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Anne-Marie Stark arbeitet im Rathaus von Hanaus Partnerstadt Tottori

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Von: Kerstin Biehl

Ein Wahrzeichen und Touristenattraktion von Tottori: Die Sanddünen. Jedes Jahr gibt es im Sandmuseum der Stadt eine Ausstellung. Die dort gezeigten Skulpturen werden aus dem Sand der Dünen hergestellt.
Ein Wahrzeichen und Touristenattraktion von Tottori: Die Sanddünen. Jedes Jahr gibt es im Sandmuseum der Stadt eine Ausstellung. Die dort gezeigten Skulpturen werden aus dem Sand der Dünen hergestellt. © -

Natürlich hat Anne-Marie Stark vom Fußballspiel gehört. „Mir blieb gar nichts anderes übrig“, erzählt sie. Schon Tage vor dem Match Deutschland – Japan wurde sie gebeten, ein typisch deutsches Rezept zu nennen. Denn eine Schule wollte ihren Schülern ein WM-Menü mit landestypischen Speisen der japanischen Gruppengegner servieren. „Und die Lokalzeitung hat mich auch befragt zu dem Spiel.

Hanau – Dabei bin ich, ich muss es zugeben, gar kein Fußballfan.“ Aus beruflichen Gründen muss sich die 31-Jährige aber auch mit solchen Dingen beschäftigen. Das gehört zu ihrem Jobprofil als Koordinatorin für internationale Beziehungen im Rathaus der japanischen Stadt Tottori.

Die japanische Partnerstadt ist seit etwas über einem Jahr das Zuhause der studierten Japanologin, Politologin und Sozialpädagogin. Ihre Arbeiten im Rathaus von Tottori beschreibt Stark, die fließend Japanisch spricht, als „sehr vielfältig“. „Ich halte beispielsweise Vorträge über Deutschland oder speziell über Hanau und berichte in diesem Zusammenhang auch oft darüber, wie die Städtepartnerschaft zwischen Hanau und Tottori überhaupt entstanden ist“, erzählt sie via Videotelefonie. Bei ihr in Tottori ist es zum Zeitpunkt des Gesprächs 17 Uhr am Nachmittag, also kurz vor Feierabend, bei uns in Hanau 9 Uhr morgens.

Es war 1988, als die Freundschaft zwischen den beiden Städten ihren Beginn nahm (2001 wurde das Ganze dann offiziell gemacht) und der Grundstein für den Arbeitsplatz von Anne-Marie Stark gelegt wurde. Damals reiste eine Delegation aus Tottori nach Hanau, um sich vom Puppenmuseum in Wilhelmsbad inspirieren zu lassen. Denn für das kommende Jahr war in der japanischen Stadt eine große Spielzeugausstellung geplant und man wollte sich Anregungen holen. Es entstand ein enger Kontakt mit der damaligen Museumsleiterin Gertrud Rosemann (kürzlich feierte die Hanauerin ihren 100. Geburtstag). „Die Städtepartnerschaft firmiert seitdem auch oft unter dem Aspekt ,Freundschaft durch Spielzeug’“, berichtet Stark, die zwar selbst keine Hanauerin ist, zur Grimmstadt arbeitsbedingt aber eine enge Verbindung pflegt.

Geboren wurde Anne-Marie Stark in Stuttgart, aufgewachsen ist sie in Sachsen-Anhalt, hat in Trier studiert und in Mecklenburg-Vorpommern, unter anderem als Japanisch-Lehrerin, gearbeitet. „Ich habe quasi eine kleine Deutschlandreise gemacht“, sagt sie. Schon früh manifestierte sich bei Stark das Interesse an Japan. „Ich habe Mangas gelesen, Animes geguckt, japanischen Pop gehört und mich hat die japanische Sprache fasziniert.“ Mit 16 reiste sie erstmals nach Japan, blieb ein ganzes Jahr, zum Schüleraustausch. „Während andere, die etwa in den USA oder England ihr Austauschjahr machen, zurückkommen, und die Landessprache fließend sprechen, ist das im Fall des Japanischen anders. Es ist eine sehr, sehr komplexe Sprache. Japanisch zu lernen ist eine Lebensaufgabe.“

Viele Jahre und Aufenthalte habe es gebraucht, um in Sachen Sprache dort zu stehen, wo sie es heute – aktuell ist es ihr siebter Aufenthalt in Japan – tut: „Ich kann heute ein Buch auf Japanisch lesen, kann Zeitung lesen und verstehe auch, was drin steht. Ich bin jetzt relativ zufrieden“, lacht sie.

