine ukrainische Familie, die derzeit auf Sportsfield untergebracht ist, steht nun auf der Warteliste der Tafel. Es sei möglich, dass weitere Geflüchtete vorsprechen. Für diese und für andere unerwartete Gäste werde stets etwas zurückgehalten, Brot und Gemüse.

„Wenn nur ein paar kommen, können wir das bewältigen. Wenn es aber viele werden, brauchen wir Unterstützung“, sagt Geier-Neugebauer.

Auch der Dachverband der Tafeln in Hessen schlägt Alarm. Er bittet in einem Rundschreiben um Spenden für die Einrichtungen vor Ort, besonders in Landkreisen, die große Massenunterkünfte für Ukraine-Flüchtlinge beherbergen.

Der Wunsch von Jutta Knisatschek und Annette Geier-Neugebauer ist es, dass die Menschen auch nach wie vor an die Bedürftigen vor Ort denken: „Nicht nur in der Ukraine werden Lebensmittel gebraucht, auch hier benötigen wir händeringend diese Lebensmittel, denn unser Lager ist – bis auf Brot und Stückchen – ziemlich leer. Wir dürfen auch die Leute hier nicht vergessen.“

Ihr Aufruf: „Die Tafel benötigt dringend Lebensmittelspenden, vor allem haltbare Lebensmittel wie Nudeln, Reis, Grieß, haltbare Milch, Babynahrung oder Milchpulver.“ Und: „Uns ist es dabei egal, welche Nationalität unsere Bedürftigen haben, ob sie Geflüchtete sind oder nicht. Zu unseren Kunden gehören mehr als 23 verschiedene Nationalitäten.“

Von Kerstin Biehl

Jutta Knisatschek, Geschäftsführerin Stiftung Lichtblick
Natürlich würden wir gerne mehr ausgeben – aber wir haben nicht genug. © -
Annette Geier-Neugebauer Leiterin Hanauer Tafel
Wir haben 10 000 Kilo weniger Lebensmittel als im Januar. © -

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