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Ausbildungsmarkt zu Corona-Zeiten: Das sagt die Chefin der Agentur für Arbeit Hanau

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Von: David Scheck

Zwei Menschen vor dem Logo der Agentur für Arbeit
Die Corona-Krise hat auch Auswirkungen auf den lokalen Ausbildungsmarkt: Für Hanau und den restlichen Main-Kinzig-Kreis gebe es derzeit laut der Hanauer Agentur für Arbeit rund zwölf Prozent weniger Lehrstellen. © Carsten Rehder/dpa

Die Corona-Krise hat starke Auswirkungen auf den Ausbildungsmarkt. Wir haben mit der Chefin der Argentur für Arbeit Hanau über die Situation gesprochen.

Hanau – Jedes Jahr im Spätsommer machen Arbeitsagentur, Industrie- und Handelskammer (IHK) und Handwerkskammer auf das gleiche Problem aufmerksam: etliche Ausbildungsstellen bleiben unbesetzt. Während die Hörsäle an den Hochschulen aus allen Nähten platzen, fehlen Betrieben die Nachwuchskräfte. Und wahrscheinlich hätten die Agentur und die Kammern auch in diesem Jahr wieder das bestehende Missverhältnis angemahnt – doch dann kam Corona. Das Virus macht in diesem Jahr vieles anders – die Grundprobleme sind die gleichen geblieben.

Die Pandemie hat auch die Wirtschaft im Main-Kinzig-Kreis kräftig durchgeschüttelt. Den Lockerungen zum Trotz ist vieles immer noch nicht im Normalzustand. So auch in der Hanauer Agentur für Arbeit am Hauptbahnhof: Das Gebäude ist wie alle Arbeitsagenturen nach wie vor für den Publikumsverkehr geschlossen, der Kontakt mit den Kunden findet per Telefon oder über das Internet statt. Welche langfristigen Folgen die Corona-Krise auf die lokale Wirtschaft haben wird, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nur abschätzen. Auswirkungen werden jetzt aber bereits auf dem Ausbildungsmarkt spürbar: Mit 2018 Stellen gebe es „deutlich weniger Ausbildungsplätze“ als im Vorjahr, wie die Leiterin der Hanauer Arbeitsagentur, Heike Hengster, verdeutlicht. Konkret seien es 274 weniger, ein Rückgang um zwölf Prozent.

In nahezu allen Bereichen werden laut Leiterin der Arbeitsagentur Hanau Azubis gesucht

Allerdings gebe es auch weniger Bewerber, die sich gemeldet haben, was dazu führe, dass in nahezu allen Berufsbereichen noch Azubis gesucht würden. Auch in Corona-Zeiten also ein aus den Vorjahren vertrautes Bild.

Nachdem die meisten Bereiche des öffentlichen Lebens und der Wirtschaft zur Eindämmung der Pandemie runtergefahren wurden, mussten viele Unternehmen erst einmal sich selbst retten – und müssen es immer noch. Jungen Menschen eine Ausbildung zu ermöglichen, rückte da in den Hintergrund. Nachvollziehbar, findet auch Hengster. Doch Corona verdrängt vielleicht manche Probleme, lässt sie aber nicht verschwinden. „Der Fachkräftemangel wird ja nicht weniger“, erinnert die Hanauer Agenturchefin.

Das hat auch die Bundesregierung auf dem Schirm und ein 500 Millionen Euro schweres Hilfsprogramm für kleine und mittelgroße Ausbildungsbetriebe auf den Weg gebracht, um durch die Corona-Pandemie bedrohte Ausbildungsplätze zu sichern. Eckpunkte dazu hat das Kabinett bereits verabschiedet.

Förderung zum Erhalt des Ausbildungsniveaus dank der Bundesregierung

So erhalten Betriebe, die besonders von der Corona-Pandemie betroffen sind, eine Prämie, wenn sie ihr Ausbildungsniveau halten, also nicht weniger Stellen anbieten als in den drei Jahren zuvor. Gefördert wird bei Vorliegen der Voraussetzungen ein einmaliger Zuschuss in Höhe von 2000 Euro für jeden für das Ausbildungsjahr 2020/2021 abgeschlossenen Ausbildungsvertrag. Unternehmen, die ihr Ausbildungsplatzangebot erhöhen, soll – anstelle des Zuschusses bei gleichbleibender Anzahl an Plätzen – eine Prämie von 3000 Euro für jeden gegenüber dem früheren Niveau zusätzlich abgeschlossenen Ausbildungsvertrag gezahlt werden.

Ausbildungsbetriebe, die ihre Aktivitäten in der Krise fortsetzen und für Auszubildende sowie deren Ausbilder keine Kurzarbeit anmelden, sollen mit einer Förderung von 75 Prozent der Brutto-Ausbildungsvergütung besonders unterstützt werden. Und auch Betriebe, die Auszubildende anderer Firmen übernehmen, entweder weil diese die Ausbildung nicht weiter leisten können oder Insolvenz anmelden mussten, sollen eine Förderung bekommen.

Das Förderprogramm werde es mancher Firmenleitung bei der Frage „Ausbildung ja oder nein?“ leichter machen, ist Hengster überzeugt. Und tatsächlich hätten sich in den Tagen nach der Verabschiedung des Hilfsprogramms der Bundesregierung zahlreiche Firmen aus dem Main-Kinzig-Kreis bei der Hanauer Arbeitsagentur nach der Förderung erkundigt.

Wer die Förderung zu zahlen hat, ist noch unklar, so die Chefin der Agentur für Arbeit Hanau

Einziges Problem: Noch ist nicht geklärt, wer die Förderung an die Unternehmen auszahlt. Bezüglich der Überprüfung der Kriterien, die für eine Förderung erfüllt sein müssen, habe die Arbeitsagentur zwar den Überblick, welches Unternehmen für welchen Zeitraum Kurzarbeit angemeldet hat, jedoch nicht, wie viele Ausbildungsplätze die einzelnen Betriebe in den Vorjahren angeboten haben. Diese Informationen hätten die Berufskammern, erläutert Hengster. Eine schrittweise Rückkehr zur Normalität wünscht man sich auch bei der Hanauer Arbeitsagentur: Nachdem in den zurückliegenden Monaten das sonst übliche Programm nicht angeboten werden konnte – das Berufsinformationszentrum (BiZ) ist nach wie vor geschlossen und die Jobberater konnten nicht in die Schulen –, will man nach den Sommerferien auf die Schulen zugehen und ausloten, wie eine Berufsberatung dort wieder stattfinden kann.

Infos zu Ausbildung

Auch ohne Publikumsverkehr ist das BiZ für Schulabgänger, die auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz sind, erreichbar: telefonisch unter z 06181 672-555 (dienstags von 8 bis 12 Uhr und donnerstags von 12 bis 16 Uhr) sowie per
E-Mail an Hanau.151-Berufsberatung-vor-dem-Erwerbs leben@arbeitsagentur.de.

Unter 06181 672-711 berät der Arbeitgeber-Service der Hanauer Agentur für Arbeit Betriebe zur Besetzung offener Ausbildungsplätze und informiert zur Ausbildungsprämie und anderen Fördermaßnahmen.

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