Als ihre Aufgabe habe sie es schon immer verstanden, „die zwei Welten, die deutsche und die japanische, zusammenzubringen, politisch, pädagogisch, sprachlich.“

Also bewarb sie sich beim Jet-Programm, Japanese Exchange and Teaching Programm, das vom Land Japan aufgelegt wurde, um gut ausgebildete Menschen in die ländlichen Gebiete des Inselstaats zu holen und auch hier die Internationalität voranzutreiben. Und bekam eine Stelle als Koordinatorin im Rathaus von Tottori, der 189 000-Einwohner-Stadt. Den Posten gibt es schon seit 1997. „Ich bin die neunte Person auf der Stelle, maximal kann man fünf Jahre bleiben.“

Wo in Japan sie eingesetzt werden, wissen die Teilnehmer des Jet-Programms vorher nicht. „Es war Zufall, dass ich in Tottori gelandet bin. Ich bin sehr glücklich darüber. Ich liebe die Landschaft, die Nähe zur Natur, die Berge und das Meer.“

Vor allem die Sanddünen, für die ihre Wahlheimat berühmt ist, haben es Stark angetan. Und die heißen Quellen. Oft sucht die junge Frau nach der Arbeit Entspannung in einem der sogenannten Onsen.

Stark kümmert sich bei ihrer Arbeit nicht nur um die Hanau-Belange, generell koordiniert sie die internationalen Austausche, der Schwerpunkt liegt aber auf der Grimmstadt. „Ich schaue, was es Neues gibt in Hanau und übersetze das, verfasse Grußbotschaften, informiere über die Entwicklungen auf politischer Ebene. Zudem vermittle ich zwischen den Städtepartnerschaftsvereinen, organisiere Online-Events, pflege den E-Mail-Verkehr und beantworte Fragen.“ Dabei arbeitet Stark auch eng mit dem Fachbereich Kultur der Stadt Hanau zusammen.

Und auch mit Gertrud Rosemann, deren Engagement um den städtepartnerschaftlichen Austausch im vergangenen Jahr in die Verleihung der Ehrenbürgerwürde der Stadt Tottori mündete, pflegt Anne-Marie Stark einen regen Austausch.

Im Oktober hat die Wahl-Japanerin an der Hanauer Volkshochschule einen Online-Japanisch-Kurs gehalten. Darin ging es auch um Land und Leute und um die Städtepartnerschaft. „15 Teilnehmer gab es. Ein toller Erfolg.“

Gefragt nach dem, was sie an Japan schätze beziehungsweise weniger gerne mag, muss Stark schmunzeln: „In Gesprächen bleiben die Menschen hier immer sehr vage. Auch unter Freunden. Ernsthafte Themen werden vermieden. Manchmal vermisse ich die Direktheit. Manchmal finde ich es aber auch gut“, sagt sie.

Ob sie die fünf Jahre in Japan vollmacht, kann Anne-Marie Stark derzeit noch nicht sagen. „Aber ich fühle mich sehr wohl hier.

Von Kerstin Biehl

Der Arbeitsplatz der Wahl-Japanerin: das Rathaus von Tottori.
Der Arbeitsplatz der Wahl-Japanerin: das Rathaus von Tottori. © Privat/Stadt Tottori
Eine von Anne-Marie Starks Aufgaben: Japaner in Deutsch zu unterrichten.
Eine von Anne-Marie Starks Aufgaben: Japaner in Deutsch zu unterrichten. © -

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